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Bergschäden durch den Braunkohlebergbau

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(Nr. 26) Für Bergschäden im Steinkohlebergbau gilt: Der Verursacher zahlt. Wenn das Bergbauunternehmen anzweifelt, dass die Schäden (meist Gebäude- oder Straßenschäden) durch den Bergbau entstanden sind, veranlasst es ein klärendes Gutachten. Im Braunkohletagebau gilt dieser Rechtsgrundsatz nicht. Die Beweislast an den Tagebaulöchern ist absurderweise dem Opfer aufgebürdet. Wenn ein Hausbesitzer in einem Ort in der Umgebung einer Brandenburger Tagebaukante Risse im Gebäude feststellt und sich mit dem Schaden an den Bergbautreibenden wendet, verlangt das Unternehmen einen gutachterlichen Nachweis, dass sich am Haus nicht aus Altersschwäche, sondern aufgrund von Tagebausetzungen Risse gebildet haben. In der Lausitz ist häufig zusätzlich die Frage zu klären, ob der verantwortliche Bergbautreibende Vattenfall oder in der DDR-Vergangenheit zu suchen ist.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat die Größe und Tiefe der Tagebaue immer weiter zugenommen. Der Abbau in Jänschwalde erreicht eine Tiefe von fast 120 Metern, aus der die Braunkohle gefördert wird. Neben den direkten Auswirkungen der Tage-baue auf die Natur und Siedlungsstruktur, hat die Gewinnung von Braunkohle auch starke Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der Region. Denn um Braunkohle gewinnen zu können, muss das Grundwasser bis unter das Abbauniveau im Bereich des Tagebaus durch Pumpen abgesenkt (gesümpft) werden.

Dieses Vorgehen verändert jedoch den gesamten Grundwasserhaushalt sowie die Bodenstruktur im weiteren Umfeld des Braunkohletagebaus und kann an der Tagesoberfläche zu trichterförmigen Senkungen des Bodens um den Tagebau herum, ausgelöst durch Setzungen der, im Lausitzer Revier vorherrschenden, lockern Bodenschichten aus Sand, Kies und Torf. Besonders dort, wo geologische Besonderheiten und Störungslinien vorliegen, senkt sich die Oberfläche unterschiedlich ab, sodass es zu Schiefstellungen, Erdstufen und Erdspalten kommen kann. Dies verursacht wiederum Bergschäden an Gebäuden, Straßen, Kanalisation usw., aber auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Absenkung des Grundwassers lässt sich nicht auf das Gebiet des Tagebaus beschränken, da die Grundwasserhorizonte wesentlich weitläufiger sind und so Wasser immer wieder nachfließen kann. Die Folge ist, dass es nicht nur in unmittelbarer Umgebung der Tagebaue zu Gebäude- und Infrastrukturschäden kommt, sondern auch in der weiteren Umgebung.

Leider ist über das tatsächliche Ausmaß der Bergschäden durch die Braunkohlegewinnung nur wenig bekannt, da Bergbaubetroffene nach Bundesberggesetz Ansprüche gegenüber den Bergbautreibenden ausschließlich zivilrechtlich geltend machen können und die Bergbautreibenden, anders als in der Steinkohlenförderung, keinerlei nachvollziehbare Daten hierzu veröffentlichen.

Ein Problem für den Nachweis von Bergschäden und für die Erstellung von Prognosen über Auswirkungen von Grundwasserabsenkungen sowie des Wiederanstiegs nach Beendigung des Bergbaus ist, dass nicht alle hydrologisch bedeutsamen Störungslinien bekannt und erfasst sind. Um einen solchen Nachweis erbringen zu können, müssten folglich gezielt und wesentlich mehr unabhängige Messdaten erhoben oder die Daten des Bergbautreibenden öffentlich zugänglich gemacht werden.

Bergbaubetroffene haben bisher angesichts der alleinigen Verfügungsgewalt des Bergbautreibenden über alle relevanten Daten praktisch wenig Chancen, ihre Ansprüche durchzusetzen, wenn sie überhaupt über die Mittel und die Nerven verfügen, sich mit einem Konzern vor Gericht auseinanderzusetzen. So ist davon auszugehen, dass der Großteil der Bergschäden entweder gar nicht erst gemeldet wird oder gegenüber dem Bergbautreibenden nicht durchgesetzt werden kann.

Zwischen dem Beginn der Großtagebaue, den damit verbundenen Sümpfungsmaßnahmen und dem Endzustand des sich wieder einstellenden Grundwasserstands liegen mehr als 100 Jahre. Allein der Zeitraum nach Beendigung der Braunkohlengewinnung bis zur Einstellung der Seeoberfläche der Restseen und des wiederher-gestellten Grundwasserstandes beträgt rund 40 Jahre.