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Axel Vogel spricht zu unserem Antrag gemeinsam mit der CDU-Fraktion „Klare Regeln im Wahlkampf - auch für die Landesregierung“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Während in den Schulen noch die Gewaltenteilung nach Montesquieu als Grundlage des demokratischen Staatsaufbaus gelehrt wird, hat sich in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit mit der Entstehung der modernen Parteiendemokratie ein System der Gewaltenverschränkung herausgebildet.

Parteien, Parlament und Regierungen wirken heute ganz anders zusammen, als es sich die Demokratietheoretiker des 18. Jahrhunderts vorstellen könnten. Insbesondere die Trennung von Parteiarbeit, Abgeordnetentätigkeit und Regierungsfunktion fällt da nicht jedem leicht. Dieses Problem ist durch die Arbeitsteilung zwischen Parteien und Fraktionen bereits institutionell bedingt:

1) Parteien stellen Kandidaten und Wahllisten auf. Parteien führen die Koalitionsgespräche und schließen Koalitionsverträge.

2) Die gewählten Abgeordneten bilden Fraktionen und wählen und tragen (soweit sie nicht Opposition sind) die Regierung.

In der weiteren Folge wollen die Parteien dann natürlich auch von der Arbeit ihrer Abgeordneten und der von ihnen gestellten Regierung profitieren. Das ist nicht nur verständlich, dass ist auch legitim. Allerdings gelten hier inzwischen durch Rechtssprechung gezogene strikte Grenzen.

Über diese Grenzen, vor allem aber die Durchsetzung dieser Grenzen diskutieren wir heute.

1) Grenzen zwischen Fraktion und Partei

Fraktionsressourcen dürfen nicht für die Finanzierung der Parteiarbeit oder für den Wahlkampf abgezweigt werden. Wer gegen diese Regel verstößt, kann bis hin zu einer Freiheitsstrafe strafrechtlich verfolgt werden, wie es der Fall Christoph Böhr in Rheinland-Pfalz zeigt.

Für Fraktionen gelten strenge Pflichten für Zurückhaltung in der 3-monatigen Vorwahlzeit (Urteil Verfassungsgericht Saarland) und noch weiter verschärfte Beschränkungen in einer 6-wöchigen Sperrfrist vor Wahlen, und zwar für alle Wahlen, nicht nur für Landtagswahlen. Wer mehr wissen will, kann sich beispielsweise in einem Bericht des LRH Sachsen vom Februar 2015 sachkundig machen.

Aber auch vermeintlich klare Regeln verhindern nicht das Auftauchen strittiger Fälle und Grauzonen, wie die Diskussion über die hälftige Beschäftigung von Pressesprechern bei Fraktion und Partei zeigt.

2) Grenzen zwischen Regierung und Parteien

Was für Fraktionen recht ist, sollte für Regierungen nur billig sein, sollte man meinen.

Natürlich dürfen Parteien mit der erfolgreichen Arbeit der von ihnen getragenen Regierungen Werbung machen, aber das ist eine Einbahnstraße. Die Regierung darf nicht ihre Ressourcen für die sie tragenden Parteien einsetzen, sie ist zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet.

Das ist eigentlich selbstverständlich und klingt ganz einfach

Und wenn es nur darum ginge schwarze Schafe ausfindig zu machen, die bewusst gegen diese Regeln verstoßen, bräuchten wir die ganze Debatte nicht. Aber so einfach wie im Fall der Beschäftigung eines parteieigenen Wahlkampffotografen im unmittelbaren Wirkungskreis eines Ministers, ist es im Regelfall nicht. Es geht um die Feststellung von Grauzonen und deren Auflösung. Es geht um Regeln für alle Regierungen, unabhängig von deren aktueller Zusammensetzung.

Da mutete es dann seltsam an, wenn unser Ministerpräsident bei der Vorstellung des neuen Chefs der Staatskanzlei mit dem Hinweis auf den bevorstehenden Wahlkampf kokettiert. Allein dieses Beispiel zeigt aber auch, wie dringend klare Regeln zur Abgrenzung von Regierungs- und Parteiarbeit insbesondere in Wahlkampfzeiten sind.

Allerdings: Auslöser für unseren Antrag war nicht die Pressekonferenz des Ministerpräsidenten. Ursächlicher Ausgangspunkt war die Sommertour des Finanzministers im Vorfeld der Landtagswahl 2014. Die Vorgänge sind aufgeklärt, der „Schaden“ beglichen und die Entschuldigungen gesagt. Nun wollten aber alle Parteien und Fraktionen daraus Lehren ziehen und waren sich nach dem eindeutigen Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes einig, dass Vorschläge zur Abgrenzung von regierungsamtlichen Handeln und Parteiarbeit vor Wahlen erarbeitet werden sollten. Dies wurde so als Auftrag an die parlamentarischen Geschäftsführer einstimmig im Hauptausschuss im April 2015 beschlossen.

