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Axel Vogel spricht zur Aktuellen Stunde „Bodenspekulation begrenzen und regionale Landwirtschaft fördern“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Bundesregierung versucht derzeit, eine Bundesanleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren und 0 % Zinsen auf dem Markt zu platzieren. Sie haben vielleicht auch gehört, dass inzwischen die Banken großen Unternehmen für Gelder auf Girokonten Negativzinsen abverlangen, also Geld dafür, dass sie ihr Geld zur Bank tragen, und - was einen dann überhaupt nicht mehr verwundern muss - dass eine Flucht aus Finanzanlagen einsetzt, in denen nichts mehr zu erwirtschaften ist, und in Realwerte investiert wird.

Das Ergebnis ist, dass die Immobilienpreise in München in den letzten zwei Jahren um 40 % gestiegen sind. Das ist fast exakt der gleiche Anstieg wie bei den landwirtschaftlichen bzw. Agrarpreisen in Brandenburg. Dass das in keinster Weise die Ertragsmöglichkeiten dieser Flächen widerspiegelt, dürfte jedem klar sein. Aber darum geht es den Investoren auch gar nicht. Es geht gar nicht darum, Agrarprodukte zu produzieren, sondern darum, sich erst einmal mit Flächen zu bevorraten und dann von dem Preisanstieg zu profitieren.

Nun macht man es sich ein wenig leicht, wenn man die BVVG für alles verantwortlich macht. Man muss einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass maximal 1 bis 3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche pro Jahr gehandelt werden. Die BVVG hat in ganz Ostdeutschland im letzten Jahr 33 000 Hektar veräußert. Allein Brandenburg verfügt über 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Das macht eigentlich schon deutlich, wie problematisch es ist, dass nur diese geringen Verkäufe dann den Wert bestimmen.

Das heißt aber auch, dass der Wert der landwirtschaftlichen Flächen in Brandenburg seit 1990, wenn wir ihn mit damals 2,6 Milliarden Euro ansetzen, heute über 18 Milliarden Euro beträgt: Und natürlich ist es verständlich, dass jeder, der Land besitzt, jetzt prüft, ob er seine Flächen nicht besser verkauft, anstatt auf geringe Pachteinnahmen zurückzugreifen. Ich denke, wir können das auch niemandem verdenken. Wir können es weder Genossen verdenken, wenn sie ihre Flächen veräußern wollen, noch können wir es einer Erbengemeinschaft verdenken, wenn sie jetzt Geld machen will. Aber wir können es natürlich - dies wurde angesprochen - denjenigen verdenken, die von Staats wegen eigentlich anders handeln sollten.

Dazu gehört für mich zunächst einmal das Land. Das Land hat nämlich auch landwirtschaftliche Nutzflächen. Es hat sogar nach Artikel 40 der brandenburgischen Verfassung die Aufgabe, diese Flächen nicht zu veräußern, sondern sie für die Verbesserung der Agrarstruktur zu verpachten und dafür einzusetzen. Trotzdem verkaufen wir Fläche. Wir profitieren auch von diesen hohen Preisen. Es gibt draußen die Demonstration der Neusiedlererben. Das Land hat über 6 000 Hektar in der eigenen Verwaltung und versucht, sie zu veräußern. Das ist ein Unding.

(Beifall AfD)

Wir haben noch circa 10 000 Hektar WGT Liegenschaften, die veräußert werden. Wir haben - hier wird es richtig grauenhaft - Preußenvermögensflächen, die das Land an die BVVG gegeben hat, damit diese sie zu ihren Bedingungen veräußert. Ich denke, es ist doch völlig selbstverständlich, dass die erste Forderung lauten muss: Verkaufsstopp für Landesflächen und diese für eine vernünftige Landwirtschaftspolitik bevorraten.

(Beifall B90/GRÜNE und AfD)

Dabei kann man sich an den Kirchen ein Beispiel nehmen. Sie verkaufen keine Flächen, sondern machen tatsächlich Agrarstrukturpolitik in Richtung ökologischer Landbau und Wertschöpfung, und ich denke, das sollte sich das Land als Vorbild nehmen.

(Beifall B90/GRÜNE und AfD)

Die BVVG - hier kommt dann das Problem - ist nur beschränkt für uns einsetzbar, da sie keine Unterwertverkäufe tätigen darf. Das käme sonst einer verbotenen Beihilfe gleich. Insofern können wir nicht einfach der BVVG sagen, dass sie billiger an unsere ortsansässigen Landwirte verkaufen solle. Das geht nicht einfach so. Deshalb ist doch, bis sich die Fronten geklärt haben, auch logisch, dass die zweite Forderung gestellt werden muss: völliger Verkaufsstopp der BVVG zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Ich bedauere, dass diese Forderung im Koalitionsantrag jedenfalls nicht enthalten ist.

Dritter Punkt: Wir müssen feststellen, dass die Gegenmittel nur beschränkt wirksam sind, denn das Vorkaufsrecht kann nur zum Verkehrswert ausgeübt werden. Auch das Vorkaufsrecht ermöglicht nur einen Zwischenerwerb. Anschließend muss es irgendjemand doch zu diesem Preis kaufen, der viel zu hoch für einen landwirtschaftlichen Betrieb ist. Wir können nicht sagen: Wir als Land zahlen jetzt die Differenz. Auch dann wären wir bei einer verbotenen Beihilfe. Das geht nicht. Wir sollten trotzdem alle Chancen nutzen.

Es ist deutlich geworden: Dazu brauchen wir ein Agrarstrukturverbesserungsgesetz, das übrigens von der Mehrheit der Arbeitsgruppe Bodenmarkt abgelehnt wurde. Wir denken dagegen: Das ist richtig. Wir müssen alle Chancen nutzen, um wenigstens die ortsansässigen Landwirte in eine bessere Ausgangsposition zu bringen. Wir werden nicht darum herumkommen, den Begriff der „ungesunden Bodenverteilung“ zu definieren. Genau das ist der Dreh- und Angelpunkt. Da hat die Landesregierung bisher Schwierigkeiten,weil das jedenfalls nicht ausdiskutiert zu sein scheint.

(Beifall B90/GRÜNE und des fraktionslosen Abgeordneten Schulze)

Ich könnte noch ewig weiterdiskutieren. Allerdings wird mir hier schon die rote Karte gezeigt. Vor diesem Hintergrund möchte ich sagen: Wir werden dem Antrag von der Linken und der SPD nicht zustimmen können. Wir werden uns enthalten, weil er in unseren Augen unzureichend ist. CDU und Grüne fordern ein Agrarstrukturverbesserungsgesetz. Das ist unseres Erachtens der richtige Weg, auch wenn es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Diesem Antrag werden wir zustimmen. Bei dem Antrag der AfD, der eine Ergänzung zu unserem Vorschlag darstellt, werden wir uns enthalten. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU, AfD und des fraktionslosen Abgeordneten Schulze)