- Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist ja allgemein bekannt, dass Betrugsfälle in Brandenburg eher durch investigativen Journalismus als durch Kleine Anfragen im Landtag aufgedeckt werden. Deshalb lassen die Berichte des RBB und der „Potsdamer Neuesten Nachrichten" natürlich aufhorchen.
Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Worum geht es? Eine frühere Referatsleiterin der ILB für gewerbliche Kunden soll Firmen nicht nur in Förderangelegenheiten betreut, sondern über ihren Ehegatten auch zu Versicherungsverträgen verholfen haben - Versicherungen, die im Bewilligungszeitraum in bestimmten Fallkonstellationen zuwendungsfähig waren und auch abgerechnet wurden. Das lässt aufhorchen. Das muss auch entsprechend kritisch untersucht und gewürdigt werden. Die geschilderten Sachverhalte und Vorwürfe vorschnell zurückzuweisen wäre genauso fahrlässig wie sie einfach ungeprüft zu übernehmen.
Deshalb habe der Ausschuss für Wirtschaft am 23. Januar und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen am letzten Donnerstag dem Vorstandsvorsitzenden der ILB, Herrn Stenger, zu diesem konkreten Fall angehört - das wurde angesprochen. Wenn man ihm glauben darf, dann war in diesen Fällen alles im grünen Bereich. Die in Rede stehende Mitarbeiterin hatte demnach ihre Vorgesetzten über den möglichen Interessenkonflikt informiert. Diese hatten entschieden - darin ist eine ganz besondere Verantwortung der Vorgesetzten zu sehen -‚ dass eine besondere Besorgnis nicht gegeben sei und die Mitarbeiterin weiter an den Zuwendungsfällen arbeiten könne. Im Übrigen würden die in den Medien unterstellten Handlungen durch interne Vorgaben ausgeschlossen und durch das dreistufige - Level 1 bis 3 - interne und externe Kontrollsystem ausgeschlossen. Eine Rechtsanwaltskanzlei habe demnach festgestellt, dass es im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Gesetze gab. Falls dennoch ein entsprechender Verdacht bestehe, sei es an der Staatsanwaltschaft, dies zu prüfen, hieß es am 24.01.
Dies hat dann auch die Staatsanwaltschaft tatsächlich getan. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat nach Presseberichten Einsicht in den Compliance-Bericht genommen und zwei Durchsuchungen durchgeführt, und nun steht der Vorwurf einer möglichen Vorteilsnahme im Raum.
Klar ist: Unseres Erachtens müssen die diskutierten Fälle zuallererst in den Organen und Gremien der ILB beleuchtet und ausgewertet werden - primär natürlich im Vorstand und im Verwaltungsrat, der die Geschäftsführung überwachen soll und in dem acht von 18 Mitgliedern vom Land Brandenburg gestellt werden. Der Beirat, in dem fünf Landtagsabgeordnete - unter anderem auch Herr Kalbitz - vertreten sind, fühlt sich nach den Erläuterungen im Ausschuss nicht zuständig und stellt daher in diesem Zusammenhang auch keine Hilfe dar.
Ich sehe aber unabhängig vom Prüfungsergebnis der Staatsanwaltschaft und den Erklärungen der ILB auch eine besondere Verantwortung hier bei uns, weil es tatsächlich darum geht, zu prüfen, ob es in der Organisationsstruktur der ILB über den Einzelfall hinaus systemische Mängel gibt, die Korruption und Begünstigung unzureichenden Widerstand entgegensetzen oder ihr - noch schlimmer - sogar Vorschub leisten können. Das ist ein politischer Bereich, für den wir als Landesgesetzgeber und Landeshaushaltsgesetzgeber eine originäre Zuständigkeit haben. Wir haben die ILB per Gesetz zum zentralen Förderinstitut des Landes gemacht; wir haben ihr die Verwaltung fast aller Fördermittel übertragen; wir haben von Pauschalabrechnungen auf Einzelabrechnungen umgestellt; wir stellen jedes Jahr über 40 Millionen Euro für die Fördermittelbearbeitung als Entgelte bereit. Deswegen haben wir als Landtag auch eine besondere Verantwortung.
Die Frage ist, ob diese Vorgänge jetzt Anlass geben, politische Konsequenzen bis hin zu einer Änderung des ILB-Gesetzes in Erwägung zu ziehen. Das muss in der Tat diskutiert werden, aber die vorliegenden Anträge sind nicht alle dafür geeignet. Die AfD hat - so möchte ich es nennen - einen Schnellschuss gestartet. Das kann man machen, muss es aber nicht. Die CDU will den Anschluss halten, aber das hätte sie gar nicht nötig. Wir hätten dem CDU-Antrag normalerweise auch nicht zugestimmt, wenn die Koalition nicht mit großer Einmütigkeit erklärt hätte „Lasst es uns mal machen!" Wir denken, die Verantwortung kann auch nicht allein an die Landesregierung delegiert werden, sondern wir sehen die Verantwortung auch hier. Deswegen wäre es verfehlt, wenn man jetzt glaubte, dass mit diesem Antrag dem Anliegen schon Rechnung getragen wäre. Wir sind der Auffassung, dass wir uns als Landtag weiterhin intensiv damit auseinandersetzen müssen. Wir als Betroffene in den Ausschüssen haben allesamt Einsicht in den Compliance-Bericht gefordert; wir werden diese Einsicht nehmen. Wenn wir Einsicht genommen haben, werden wir es auch in den Ausschüssen auswerten. Ich denke, dann wird es auch zu politischen Konsequenzen kommen müssen. - Recht herzlichen Dank.
Hinweis:
§ 4 (1) ILB-Gesetz: Die Bank ist das zentrale Förderinstitut des Landes Brandenburg. Sie unterstützt das Land und andere Träger der öffentlichen Verwaltung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze und Ziele der staatlichen Förderpolitik.