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Axel Vogel spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Waffenbesitz in Brandenburg“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD will uns glauben machen, dass nur von illegalen Waffen eine große Gefahr ausgehe. Herr Scharfenberg hat aber schon darauf hingewiesen, dass nach Untersuchungen der „ZEIT“ im Jahr 2013 die Hälfte der Menschen, die durch Schusswaffen ums Leben gekommen sind, durch legale Schusswaffen getötet wurde. Eine amtliche Statistik gibt es darüber allerdings nicht.

Bemerkenswert ist - auch darauf hat er hingewiesen -, dass solche Todesfälle in einem signifikanten Zusammenhang mit der Zahl der Waffen in einer Region stehen. Dass wir in Brandenburg relativ wenig Probleme mit Schusswaffentoten haben, hat auch damit zu tun, dass hier DDR-bedingt die Zahl der Schusswaffen im bundesweiten Vergleich ausgesprochen niedrig ist. So ist auch ohne Blick in die USA erkennbar, dass der Besitz auch von legal erworbenen Waffen eine potenziell tödliche Gefahr darstellt.

Eine große Zahl von Waffen und Waffenbesitzern in einer Gesellschaft ist eine Gefahr für die Sicherheit und nicht ein Mehr an Sicherheit. Das deutsche Waffenrecht will dieses Risiko einschränken und sieht genau deshalb strenge Voraussetzungen und Kontrollen beim Erwerb und Besitz von Waffen und waffenrechtlichen Erlaubnissen vor. Ein allgemeines Bürgerrecht auf Waffenbesitz, wie es die AfD in ihrem Antrag suggeriert, gibt es nicht.

Ja, natürlich, Deutschland hat ein strenges Waffenrecht. Allerdings kann in Brandenburg nicht von strengen Kontrollen die Rede sein. Herr Lakenmacher hat darauf hingewiesen: Alle 42 Jahre hat man als Waffenbesitzer das Risiko, irgendwann einmal Besuch zu erhalten. Aus der Anfrage geht eben auch hervor, dass dann, wenn man die Tür nicht aufmacht und die Kontrolleure nicht hereinlassen will, sie auch wieder von dannen ziehen.

Ansonsten glänzt bedauerlicherweise die Antwort auf die Große Anfrage durch viele Leerstellen, weil Zahlenmaterial entweder erst seit 2014 vorliegt oder grundlegende Sachverhalte wie die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Waffen bei Unfällen generell nicht erfasst werden.

Ging es der AfD nun also darum, mit der Großen Anfrage offenzulegen, welche Probleme mit dem Schusswaffenbesitz einhergehen? Offenkundig nicht. Die AfD sucht Argumente, um eine Liberalisierung des Waffenrechts zu begründen, Motto: Seht her, keine Probleme, Waffenbesitzer sind rechtstreue Bürger, her mit den Knarren!

Aber welche Folgen hat denn die von der AfD geforderte Aufrüstung der Privathaushalte mit Waffen bei gleichzeitiger verbaler AfD-Hetze gegen Flüchtlinge, Schießbefehl für Grenzbeamte und anderes

(Lachen bei der AfD)

sowie einer Rhetorik, die bewusst das Sicherheitsgefühl vieler Menschen in den Keller treibt? Herr Galau und die AfD sehen den Waffenbesitz als Recht mündiger Bürger zur Selbstverteidigung an und entpuppen sich dabei als politischer Arm der Waffenlobby, um im rechten Milieu Wähler abzufischen – durchaus mit Erfolg.

In welch trübem Wasser da gefischt wird, kann man im Internet entdecken. So wird Herr Galau auf der Website der German Rifle Association - die gibt es tatsächlich - aufgrund dieser Großen Anfrage als Held gefeiert.

(Beifall AfD)

Wahlspruch der GRA in etwas holprigem Deutsch ist übrigens: „Für eine Liberalisierung der Waffengesetze und bewaffnete Bürger!“ Dass die GRA gerade die Mittel für eine Verfassungsklage zusammengesammelt hat, um ein Grundrecht auf den Besitz von halbautomatischen Waffen durchzusetzen, spricht für sich. Deren Chef, der Noch-Sportschütze Marc Schieferdecker fantasiert sich unter dem Motto: „Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor“ in ein Bedrohungsszenario durch Zuwanderer hinein, dem nur noch mit allgemeiner Volksbewaffnung zu begegnen sei. Ich zitiere aus seinem Artikel zu den Silvestervorfällen in Köln:

„Frauen - und körperlich schwache Männer wie ich, das gebe ich offen zu - haben kaum eine Möglichkeit, sich zu wehren. Schon gar nicht gegen mehrere körperlich überlegene Männer. Da hilft auch kein Pfefferspray. Da hilft nur eine Schusswaffe, die abschreckende Wirkung dieses Gamechangers und regelmäßiges Training, um diese im Notfall auch einzusetzen.“

Man wird das Gefühl nicht los, dass da jemand, von Angstlust befallen, hofft, die Welt der Videospiele in die Realität zu übertragen, sich zum Herrscher über Leben und Tod aufschwingen zu können.

In eine ähnliche Richtung geht ein Leserbrief von einem Herrn Patrick L. zum Artikel „Bekenntnisse einer waffenaffinen Frau“:

„Als ich gestern nach Hause kam, raste ein Streifenwagen an mir vorbei. Beim Nachbarn gab es einen Einbruchsversuch. Sie waren nicht zu Hause, haben aber Alarmanlage. Die sind dann noch hinterher, was wie so oft ins Leere laufen wird. Ich habe dann erst mal nach FBI-Manier mit Pistole und Lampe im Anschlag mein Grundstück gesichert, um zu schauen, ob sich da noch jemand versteckt. Bin mal gespannt, wie es weitergeht.“

Da kommt alles zusammen: ein angeblich hilfloser Staat, unfähige Polizisten, Selbstjustiz eines Hilfssheriffs, aber erkennbar keine Notwehr. Ich meine, solchen Menschen sollte man eher einen Joystick als eine echte Waffe in die Hand geben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ich wiederhole es: Eine große Anzahl von Waffen und Waffenbesitzern in einer Gesellschaft ist eine Gefahr für die Sicherheit und nicht ein Mehr an Sicherheit. Ein allgemeines Bürgerrecht auf Waffenbesitz gibt es nicht. Es ist wie immer: Die AfD schürt Ängste, löst keine Probleme, sondern schafft nur neue. Wir brauchen weniger tödliche Waffen und weniger AfD, dafür mehr gute Bildung, sozialen Ausgleich, Prävention, ja auch mehr Polizei und Opferschutz. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE, SPD und CDU)