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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Gesetzentwurf "Inklusives Parité-Gesetz"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Das ganze Jahr 2018 und insbesondere im Januar 2019 wurde immer wieder an zwei historische Ereignisse erinnert: die Einführung des gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrechts für alle mindestens 20 Jahre alten Männer und Frauen im November 1918 und an die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19.1.1919, wo 82,3% der angeblich so unmündigen Frauen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten und erstaunliche 9% Parlamentarierinnen gewählt wurden. Die unzähligen Veranstaltungen zum Frauenwahlrecht –kumulierend in der Feierstunde des Deutschen Bundestages am 17. Januar – haben immer wieder die Frage fokussiert: Wo stehen wir heute mit der Beteiligung von Frauen in der Politik, ja in der ganzen Gesellschaft? Warum wurde der Frauenanteil im Parlament von 1919 erst Mitte der 80iger Jahre wieder erreicht? Warum wurde die 10% Marke erstmals mit der Bundestagswahl 1990 überschritten? Warum sind wir nach 100 Jahren immer noch weit von einer Beteiligung der Frauen entsprechend ihres Bevölkerungsanteils entfernt, ja warum gehen die Uhren seit einiger Zeit wieder rückwärts mit sinkendem Frauenanteil in unseren Parlamenten?

Dies alles hat die Diskussion um Paritätsregelungen im Wahlrecht enorm beflügelt – bei uns in Brandenburg, aber auch bundesweit. „Die Hälfte der Macht für die Hälfte der Menschheit – vom Frauenwahlrecht zur Parité“ - dieser Veranstaltungstitel der Friedrich-Ebert-Stiftung bildet den Diskurs gut ab. Das von meiner Fraktion am 8. März 2018 vorgelegte inklusive Parité-Gesetz hatte an dieser Debatte einen nicht geringen Anteil. Der 8. März – der Internationale Frauentag - ist übrigens gerade in unserem Nachbarland Berlin zum Feiertag erklärt worden, ein Vorhaben, das auch für Brandenburg stilbildend werden könnte.

Der inklusive Anteil unseres Gesetzentwurfs wurde schon im Juni 2018 umgesetzt, als der Landtag mit dem Gesetz zur Erweiterung des Wahlrechts im Land Brandenburg ein inklusives Wahlrecht gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention beschloss.

Eine verbindliche Parité Regelung im Landeswahlgesetz werden wir heute verabschieden. Ich bin natürlich etwas traurig, dass unser Vorschlag einer Regelung für die Direktkandidaturen – das Wahlkreisduo – nicht Gegenstand des Brandenburger Parité Gesetzes geworden ist, wissen wir doch alle, dass auf dieser Ebene die Widerstände Frauen zu nominieren noch größer sind als bei der Listenaufstellung. Unser Wahlkreisduo ist inzwischen aber auch in der Debatte auf Bundesebene angekommen und ich bin gespannt, wie es mit diesem Vorschlag weitergeht.

Trotzdem geht Brandenburg mit der heutigen Verabschiedung eines Parité Gesetzes einen wichtigen Schritt und nimmt bundesweit eine Vorreiterrolle ein. In verschiedenen anderen Ländern liegen schon Gesetzentwürfe vor oder werden erarbeitet und auch die im Bund anstehende Wahlrechtsreform wird nicht mehr am Thema Parité vorbeikommen. Die Frauen sind es leid, sich in der Politik, aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, in der Wirtschaft, bei der Lohngleichheit, bei der Verteilung von Führungspositionen, bei der Altersarmut, bei einem Steuerrecht, das sich am Mann als Alleinverdiener ausrichtet, mit Brosamen abspeisen zu lassen. Sie sind es auch leid, sich durch einen aus der Nazizeit stammenden § 219a entmündigen zu lassen. Gerade in Ostdeutschland, wo die Frauen zumindest bei der Beteiligung am Arbeitsleben gleichberechtigt waren und die Wende als schmerzhaften Einschnitt ihrer Rechte empfunden haben, ist das Bewusstsein für weibliche Benachteiligung groß. Wie sagte die kämpferische Rita Süssmuth: (...) Wir müssen endlich aus dieser Bettelei herauskommen: Ach gebt uns doch wenigstens 25-30 Prozent! Nein: wir wollen die Gleichbehandlung mit 50 Prozent.“

Die CDU-Fraktion hat jetzt ein Chancengleichheitsgesetz mit einer Soll-Regelung für paritätische Besetzung vorgelegt. Das halten wir für unzureichend. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass soll-Regelungen keine Wirksamkeit entfalten. Da das Artikelgesetz der CDU-Fraktion aber noch andere Vorschläge enthält, stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Kommunales zu.

Unser Gesetzentwurf wurde angenommen.