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Rede im Landtag: Barrierefreiheit von Webanwendungen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitmenschen in Brandenburg,

Barrierefreiheit. Es soll Menschen geben, die dabei nach wie vor ausschließlich an abgesenkte Bordsteine denken oder ähnliche Erleichterungen für Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Barrierefreie Wohnungen zum Beispiel. Wobei, das möchte ich unbedingt hinzufügen, da noch dramatisch Luft nach oben ist. Ich werde nie verstehen, warum nicht grundsätzlich und immer bei Neubauten diese Form der Barrierefreiheit mit geplant werden muss.

Im Falle dieses Entschließungsantrags geht es aber um die vielen anderen Hürden, die Menschen überwinden müssen, um am Leben teilnehmen zu können. Sie können das selber ausprobieren: wenn Sie jetzt den Medizinischen Dienst zum Beispiel anrufen, um für einen kranken, pflegebedürftigen, vielfältig eingeschränkten Menschen Auskünfte zu bekommen, warten Sie erstmal in der Leitung… der nächste freie Kollege ist gleich für Sie da, Sie wissen schon… Und um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, werden Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sie natürlich nicht warten müssen, Sie können auch unter www…… mal eben elektronisch ihr Problem schildern. Und da gäbe es dann auch ein hübsches Formular. Wenn Sie diesen herrlichen Rat befolgen und auf die Seiten gehen, egal wo, dann, das gebe ich zu, bin auch ich häufig hoffnungslos überfordert. Zu verstehen, was da wer von mir will.

Wie muss es erst jemandem gehen, der kognitiv eingeschränkt ist, der schlecht oder gar nicht sehen oder hören kann und so weiter? Diese Menschen haben das Recht, am gesellschaftlichen Leben genauso teil zu nehmen, wie Sie und ich. Die EU fordert, dass Homepages wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein müssen. Der Bericht sagt uns, dass es da noch erhebliche Defizite gibt. Und ich bin sehr froh, dass es mit diesem Entschließungsantrag deutliche Verbesserungen geben wird. Im richtigen Leben und für viele, viele Menschen in Brandenburg oder wer auch immer sich auf Seiten öffentlicher Verwaltungen informieren, mit Mitarbeitenden dort Kontakt aufnehmen möchte oder muss. Wenn wir es ernst meinen mit Inklusion, dann wird es hohe Zeit, so etwas auf den Weg zu bringen.

Wir haben einen Antrag eingebracht, der den Zugang zu Informationen besonders für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder einer Hörbehinderung verbessern wird. Unser Ziel ist es, dass auf öffentlichen Websites und in Apps zumindest grundlegende Infos auch in Gebärdensprache und leichter Sprache verfügbar sind. Auf eine sehr spezielle Variante, die zur Barrierefreiheit gehört, die geradezu Basis für den gleichberechtigten Zugang zu Informationen ist, möchte ich an dieser Stelle eingehen.

Ein österreichischer Schriftsteller hat mal gesagt: Nichts ist einfacher, als sich schwierig auszudrücken, nichts ist schwerer, als sich einfach auszudrücken. So ist es. Es gibt schon im richtigen Leben viele Menschen, die lieber sagen, dass sie etwas peripher tangiert als schlicht zu erklären, dass sie etwas nicht interessiert. Sie wissen, was ich meine… Insofern ist meine Hoffnung, dass unser Entschließungsantrag dazu beiträgt, auf dem langen Weg zu wirklicher Inklusion voran zu kommen.

Und noch ein kleiner persönlicher Tipp am Rande. Jede und jeder von uns Abgeordneten kann selbst etwas machen. Ich habe einen Teil meiner Homepage in leichte Sprache übersetzen lassen. Ja, es ist eine Übersetzungsleistung und unbedingt zu unterscheiden von einfacher Sprache. Um einfache Sprache sollten wir uns alle bemühen, im Alltag, in unseren Reden hier. Leichte Sprache aber folgt Regeln, deswegen auch Übersetzung. Lassen Sie das mal machen, ich habe viel gelernt bei diesem Prozeß. Zum Beispiel, dass die Seiten, die Sie in leichte Sprache übersetzen lassen, von Menschen mit Behinderung geprüft werden müssen. Das ist Bedingung. Ein, wie ich finde, gutes Beispiel für Inklusion: Nicht ich entscheide, ob der Text verständlich ist, sondern Menschen, die ihn nutzen werden. Ich lerne von ihnen. Ich bitte Sie sehr, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Bericht "Bericht des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz an den Landtag Brandenburg zur Überwachung und Durchsetzung der Barrierefreiheit gemäß § 4 der Brandenburgischen Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung" (TOP 10 der 67. Plenarsitzung)