- Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede]
Dieser Antrag ist ein Rohrkrepierer, in allen drei Forderungen. Die Ausgangsüberlegungen mag man ja noch teilen – aber die Forderungen verpuffen auf halber Stecke, zumindest, wenn man sie zu Ende denkt.
Erstens, die Begrenzung von Seiteneinsteiger*nnen auf max 20% pro Schule: Ja, ich finde es auch ein Desaster, dass es Schulen gibt, insbesondere in den Randregionen, in denen 50% der Lehrkräfte Seiteneinsteiger*innen sind. Dass Menschen unterrichten, die in ihrem Leben auch schon etwas anderes gesehen haben als Bildungseinrichtungen von innen, kann ein großer Gewinn sein. Lehrkräfte ohne hinreichende pädagogische Ausbildung können guten Unterricht machen, für die Kinder mit den guten und mittelguten Leistungen. Aber für diejenigen, die eine besondere Förderung bräuchten, weil sie entweder besonders gut sind oder besonders schlecht, sind sie eine Katastrophe. Das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen seit vielen Jahren. Es ist also richtig, dass der Anteil der Seiteneinsteiger*innen nicht zu groß sein darf.
Ihn aber in der momentanen Situation auf 20% begrenzen zu wollen, führt doch komplett in die Irre: Was passiert denn dann? – Dann haben wir statt der Seiteneinsteiger*innen gar keine Lehrkräfte an den Schulen. Prima! Damit ist überhaupt nichts gewonnen.
Zweitens, die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten: ist beschlossene Sache, Sie bräuchten nur die Pressemitteilungen des MBJS zu lesen und im Ausschuss zuzuhören.
Drittens, Lehramtsausbildung in Frankfurt: Die Viadrina bietet Rechts-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften an. Wie wollen Sie da ein Lehramtsstudium integrieren, vielleicht sogar mit dem Anspruch einer gewissen Auswahl an unterrichtsrelevanten Fächerkombinationen? – Das ist doch absurd!
Was übrig bleibt vom Funkenflug, ist mal wieder das, was wir von der AfD kennen: Da wird draufgedroschen mit Getöse, aber eine brauchbare Antwort gibt es nicht.
Aber zum Seiteneinstieg und zu den neuen Ausbildungskapazitäten will ich noch was sagen: Wer jetzt anfängt, wird in 6 Jahren fertig sein. Nach den neuen Planungen könnten das dann 2026 1.000 Absolvent*innen sein – zu einem Zeitpunkt, wo unsere Bedarfe deutlich sinken, laut den neuesten Modellrechnungen auf etwa 700 Lehrkräfte im Jahr 2030.
Und noch eine Frage: Wenn wir jetzt so viele Seiteneinsteiger*innen einstellen, die gar nicht die Qualifizierungsmöglichkeit bekommen, um sich berufsbegleitend eine volle „Facultas“, also Lehrbefähigung, zu erarbeiten, trotzdem aber entfristet werden, laufen wir dann Gefahr, in 10 Jahren Unterricht mit Seiteneinsteiger*innen bestreiten zu müssen, obwohl die Vollausgebildeten hufescharrend auf der Türschwelle stehen? Muss nicht die Konsequenz sein, die Qualifizierung der Seiteneinsteiger*innen qualitativ und quantitativ mit größtmöglichem Nachdruck zu betreiben – angesichts dessen, wie lange sie uns erhalten bleiben werden?
Über diese Fragen müssen wir alle noch ein paar Hirnschleifen drehen!