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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Korrigierte Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2013 vorlegen“

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Es wird Sie überraschen, aber wir Grüne sind bei diesem Thema ausnahmsweise einmal einer Meinung mit der CDU! Wir wollen eine saubere polizeiliche Kriminalitätsstatistik haben, die über jeden Vorwurf von Manipulation erhaben ist. Insofern unterstützen wir den Antrag, denn die seit den 'Klartext'-Sendungen im Raum stehenden Manipulationsvorwürfe konnten bisher weder im Innenausschuss noch im Landtagsplenum vom Innenminister ausgeräumt werden. Diese Vorwürfe haben durch das von der CDU beauftragte Gutachten weitere Nahrung erhalten. Das Gutachten belegt, dass die Erfassung der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik nicht durchgängig nach den bundesweit geltenden Kriterien vorgenommen wurde, da die Handlungsanweisung in der Polizeidirektion West eben nicht den BKA-Richtlinien entspricht. Das Gutachten kommt sogar zu dem Ergebnis, dass „offensichtlich bewusst und gezielt die PKS-Erfassung in eine bestimmte Richtung manipuliert werden sollte“.

In besagter Handlungsanweisung hieß es (und das lassen wir uns doch einmal wortwörtlich auf der Zunge zergehen):

„Ich weise hiermit an, aufgrund des kriminalistischen Erfahrungswissens in folgenden Sachverhaltskonstellationen in der Regel nur eine Anzeige (…) zu fertigen:

3.1.1 Diebstahl an/aus Kfz

Bei Angriffen innerhalb desselben Zeitraums (max. eine Nacht bzw. ein Tag) innerhalb derselben Straße/desselben Parkplatzes, sofern jedes angegriffene Objekt in Sichtweite zumindest zu einem weiteren Angriffsobjekt liegt. (…)“

Und dabei ist in der BKA-Richtlinie ein ähnlicher Fall (aus zehn Kfz unterschiedlicher Halter werden Gegenstände entwendet = 10 Fälle) als Beispiel für mehrere Taten angeführt!

Aber nicht nur wir wunderten uns: auch Andreas Schuster von der GdP hatte die Zählweise von Einbrüchen als schwer nachvollziehbar bezeichnet. Der Vorsitzende des Brandenburger Bundes der Staatsanwälte Ralf Roggenbuck sagte sogar: „Uns ist aufgefallen, dass es vermehrt zu Abweichungen kommt.“

Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter findet: Durch das Gutachten sei bestätigt worden, dass mit den Regelungen der Polizeidirektion West aktiv bei der Erfassung „gedreht“ worden sei.

Tja, die Beweislast ist erdrückend. Und nun? Wir finden, diese unrühmliche ungenaue Erfassung von Straftaten muss nicht nur beendet sondern auch korrigiert werden! Immerhin wurden in einem Viertel des Landes wichtige Straftaten wie Autodiebstähle über ein halbes Jahr lang nicht so erfasst wie es nach der bundesweiten Richtlinie hätte sein sollen!

Und dabei hatte der Minister im Februar-Plenum auf meine Anfrage zu den Manipulationen der Einsatzzeiten per Verfügung in einer Polizeiinspektion noch gesagt, die Führungskräfte seien hinreichend sensibilisiert, dass der Polizeipräsident und er selbst derartige Praktiken nicht dulden würden. Mir scheint, Ihre Führungskräfte sind unsensibler als Sie dachten!

Wir werden dem Antrag also zustimmen - zwar hat die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik ihre Grenzen, aber wenigstens auf eine bundesweite Vergleichbarkeit muss man sich verlassen können!

Von den üblichen Einlassungen der CDU hinsichtlich der Polizeistrukturreform wollte ich mich eigentlich distanzieren, aber das hat sich ja seit letzter Woche erübrigt! Ich finde es in Anbetracht der jahrelangen erbitterten inhaltlichen Auseinandersetzungen um die Reform unglaublich, dass sie zwei Wochen vor den Kommunalwahlen ankündigen, alle Reviere rund um die Uhr offen halten zu wollen.

Damit ist das letzte Stück Konzept über Bord geworfen und Sie wissen, dass Sie die aus dem Ärmel geschüttelte neue Zielzahl 7800 damit auch nicht halten können. Selbst die CDU ging bei ihrer Zielzahl von 8000 davon aus, dass ein Teil der Wachen „bedarfgerecht“ geöffnet sei. Eine durchgängige 24-stündige Öffnung aller Reviere wird nicht einmal von der Polizeigewerkschaft gefordert.

Die Polizeireform ist damit endgültig tot! Mir nimmt Ihr Opportunismus fast den Atem. Ihre Maxime lautet: “Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, Hauptsache die SPD gewinnt die Wahlen!“

Wie wollen Sie jemals Bürger von einem anderweitigen Reformvorhaben überzeugen?