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Ursula Nonnemacher spricht zu den Gesetzentwürfen der Landesregierung und der CDU-Fraktion "Zwölftes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetz"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Am vergangenen Samstag gingen in Potsdam über 1.000 Menschen gegen die Verschärfung des Brandenburgischen Polizeigesetzes auf die Straße. Zu den Teilnehmenden der bunten und friedlichen Demonstration zählten neben Mitgliedern meiner Partei auch die Jugendorganisation sowie mehrere Kreis- und Ortsverbände der Linken. Auch digital drückt sich der Unmut gegen die Novelle aus. Binnen einer Woche unterzeichneten mehr als 5.000 Personen eine Petition, welche das neue Polizeigesetz stoppen soll. Kaum ein Gesetzentwurf erhitzt die Gemüter derzeit mehr. Dies ist nachvollziehbar, denn das Thema Innere Sicherheit versus Bürger- und Freiheitsrechte hat schon in einigen anderen Ländern eine erheblich mobilisierende Wirkung gezeigt.

Wie in anderen Bundesländern, liegt nun auch in Brandenburg der Entwurf zur Überarbeitung des Polizeigesetzes vor. Bereits vor der Verabschiedung im Kabinett Ende Oktober gab es intensive Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionsfraktionen. Danken möchte ich insbesondere den Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, welche in den Verhandlungen erreicht haben, dass besonders strittige Instrumente wie die elektronische Fußfessel und Online-Durchsuchungen aus den ersten Referentenentwürfen entfernt wurden. Diese Instrumente stellen auch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe dar.

Bevor ich ausführlicher auf meine Kritik am Gesetzentwurf der Landesregierung eingehe, möchte ich jedoch kurz erwähnen, dass dieser durchaus auch positive Entwicklungen enthält. So wird es fortan ein „Anforderungs- und Verwertungsverbot“ für Erkenntnisse aus dem Ausland geben, welche mit menschenrechtswidrigen Mitteln wie Folter gewonnen wurden. Umgekehrt darf die brandenburgische Polizei keine Daten mehr an Staaten übermitteln, wenn dort rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden. Auch dem Einsatz von Body-Cams kann ich positives abgewinnen. Eine Videoaufzeichnung polizeilichen Handelns dient sowohl dem Schutz der Beamtinnen und Beamten als auch der Bürgerinnen und Bürger und kann bei evtl. Beschwerden hilfreich sein. Hier kommt es sehr auf die Details der Ausgestaltung an.

Anrede!

Innenminister Schröter begründet die Notwendigkeit der Novelle mit der angespannten Terror- und Gefährdungslage. Ohne Zweifel benötigt die Polizei Instrumente, um Kriminellen auf Augenhöhe effizient entgegen treten zu können. Der Einführung eines eigenen Abschnitts zu „besonderen Befugnissen zur Abwehr von Gefahren des Terrorismus“, wie im Gesetzentwurf mit Abschnitt 1a vorgesehen, bedarf es nach bündnisgrüner Auffassung jedoch nicht.

Die in Abschnitt 1a beschriebenen Gefahren des Terrorismus lassen sich bereits jetzt wirkungsvoll bekämpfen, da ihre Abwehr nach Strafgesetzbuch (§ 89a-c und § 129a i.V.m. § 39 StGB) bereits zur Strafverfolgung zählt. Damit können alle Instrumente der Strafprozessordnung angewandt werden, welche u.a. Online-Durchsuchungen und den Einsatz verdeckter Ermittler vorsieht.

Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form entschieden ab. Er ermöglicht schwerwiegende Grundrechtseingriffe und gefährdet aufgrund unklar definierter Rechtsbegriffe nicht nur tatsächliche Kriminelle, sondern auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger. So dürfen Personen, die unter Terrorismusverdacht geraten, zukünftig bis zu einem Monat in Gewahrsam genommen werden (sogenannter „Präventivgewahrsam“) (§ 28d). Ebenso sieht der Entwurf die Einführung der Quellen-Telekommunikations-überwachung (Quellen-TKÜ) vor, also das Mitlesen von Nachrichten bei Messengerdiensten wie WhatsApp. Dieser Vorgang stellt einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre der Bevölkerung dar. Mit der Begründung des „individuellen Verhaltens der betroffenen Personen“ kann die Polizei zukünftig einen kompletten Einblick in private Konversationen erhalten. Die Privatsphäre ist hier massiv bedroht.

Auch wir Bündnisgrünen stehen für eine starke Polizei ein. Unserer Auffassung nach bedarf es hierfür jedoch weniger einer großen Anzahl neuer Instrumente. Vielmehr gilt es, den Personalkörper der Polizei angemessen auszustatten – ergänzende Schritte sind hier bereits in den aktuellen und vorherigen Haushaltsverhandlungen getroffen worden – und die schon bestehenden umfangreichen Instrumente unseres Polizeirechts auszuschöpfen und anzuwenden. An der einen oder anderen Stelle sind Novellierungen sinnvoll – doch diese dürfen keine Gefahr für die Grundrechte darstellen, wie es im vorliegenden Entwurf der Fall ist.

Abschließend noch ein Wort zum Gesetzentwurf der CDU-Fraktion: wie Sie sich denken können, lehnen wir diese Abschrift des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes vehement ab. Die Vorschläge sind völlig überzogen und werden den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht. Ich bin gespannt, wie das Bundesverfassungsgericht auf die eingereichten Normenkontrollklagen reagieren wird.

Der Anhörung und weiteren Diskussion sehen wir mit großem Interesse entgegen.