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Benjamin Raschke spricht zum Antrag von SPD, CDU und DIE LINKE „Höfeordnung in Brandenburg einführen und ortsansässige Landwirte stärken“

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag hat mir drei heftige Überraschungen beschert. Überraschung Nummer 1 kam von der SPD: dass es diesen Antrag überhaupt gibt.

Sie wissen: Wir streiten uns mit der SPD immer: Soll es in Brandenburg eher bäuerliche Landwirtschaft sein oder große, zentralisierte industrielle Landwirtschaft?

(Frau Lieske [SPD]: Aber eine angenehme Überraschung! - Domres [DIE LINKE]: Vielfalt!)

– Eine angenehme Überraschung. – Was haben wir nicht alles versucht, um die SPD von diesem Kurs abzubringen, und plötzlich liegt da ein Antrag von SPD und Linkspartei vor, eine Höfeordnung in Brandenburg zu erlassen.

(Bretz [CDU]: Auf Druck der CDU!)

– Auf Druck der CDU?

(Heiterkeit bei SPD und der Fraktion DIE LINKE - Domres [DIE LINKE]: Der war gut! - Zurufe bei der SPD)

In jedem Fall ist es, glaube ich, das stärkste Bekenntnis zu einer bäuerlichen Landwirtschaft, zu dem sich die SPD hat jemals hinreißen lassen, und ich denke, das hat wirklich etwas mit Druck aus der Opposition zu tun. Allerdings brauchen wir uns als Grüne – und vielleicht auch die CDU – nicht so sehr mit den Federn zu schmücken. Ich denke, das liegt vor allem an der guten Arbeit des Bauernbundes.

(Beifall B90/GRÜNE)

Die zweite Überraschung: Wir haben uns als Grüne selbst überrascht –

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

vor allem bezüglich dessen, in welch seltsame Konflikte man gestürzt wird, wenn man plötzlich so einen Antrag bekommt.

Natürlich möchte ich aus vollem Herzen zustimmen, denn wir haben ja lange für ein solches Signal für die bäuerliche Landwirtschaft gekämpft. Aber schaut man einmal in die Bundes-Höfeordnung, sieht man: Darin stehen Norm- und Wertvorstellungen von vorvorgestern. Nicht nur, dass Ehefrauen gegenüber den Kindern systematisch benachteiligt werden – viel schlimmer: Die Höfeordnung kennt nur Ehegatten. Dass es moderne Formen des Zusammenlebens, so etwas wie Lebenspartnerschaften geben könnte, kennt die Bundes-Höfeordnung nicht. Und so etwas wollen wir jetzt in Brandenburg einführen? Und plötzlich steht man vor solchen Konflikten und denkt sich: Na klar möchte ich ein starkes Signal für die bäuerliche Landwirtschaft. Aber will ich hier tatsächlich so etwas einführen?

Und da kommen wir zur dritten Überraschung: Die dritte Überraschung war die CDU. Dieser Konflikt hat mich echt umgetrieben. Ich habe viele Telefonate geführt, gestern auch mit unserer Grünen-Bundestagsfraktion, und ich stelle fest: Gestern war im Bundestag ein Gesetz in 1. Lesung, vorangetrieben durch die Bundesregierung, maßgeblich von der CDU, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft in die Bundes-Höfeordnung einfließen soll.

(Beifall B90/GRÜNE)

So weit sind wir also schon, dass unsere Genderprobleme von der CDU gelöst werden.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU sowie von der Abgeordneten Lieske[SPD])

Sie sehen also: Viele Überraschungen, aber frohen Herzens können wir am Ende doch zustimmen, allerdings unter einem Vorbehalt – Udo Folgart hat es schon gesagt: Sollte diese Höfeordnung von der Bundesebene nicht greifen, dann machen wir eine eigene Landes-Höfeordnung. Lassen Sie uns dann wirklich darüber nachdenken, ob die systematische Benachteiligung von Ehefrauen oder eingetragenen Lebenspartnerinnen gegenüber den Kindern wirklich notwendig ist oder wir da nicht andere Regelungen finden können. Auf die Debatte freue ich mich, aber insgesamt stim-men wir dem Antrag gerne zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU, SPD sowie DIE LINKE)