Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!
Die Frage der angemessenen Vergütung von Abgeordneten ist untrennbar mit der Frage der Ausgestaltung der repräsentativen Demokratie verbunden. Ich erlaube mir im Unterschied zu allen anderen Rednern und Rednerinnen einen Ausflug in die Historie.
Herr Gauland hat in seiner Eröffnungsrede sehr ausführlich Edmund Burke zitiert, und zwar mit der Fragestellung: „Was macht einen guten Abgeordneten aus?“ Ich bin einmal auf die Suche gegangen: Wovon lebte denn der „gute Abgeordnete“ Burke? Er lebte jedenfalls nicht von seinem Abgeordnetenmandat. Er war Großgrundbesitzer. Er hatte 240 ha Fläche, ein Gut und lebte im Wesentlichen davon, dass er Erster Sekretär des Premierministers, des Marquis von Rockingham, war.
Die Berufung als Abgeordneter hatte mit freier, gleicher und geheimer Wahl überhaupt nichts zu tun, weil zum damaligen Zeitpunkt die Großgrundbesitzer letztendlich entschieden, wer in das Parlament entsendet wird. Politiker zu sein war ein Rollenmodell des Adels. Das gehörte einfach dazu, das war eine Pflicht, die man übernommen hat, es war selbstverständlich. Um Politiker im englischen Unterhaus zu werden - ich rede nicht vom Oberhaus -, war es erforderlich, mindestens 600 Prund Jahreseinnahmen nachzuweisen und Grundbesitz zu haben. Sonst konnte man überhaupt nicht Unterhausabgeordneter werden.
Der Kauf von Mandaten war übrigens üblich. Das erstaunt auf den ersten Blick, wenn man bedenkt, das damit nichts zu verdienen war. Aber im weiteren Verlauf war es dann häufig so, dass sich die Abgeordneten ihre Stimmen von Interessengruppen abkaufen ließen.
Ein Zitat von Barbara Tuchman hierzu:
„Die Politik als Beruf gab es nicht und eine solche Vorstellung hätte diejenigen, die Politik ausübten, schockiert. Das gesellschaftliche Vergnügen kam zuerst, und in der verbleibenden Zeit kam man seinen Ämtern nach.“
Fuchsjagden waren wichtiger als Parlamentssitzungen, Kabinettsitzungen waren unvorbereitete, zufällige Treffen beim Dinner. Das Parlament tagte in langen Abständen, hatte Sitzungsperioden. Die Hälfte der Mitglieder war meistens nicht anwe-send, und die Zeit im Unterhaus zu verschlafen, das war nicht ungewöhnlich.
Keine Vergütung - das bedeutete eine negative Sozialauswahl, jedenfalls aus unserer heutigen Sicht, und ging damals in Richtung Großgrundbesitz und Adel. Ein freies Mandat musste man sich nämlich erst leisten können. Das resultierte natürlich in eine Abhängigkeit der Abgeordneten von Lobbygruppen.
Das kann für uns heute kein Vorbild mehr sein. Heute haben wir ein anderes Leitbild. Heute haben wir uns entschieden, Berufspolitiker zu beschäftigen, und Politik eben nicht mehr als Nebenbeiangelegenheit des Adels zu begreifen. Abgeordneter ist ein Vollzeitberuf, der prinzipiell Jedem und Jeder offenstehen muss. Die Brandenburgische Verfassung - das wurde zitiert - sagt ausdrücklich: Die Unabhängigkeit der Abgeordneten muss gewährleistet sein.
Damit sind wir bei der Vergütungshöhe, denn daran hängt natürlich die Frage: Welche Abgeordneten wollen wir? Ich denke, wir wollen den Austausch mit der Verwaltung und der Wirtschaft, wir wollen auch Quereinsteiger mit Lebenserfahrung und Menschen, die auch in herausgehobenen Funktionen außerhalb der Politik tätig waren, nicht nur in Pension befindliche Staatskanzleichefs. Wir wollen auch ddie Möglichkeit haben dass zum Beispiel Referatsleiter aus einem Ministerium oder Filialleiter von Krankenkassen ein Mandat übernehmen.
Genau das war auch das Ergebnis der Kommission in der 4. Wahlperiode, das in der 5. Legislaturperiode umgesetzt wurde: Wir müssen eine angemessene Bezahlung sicherstellen und festschreiben und richten uns deshalb an den Vergütungen eines Bürgermeisters bzw. einer Bürgermeisterin aus.
Angesprochen wurde, dass die Vergütungen an den Steuerbürger, die Steuerbürgerin angepasst wurden, dass die steuerfreien Pauschalen entfallen sind, dass wir Nachweise zu führen haben. Die Höhe der Vergütung täuscht darüber hinweg, dass wir damit auch das Büro und Wahlkreisarbeit finanzieren müssen. Aber dieses Büro bringt eben, auch wenn wir unsere Wählerinnen und Wähler damit mehren, keine Ausweitung unserer Einnahmen, das ist auch nicht beabsichtigt.
Deshalb ist das Abgeordnetenmandat als Vollzeitberuf ausgestaltet. Es soll nicht dazu dienen, zur Akquirierung zusätzlicher Einkünfte ausgenutzt zu werden. Es soll nicht dazu dienen, sich zusätzlich bezahlte Vorträge oder Nebenjobs an Land zu ziehen. Deswegen sagen wir auch: Wir haben Bauchschmerzen mit Abgeordneten, die nebenher Vollzeitberufe haben oder bezahlte Ämter außerhalb des Abgeordnetenmandats häufen.
(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE sowie vereinzelt AfD)
Wenn die Höhe der Entschädigung als angemessene Vergütung akzeptiert wird, dann stellt sich natürlich die Frage nach der Teilhabe an Lohn- und Gehaltssteigerungen. Da sagen wir natürlich: Es kann keine Abkopplung von der Tarifentwicklung geben, es gibt dafür keinen Grund. Wie die Höhe bemessen wird, das ist gesetzlich geregelt, und deswegen geht es heute darum, diesem Gesetzesauftrag nachzukommen. Deswegen werden wir der Erhöhung zustimmen. - Recht herzlichen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD, CDU, DIE LINKE und AfD)