- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Pünktlich zu Weihnachten kommen jedes Jahr die Schokoladen-Weihnachtsmänner in die Regale. Und pünktlich zur grünen Woche gibt es jedes Jahr einen Antrag der Regierungsfraktionen zur Landwirtschaftspolitik. Die meisten Schoko-Weihnachtsmänner sind hohl und die Qualität der Schokolade ist nicht eben die beste. Genauso verhält es sich mit ihrem Antrag.
Einige Protestierende kletterten auf den Funkturm am Berliner Messegelände und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Bloß nicht genau hinsehen". Darunter war das Symbol der drei Affen zu sehen, die nicht hören, nicht sehen und nicht sprechen. „Bloß nicht genau hinsehen – dieses Motto gilt offenbar auch für SPD und LINKE wenn es um die Agrarpolitik in Brandenburg geht. Sie verhalten sich wie die drei Affen:
Negative Folgen der Massentierhaltung? Nie gehört.
Durch industrielle Agrarstrukturen bedingt unzureichende Wertschöpfung der Brandenburger Landwirtschaft ? – Reden wir nicht drüber.
Verlust der biologischen Vielfalt in Brandenburgs Agrarlandschaft? – Augen zu.
Mit Ihrem Antrag versuchen Sie einmal mehr, sich den Fakten zu verweigern und die Brandenburgische Landwirtschaft schön zu reden. Das hilft aber weder unseren Landwirten noch den Menschen in den ländlichen Regionen.
Im Ihrem Antrag heißt es: „Die Landwirtschaftsbetriebe verschiedener Größe und Eigentumsformen sind Anker der dörflichen Gemeinschaft im ländlichen Raum.
Wollen sie allen Ernstes die gewerblichen Massentierhalter als Anker der dörflichen Gemeinschaften bezeichnen? Sie spalten ganze Dörfer und Regionen und tragen so gut wie nichts zur regionalen Wertschöpfung bei. Wollen sie allen Ernstes die Filialbetriebe außerlandwirtschaftlicher Investoren als Anker der dörflichen Gemeinschaften bezeichnen?
Regionalität an sich ist kein Qualitätsmerkmal. Regionale Erzeugung und Vermarktung müssen mit einem hohen Anspruch an Qualität einhergehen. Wenn ich Ihren Antrag richtig lese, dann müssen wir die armen Schweine, die dank SPD und LINKEN demnächst in Haßleben ihr Dasein fristen müssen, nur noch regional verarbeiten und unter der Marke "Bauernglück" oder ähnliches im Discounter vermarkten – und schon ist alles gut.
Regionalvermarktung ohne klare Kriterien für Qualität und Herkunft kann schnell zur Täuschung der Verbraucher werden und sobald von diesen erkannt auch die Vermarktung vorbildlich erzeugter Brandenburger Landwirtschaftsprodukte in Mitleidenschaft ziehen.
Anerkannte und überprüfbare Kriterien bietet aus grüner Sicht die EU-Bio-Zertifizierung.
Deshalb ist für uns der beste Weg zu mehr Wertschöpfung auf den Dörfern, die regionale Bio-Branche gezielt auszubauen.
In Ihrem Antrag steht: „Im Ökolandbau ist Brandenburg flächenmäßig führend in Deutschland.“ Das ist richtig. Aber wer sich mit offenen Augen und Ohren in der Bio-Szene bewegt, der weiß genau: Brandenburg ist nicht wegen, sondern trotz der seit zwanzig Jahren SPD-geprägten Agrarpolitik Spitzenreiter beim Ökolandbau. Und unter den Maßnahmen, die Sie vorschlagen, taucht der Ökolandbau plötzlich nicht mehr auf. Hieran ist klar zu erkennen, welchen Stellenwert sie dem Ökolandbau tatsächlich beimessen – nämlich gar keinen.
