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Ursula Nonnemacher spricht zum Bericht der Landesregierung "Geschlechterparitätische Regelungen im Landtags- und Kommunalwahlrecht"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Als am 8. März dieses Jahres die Landtagsmehrheit in der Entschließung 6/8296 die Landesregierung aufforderte aufzuzeigen, wie die Brandenburger Wahlgesetze geändert werden müssten, um die politische Position von Frauen auszubauen und zu stärken, hatte sie sicher nicht im Sinn, eine Verhinderungsstrategie zu beauftragen. Als genau diese präsentiert sich aber der Bericht der Landesregierung: statt Lösungsansätze aufzuzeigen werden mit dem überstrapazierten Beispiel des 3. Geschlechts und der Frauenliste Herausforderungen als unüberwindbare Hürden dargestellt, Schlussfolgerungen zum Landes- und Kommunalwahlrecht unzulässig vermischt, neuere Forschungsansätze sowie positive Stellungnahmen in der Anhörung konsequent ignoriert und die Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen Eingriffen in Wahlgrundsätze und dem Gleichstellungs- und Demokratiegebot weitgehend ausgeblendet. Es irritiert, dass trotz nicht erfolgter Rechtsprechung eines Verfassungsgerichts zur Zulässigkeit von verpflichtenden Pariteeregelungen diese Eingriffe als „verfassungsrechtlich unzulässig“ eingestuft werden. Erinnern möchte ich an die Bewertung des Verfassungsministeriums vom Frühjahr dieses Jahres, dass die Schaffung eines inklusiven Wahlrechts für Menschen mit Behinderungen ebenfalls verfassungswidrig sei, was den Branden-burgischen Gesetzgeber nicht hinderte, eine entsprechende Wahlrechtsänderung auf den Weg zu bringen.

Sie alle kennen den alten Spruch, dass, wenn der Wind der Veränderung weht, die einen Mauern errichten, die anderen Windmühlen bauen. Ich sage Ihnen, der Wind der Veränderung bläst anlässlich des 100. Jahrestages der Einführung des Frauenwahlrechts am 12. November 1918 gerade sehr böig. Bundesjustizministerin Barley hat vor wenigen Tagen die Änderung des Wahlrechts zur Erhöhung des Frauenanteils im Bundestag gefordert. Als ein mögliches Modell für Geschlechterparität nannte sie einerseits Kandidatenlisten der Parteien, auf denen abwechselnd Männer und Frauen stehen, andererseits größere Wahlkreise mit zwei direkt gewählten Abgeordneten unterschiedlichen Geschlechts. Das heißt, die Justizministerin bringt genau das ins Spiel, was wir in unserem Pariteegesetz ausgearbeitet haben. Die SPD Bundestagsfraktion hat gerade die Resolution zu 100 Jahre Frauenwahlrecht verabschiedet, in der es heißt: „Unser Ziel ist klar: Mindestens die Hälfte der sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten sollen Frauen sein. (...)Die Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten muss eine der zentralen Fragen bei der anstehenden Wahlrechtsreform sein.“ Die LINKE hat im Bundestag ganz aktuell ihren Antrag „Verfassungsauftrag zu Gleichstellung erfüllen – Frauenanteil im Deutschen Bundestag erhöhen“ zur Abstimmung gestellt und wird voraussichtlich Ende Januar 2019 ein Paritätsgesetz auf Bundesebene vorlegen. Die Frauenunion hat sich anlässlich ihres 70. Geburtstags klar dafür ausgesprochen, „dass die Listen der CDU verbindlich zur Hälfte mit Frauen besetzt und die Kandidatinnen gleichermaßen auf den vorderen wie mittleren und hinteren Listenplätzen platziert werden.“ Die Konrad–Adenauer-Stiftung lädt am 14. Januar unter dem Titel „Frauenpolitik – Auftrag für morgen!“ zu einer Diskussion über Paritätsregelungen ein. Die Bundeskanzlerin hat die Frage der politischen Beteiligung von Frauen zu einer Überlebensfrage für die Volksparteien erklärt. Da hat sie wohl Recht, denn nach einer Emnid-Umfrage vom 10.11.2018 sind Bündnis 90/Die Grünen mittlerweile mit 28% bei Frauen die stärkste Partei. Wenn sogar bei der FDP Runden zur Frauenquote zusammenkommen, dann hat das einfache Gründe: gerade jüngere Frauen sind es leid, sich vergeblich bei Parteien zu engagieren, in denen sie strukturell kaum Chancen haben. Sie machen in Schule, Ausbildung und Studium die Erfahrung, wie hoch ihre Kompetenz ist und haben einfach keine Lust mehr, sich die vielfach noch vorherrschende 100%ige Männerquote als Bestenauslese verkaufen zu lassen. Wer Frauen in der Politik wertschätzt, fördert, ermutigt und ihnen Vertrauen entgegenbringt, wird keinen Mangel an geeigneten Kandidatinnen haben.

Alle hier im Parlament vertretenen Parteien außer der AfD haben den klaren politischen Willen formuliert, die vollständige Gleichberechtigung von Frauen auch über Wahlrechtsänderungen zu erreichen. Der Wind of Change ist stark, lassen Sie uns Windmühlen bauen ....