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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der AfD-Fraktion "Willkommen in Brandenburg! - Baby-Willkommensgeschenk"

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Es ist grundsätzlich sinnvoll, Eltern neugeborener Kinder niedrigschwellig zu unterstützen. Gerne auch mit einer Erstausstattung, wie sie im Antrag gefordert wird. Dieses Angebot wird bereits in vielen Kommunen gemacht. Wir finden, dass es dort gut aufgehoben ist - wohnortnah und ohne großen organisatorischen Aufwand für die jungen Eltern. Ein solches Angebot auf die Landesebene hochzuziehen bringt daher für die Betroffenen keine Vorteile. Noch dazu greift der Antrag in sehr vielen Aspekten zu kurz.

Die Geburt eines Kindes verändert das Leben der Eltern grundlegend. Viele junge Eltern kennen Situationen, in denen sie seelisch an ihre Grenzen kommen. Der Antrag streift diesen Aspekt nur sehr kurz und sehr unkonkret. Dabei ist es viel wichtiger, Kinder vor elterlicher Gewalt und gesundheitlicher Gefährdung zu schützen. Zwar kommt es glücklicherweise nur in sehr seltenen Fällen aus einem Gefühl der Überforderung zu Gewalt gegen Kleinstkinder. Aber um das zu verhindern, reicht das Aushändigen von Broschüren und Stramplern zur Geburt eines Babys nicht aus. Es gibt bereits Angebote, die innerhalb dieser besonders vulnerablen Phase im Familienleben wertvolle Arbeit leisten. Dazu gehören Bundesangebote wie die „Frühen Hilfen“ und das Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“.

Auf Landesebene ist das „Netzwerk für gesunde Kinder“ mit seinem aufsuchenden Angebot eine Möglichkeit, junge Eltern persönlich zu erreichen. Wir fordern seit langem, dass dieses Angebot gestärkt und konzeptionell mit den „Frühen Hilfen“ vernetzt wird. Gute kommunale Angebote für junge Eltern sind beispielsweise Schreibabyambulanzen. Diese unterstützen viel effektiver als eine Broschüre, die zum Zeitpunkt der Geburt einem Baby-Willkommensgeschenk beilag. Alle genannten Angebote wenden sich zwar an Eltern, haben jedoch vor allem den Kinderschutz im Blick. Dieser Blick fehlt dem Antrag der AfD-Fraktion. Einen Ausbau der vorhandenen Kinderschutzangebote, beziehungs-weise deren sinnvolle Vernetzung und Ergänzung, würden wir sehr begrüßen. Die Idee der Sozialministerin, ein aufsuchendes Angebot für alle frischgebackenen Eltern anzubieten, halten wir deshalb für sehr gut und werden Umsetzung und Ergebnisse interessiert verfolgen.

Im Vordergrund des AfD-Antrags steht die materielle Unterstützung von Eltern. Bei Annahmen, dass Eltern für Kinder im Monat rund 500 Euro aufwenden, liegt der Gedanke vielleicht erst einmal nahe. Doch welcher Familie ist vor diesem Hintergrund ernsthaft mit einem einmaligen Willkommensgeschenk im Wert von 140 Euro gedient? Das ist lediglich eine freundliche Geste, aber keine nachhaltige Maßnahme zur finanziellen Absicherung von Kindern und Eltern. Wenn wir diesen Aspekt ernst nehmen wollen, müssen wir an ganz anderen Stellschrauben drehen. Ganz vornean an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Wir dürfen bei der Steigerung der Qualität der Kindertagesbetreuung nicht lockerlassen. Eltern, vor allem Mütter, brauchen zudem ein echtes Rückkehrrecht in Vollzeit. Kinder brauchen echte Teilhabemöglichkeiten, nicht halbherzige Angebote wie das Bildungs- und Teilhabepaket. Vor allem müssen wir weiter für eine echte Kindergrundsicherung kämpfen!

Der vorliegende Antrag stellt, wie bereits gesagt, statt des Schutzes der Kinder eine niedrig ausgestaltete materielle Leistung für Eltern in den Vordergrund. In diese Logik passt, dass der Antrag ganz bewusst Kinder diskriminiert. Babys von Familien, die nicht schon fünf Jahre im Land leben, sollen nach dem Willen der AfD-Fraktion nicht willkommen geheißen werden. Das ist durchschaubar gegen geflüchtete Familien gerichtet und wird von uns abgelehnt. Uns liegen alle Kinder und ihr familiäres Umfeld am Herzen.

Wir lehnen den Antrag ab.