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Rede im Landtag: Aufbruch zu guter Bildung in Brandenburg

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Bildungsinteressierte,

herzlichen Glückwunsch auch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an Sie, sehr geehrter Herr Freiberg, zum neuen Ministeramt. Dass nun gleiche große Aufgaben auf Sie warten, wurde in den bisherigen Reden mehr als deutlich. Wir wünschen Ihnen einen guten Start, gute Ideen und vor allem gute Nerven für die Lösung der anstehenden Probleme.

Denn die sind groß. Eklatanter Lehrkräftemangel, Nachholbedarf bei der Digitalisierung und nicht zuletzt die Corona-Jahre bleiben nicht ohne Folgen. Manifestiert hat sich das zuletzt in schlechten Ergebnissen unserer Viertklässler*innen beim Lesen, Schreiben und Rechnen.

Auch der Brandbrief der Oberschule in Burg und der Angriff auf Berliner Schüler*innen in Heidesee sind alarmierend. Rechtsextreme, rassistische, homophobe oder sexistische Äußerungen und Gewalttaten dürfen an unseren Schulen und in Freizeiteinrichtungen keinen Platz haben! Deswegen müssen wir Demokratieprojekte an Schulen und außerschulisch stärker fördern und ausbauen.

Erstmals wird es im kommenden Schuljahr voraussichtlich nicht gelingen, alle Lehrkräftestellen zu besetzen. Denn auch der Markt für Seiteneinsteiger*innen ist inzwischen leergefegt.

Nun sind Sie, Herr Minister Freiberg, in der Pflicht, schnell Lösungen für den Mangel zu finden.

Das kann nicht top down sein, sondern muss mit allen an Schule Beteiligten gemeinsam entwickelt werden. Wir begrüßen es, dass Sie angekündigt haben, nun schnell Gespräche zu führen; mit Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern, mit der Gewerkschaft und den Lehrerverbänden, mit Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis.

Wir begrüßen es auch, dass Vorschläge, die zu einer weiteren Belastung von Lehrkräften führen, bisher ausgeschlossen wurden. Die Vergrößerung der Klassenstärken, die Einschränkung von Teilzeit oder die Erhöhung der Pflichtstunden, das führt nur zu einem höheren Krankenstand und mehr Lehrkräften im Burnout.

Wir schlagen vor, gezielt auf freiwillige Anreize zu setzen. Gute Bedingungen für die Übernahme zusätzlicher Stunden, z.B. vermehrt Einsatz in Parallelklassen, so dass man Unterricht nur einmal vorbereiten muss, Lebensarbeitszeitkonten, Vergütung von Mehrarbeit, Anreize für Ruheständler*innen, weiter zu unterrichten; Hier liegen bereits viele gute Vorschläge auf dem Tisch.

Ganz besonders müssen wir über Entlastungsmöglichkeiten für Lehrkräfte sprechen, bei allen Tätigkeiten, die nicht direkt mit Unterricht zu tun haben. Die Pläne für die multiprofessionellen Teams sollten mindestens so umgesetzt werden, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen. Die Haushaltsabschlüsse zeigen, dass es hierfür durchaus finanzielle Spielräume gibt. Wir brauchen mehr Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, Gesundheitsfachkräfte, Lernbegleiter*innen, IT-Administrator*innen oder Verwaltungskräfte an den Schulen, damit Lehrkräfte sich auf die pädagogische Arbeit konzentrieren können! Außerdem brauchen wir gute Ideen für die ländlichen Regionen, denn hier ist der Mangel schon jetzt besonders spürbar. Das Stipendium für Landlehrkräfte zeigt gute Wirkung und ist übernachgefragt. Das sollten wir ausbauen!

Auch die Kommunen und Schulträger sollten sich auf den Weg machen. Wohnungsangebote, Unterstützung bei der Jobsuche für die Partner*innen, Kita- und Schulplätze oder ein Deutschlandticket: In unserer Studie „Landlehrer in Sicht“ haben wir schon vor Jahren Vorschläge entwickelt, wie wir Lehrkräfte aufs Land holen können.

Perspektivisch muss es natürlich darum gehen, schnell mehr Lehrkräfte auszubilden und das Studium praxisnäher und inklusiver zu gestalten. Am neuen Standort in Senftenberg bietet sich jetzt die Chance, das Studium grundlegend zu reformieren. Das müssen wir auch für die Uni Potsdam angehen. Der Numerus Clausus für Lehramtsstudiengänge muss fallen.

Die Bildungsungerechtigkeit im Land darf sich nicht weiter verschärfen. Das beste Mittel gegen Bildungsungerechtigkeit ist guter Unterricht, in dem jedes Kind möglichst individuell gefördert wird und seine Talente entfalten kann.

Mit der Neuaufstellung des LISUM bietet sich auch die Gelegenheit, die Fortbildungsangebote für Lehrkräfte weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung kommt viel zu langsam voran, obwohl die Mittel aus dem DigitalPakt bereitstehen. Dass nach zweieinhalb Jahren Laufzeit des DigitalPakts erst ein Viertel der bewilligten Mittel abgeflossen sind, kann niemanden befriedigen. Lehrkräfte brauchen außerdem gute Fortbildungen und geeignetes Material für den digitalen Unterricht. Wie groß hier die Veränderungen sind, hat das Fachgespräch des Bildungsministeriums zu künstlicher Intelligenz und ChatGPT gerade gezeigt.

Wir bleiben skeptisch bei dem Plan, 200 Lehrkräftestellen ausgerechnet da zu streichen, wo Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf lernen und wo Schulen sich auf den Weg gemacht haben, neue Wege zu gehen: beim Gemeinsamen Lernen, beim Förderunterricht, bei Flexiblen Eingangsstufen, beim Ganztag und bei Schulzentren!

Kurz, sehr geehrter Minister Freiberg: Wir brauchen jetzt schnell ein gutes Konzept gegen die Bildungskrise. Unsere Unterstützung für zusätzliche multiprofessionelle Teams an den Schulen haben Sie!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Aktuelle Stunde "Aufbruch zu einer leistungsfähigen, digitalen Bildung in Brandenburg" (TOP 2 der 85. Plenarsitzung)