Wir Grüne fordern dagegen mit unserem Entschließungsantrag, dass die Landesregierung endlich aktiv wird und die riesigen Chancen nutz, die der Markt in der Hauptstadtregion bietet. Brandenburg braucht endlich eine konsistente Strategie für den Ausbau der Öko-Landwirtschaft. Hier liegen die größten Chancen für neue Arbeitsplätze und mehr regionale Wertschöpfung in unseren ländlichen Regionen. Zudem wird der Ökolandbau auch am besten dem Umwelt- und Naturschutz in der Landwirtschaft gerecht.
Alle Maßnahmen, die im Antrag von Rot-Rot gefordert werden, sind vor allem mit den Mitteln aus der 2. Säule der GAP zu finanzieren. Aber Herr Vogelsänger hat in der Agrarministerkonferenz keinen Finger gerührt, um die Mittel der 2. Säule aufzustocken. Wenn nicht die grünen Agrarminister so massiv für die Modulation gestritten hätten, dann wäre die Kürzung hier noch stärker ausgefallen. Im Ergebnis hat Brandenburg nun Millionen weniger für die ländliche Entwicklung zur Verfügung als bisher. Sie fordern mehr regionale Wertschöpfung – betreiben aber zugleich eine Agrarpolitik, die das genaue Gegenteil bewirkt – diese unglaubwürdige Politik lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Schauen wir in den letzten Stand des Entwurfs zum EPLR: Der Prioritätenbereich „Bessere Einbeziehung der Primärerzeuger in die Nahrungsmittelkette durch Qualitätssicherungssysteme, die Verkaufsförderung auf lokalen Märkten und kurze Versorgungswege, Erzeugergemeinschaften und Branchenverbände sowie Förderung des Tierschutzes“ soll weiterhin nicht Bestandteil der zukünftigen Förderung sein. Auf Deutsch: Die rot-rote Landesregierung will regionale Wertschöpfung, Direkt- und Regionalvermarktung nicht fördern.
Begründung: „Es gibt bereits einen überdurchschnittlich hohen Anteil nach biologischen bzw. Ökologischen Qualitätskriterien bewirtschafteten Flächen und besondere Entwicklungschancen für die Vermarktung in der nahen Metropole Berlin (...). Um öffentliche Mittel auf besonders dringliche Bedarfe zu konzentrieren wird hier keine Förderung über den ELER angewandt.“ Ich bitte deshalb um Aufklärung: Wollen Sie mit Ihren Antrag die Regierung auf Fraktionskurs bringen und konkrete Änderungen im EPLR bewirken oder sind Ihre Forderungen nur leere und folgenlose Worthülsen? Wenn sie es ernst meinen, dann sollten Sie unseren Entschließungsantrag unterstützen.
Ein Blick in die Agrarstatistiken zeigt klar und deutlich: Je größer die Agrarstrukturen werden, desto geringer ist die regionale Wertschöpfung. Der beste Weg zu mehr regionaler Wertschöpfung ist deshalb, gezielt kleinere Strukturen zu fördern: Bäuerliche Familienbetriebe, regionale Erzeugergemeinschaften, Existenzgründer. Natürlich gibt es Ausnahmen wie Brodowin oder die Agrargenossenschaft Neuzelle. Aber insgesamt sind es vor allem die kleinen und mittleren Betriebe, die sich in der regionalen Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung engagieren. Sie stehen auf den Wochenmärkten und in den Berliner Markthallen, sie entwickeln typische regionale Produkte und beliefern die Regionalmarke „Von hier“ und sie entwickeln Angebote im Agro-Tourismus. Das touristische Segment heißt schließlich „Urlaub auf dem Bauernhof“ und nicht „Urlaub in der Tierfabrik“.
Und bevor Herr Luthardt gleich wieder behauptet, wir wollen die großen Agrarstrukturen zerschlagen: Wir Grüne wollen mit öffentlichen Mitteln einfach nur noch das fördern, was der Umwelt und der regionalen Wertschöpfung dient. SPD und LINKE haben dagegen tapfer und leider erfolgreich dafür gekämpft, das sinnlose Geldvergießen in der Landwirtschaft beizubehalten.