Gutachten des PBD

Denn der parlamentarische Beratungsdienst schrieb ganz eindeutig in seinem Fazit – ich zitiere „Regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit ist ein legitimer wie amtsnotwendiger Bestandteil exekutiver Kompetenzen. Dass von solcher Öffentlichkeitsarbeit als Nebeneffekt der Amtsrepräsentation wahlwerbende Effekte zugunsten der die Regierung stellenden Amtsinhaber und damit letztlich der sie tragenden Parteien ausgehen, ist bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Darüber hinausgehende Wirkungen der Öffentlichkeitsarbeit müssen sich an der Verpflichtung der Regierung zur parteipolitischen Neutralität und des daraus abzuleitenden Verbots, in den Wahlkampf einzugreifen, messen lassen. Gerade in der Vorwahlzeit muss die Regierung ihre Öffentlichkeitsarbeit auf das zur Amtsausübung unbedingt notwendige Maß beschränken. Mithin ist es verfassungsrechtlich geboten, die Ausnutzung eines Regierungsamtes und seiner Ressourcen zu personenbezogener Werbung mit abstrahlender Wirkung auf die dahinter stehenden Parteien zu unterlassen. Das Anberaumen einer Vielzahl von Terminen in der Vorwahlzeit, die auf die Person des Finanzministers zugeschnitten sind, für die ein äußerer sachlicher Anlass nicht besteht und die auf Herstellung einer Presseöffentlichkeit abzielen, ist insofern nicht anders zu bewerten als die Herstellung parteiwerbender Druckerzeugnisse mit öffentlichen Mitteln: Beides ist unzulässig, weil dadurch in den Wahlkampf eingegriffen wird, wozu die Regierung nicht befugt ist.“

Somit war die Sachlage erst einmal klar und auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1977 gibt deutliche Hinweise, wie eine Abgrenzung wenigstens aussehen könnte.

Dann dauerte es ein dreiviertel Jahr bevor der Hauptausschuss die PGFs im Januar 2016 beauftragte, die Vorlage bis zur Sitzung im April 2016 vorzulegen.

Für die Sitzung des Hauptausschusses im April 2016 legten die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion gemeinsam mit uns fast identische Anträge vor. Sie unterschieden sich nur in zwei Punkten: 1. bis wann die Landesregierung handelt sollte – bis Ende 2016 oder bis Ende 2017 – und 2. ob wahlwerbendes Auftreten als Mitglied der Landesregierung – also nicht als Parteimitglied - unzulässig sei. Darüber herrschte Dissens, obwohl genau dieser Punkt bereits durch das Bundesverfassungsgericht 1977 beantwortet wurde: ein Amt dürfe nicht für Wahlkampfzwecke genutzt werden.

Natürlich setzten sich die Koalitionsfraktionen durch und am 21.12.2017 gab es das Ergebnis des Chefs der Staatskanzlei. Dies bestand lediglich aus zwei Seiten in dem der Hinweis auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes von 1977 und auf das von 2014 zum Fall Schwesig gegen die NPD bestand. In der Diskussion im Hauptausschuss bat der Chef der Staatskanzlei darum, das Urteil im Februar 2018 zum Fall Wanka gegen die AfD abzuwarten und die Schlüsse aus diesem Urteil noch einzuflechten. Hierbei mussten wir die absurde Erfahrung machen, dass wir im Dezember 2017 auf ein Urteil verwiesen wurden, welches bereits 18 Monate vor der eigentlichen Beauftragung des CdS gefasst wurde.

Die Urteile kannten wir doch schon alle und uns ging es doch nicht darum Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zu sammeln und auszuwerten, sondern, dass die Landesregierung einen Kodex verfasst, der es allen Angehörigen der Landesregierung verdeutlicht, wie sie sich in Konfliktfällen zu verhalten hätten, insbesondere für Graubereiche.

Wie dem auch sei. Nach mehr als drei Jahre seit dem ersten Aufschlag im Hauptausschuss und gar 4 Jahre nach dem eigentlichen Auslöser hat die Landesregierung vor einem Monat im Kabinett den Schlussfolgerungen des damaligen Chefs der Staatskanzlei, Herrn Kralinski aus den Bundesverfassungsgerichtsurteilen zugestimmt. Diese Tatsache könnte man losgelöst vom Inhalt jetzt als Erfolg der Opposition werten, aber das wäre eine verkürze Wahrnehmung.

Wahr ist: Der Beschluss ist unzureichend. Weder wird der Beschluss Einzug in die GGO der Landesregierung noch als Anhang zur GGO der Landesregierung Einzug halten. In den Beschlusspunkten wird nicht beleuchtet, wie mit Fördermittelvergaben oder Terminen von Mitgliedern der Landesregierung innerhalb der 6-Wochen-Frist, in der größtmögliche Zurückhaltung geboten sei, umzugehen sei. Diese Weigerung findet man vor allem in der Ziffer 7, in der man sich wortreich vor genauen Regelungen in Wahlkampfzeiten drückt. Auch findet man nirgends ein Bekenntnis dazu eine besondere Rückhaltung auch bei Kommunal-und Europawahlen zu beachten.

>> Unseren Entschließungsantrag gemeinsam mit der CDU-Fraktion findet ihr hier als pdf-Datei

Unser Antrag wurde abgelehnt.