- Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede]
Wenn wir an unsere Schulzeit zurück denken, dann eint uns wahrscheinlich alle die Erinnerung an lange Gänge und große Klassenräume links und rechts, einer pro Klasse. Die Gänge vielleicht nur aufgelockert durch Garderobenhaken, die Klassenräume denkbar steril. Tafel, Waschbecken, Tische und Bänke in Reih und Glied. Zur Schulzeit unserer Kinder hat man sich dann ein bisschen mehr Mühe gegeben und Klassenräume ausgeschmückt mit Mal- und Bastelarbeiten, in den Gängen Pappmachéskulpturen aufgehängt. Das, was eine wohnliche Anmutung verströmen sollte, wurde dann aber bald von der Kunst zur „Brandlast“ erklärt und musste wieder entfernt werden. An der Struktur der Gebäude hat sich über die Jahrzehnte in Ost und West wenig geändert.
Schulunterricht bedeutet in den Köpfen von den meisten von uns unverändert große Räume, Kinder sauber sortiert und brav auf dem Stuhl, Lehrerin im Frontalunterricht vor der Klasse, Türen geschlossen.
Aber wenig wird besser, wenn wir nur so weiter machen, wie immer.
So haben Einige in den Jahrzehnten auch begriffen, dass Lernen auch anders funktionieren kann. Sogar deutlich besser. In kleineren Gruppen, aufgelockert, mal selbständig und mal angeleitet, in Reihen oder Runden, mal am Tisch, mal auf dem Fußboden oder auf der Treppe, mal die Großen mit den Kleinen, und auch mal nur die Großen oder nur die Kleinen. Und Einige haben auch begriffen, dass es sinnvoller ist, wenn die Logopädin in die Schule kommt, um den Kindern zu helfen, die das brauchen, oder die Sozialpädagogin oder der Physiotherapeut. Das erspart den Eltern die abendlichen Wege und gibt den Kindern Kontinuität. Aber es funktioniert nur, wenn die Räume dazu geeignet sind, also kleinere und ruhigere Räume vorhanden sind, möglichst verschachtelte Sitz- und Aufenthaltsgelegenheiten im Gemeinschaftsbereich und größere Räume, die multifunktional sind.
Und auch die Verbindung zwischen Schule und Stadtviertel finden wir heute sinnvoll: Sei es, dass im Rahmen von Ganztag Handwerksbetriebe mit Kindern ihr Gewerbe ausprobieren, oder die abends leer stehenden Schulgebäude für Vereine genützt werden, für die Volkshochschule, den Häkelkreis, die Theatergruppe oder den Stadtteilchor. Was leisten wir uns da übrigens für eine Verschwendung, die Schulen abends leer stehen zu lassen!
Also, was wollen wir eigentlich?
Schulbau ist kommunale Angelegenheit, werden Sie vielleicht sagen, warum müssen wir uns damit befassen, sollen sie doch machen, wie sie wollen?!
Ja, das finden wir auch. Bloß: Viele Kommunen können nicht machen, wie sie wollen.
Vielleicht wollen sie eine moderne Schule bauen, aber wenn sie in der Haushaltssicherung sind, oder auch nur, wenn sie einen Kredit für den Schulbau aufnehmen müssen, und das müssen sogar die reichsten unter ihnen, dann werden sie von der Kommunalaufsicht unter Druck gesetzt, so zu bauen, wie es die veralteten Empfehlungen des Bildungsministeriums zum Raumprogramm an Schulen vorgeben, und verbauen (im wahrsten Sinn des Wortes) sich damit auf Jahrzehnte die Chancen, die sie eigentlich hätten. Das wollen wir endlich auflösen.
Im Bildungsausschuss haben wir dieses Dilemma über Jahre immer wieder angesprochen – konsensual, wie ich erinnere - und immer wieder wurde uns versichert, ja, man sei mit der Kommunalaufsicht im Gespräch, die neuen Empfehlungen zum Raumprogramm seien in Arbeit und würden demnächst veröffentlicht. Aber passiert ist es trotzdem nicht. Den Konsens gab es wohl nur unter den Bildungspolitiker*innen.
Derweilen werden Schulen des alten Typs gebaut, gegen den Willen der Kommunen und gegen den die bessere Einsicht der zukünftigen Nutzer*innen. Geld und Chancen werden vertan.
Wir wollen jetzt nur erreichen, dass dieses Anliegen nicht im Orkus der Diskontinuität versinkt und die Kommunen endlich die Freiheit haben, die sie als Schulträger haben sollten. Ich bin gespannt, was jetzt dagegen sprechen sollte.