- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
Der Haasenburg-Skandal hat mich schwer erschüttert, als die Berichte vor zehn Jahren an die Presse gelangten. Die Kinder und Jugendlichen in den Haasenburg-Heimen erlebten dort schwerstes Leid. Sie wurden Opfer der sogenannten „schwarzen Pädagogik“. Sie wurden gedemütigt, zwangsfixiert, eingesperrt, erfuhren psychische und körperliche Gewalt bis hin zu sexuellem Missbrauch. Dass Kinder und Jugendliche in Brandenburg so etwas erfahren mussten, tut mir unendlich leid!
In ihrer Not wandten sich die Betroffenen damals an die Presse, weil es keine unabhängige Anlaufstelle für ihre Beschwerden gab.
Daraufhin wurden Auflagen an die Haasenburg GmbH erteilt, doch die Einrichtungen setzen diese nicht um. Oder sie täuschten die Ämter mit überarbeiteten Konzepten, die der Realität nicht entsprachen.
Die betroffenen Kinder und Jugendlichen kamen nicht nur aus Brandenburg, sondern teilweise aus der ganzen Bundesrepublik, aus Hamburg, Bremen, München oder Altenburg, weit weg von den zuständigen Jugendämtern. Nach dem Untersuchungsbericht der vom MBJS beauftragten unabhängigen Kommission zog die damalige Ministerin Münch 2013 die Reißleine und verfügte die Schließung der drei Heime.
Das war zur Wahrung des Kindeswohls die einzig richtige Entscheidung!
Vor dem Verwaltungsgericht Cottbus scheiterte die Haasenburg GmbH im Eilverfahren gegen die Schließungen. Anders nun im Hauptverfahren zehn Jahre später: Zu unser aller Überraschung wurde durch das selbe Gericht der Entzug der Betriebserlaubnisse für rechtswidrig erklärt und eine Revision nicht zugelassen. Um es deutlich zu sagen: Für die Betroffenen muss dieses Urteil wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Denn viele leiden noch heute unter dem Erlebten bis hin zur Arbeitsunfähigkeit.
Es kann nicht sein, dass sie nun auch noch um den Erfolg ihrer Schadensersatzklagen fürchten müssen.
Deswegen stützen wir heute Herrn Minister Freiberg in seiner Absicht, die Urteilsbegründung gründlich zu prüfen, sobald sie vorliegt. Ziel muss sein, Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen.
Außerdem fordern wir das MBJS auf, die Einrichtung eines länderübergreifenden Entschädigungsfonds für ehemalige Kinder und Jugendliche zu prüfen, die seit 1990 institutioneller Gewalt ausgesetzt waren. Und zwar eines Fonds, in denen sowohl der Bund als auch alle Länder einzahlen. Das könnte ein allgemeiner Fonds sein oder einer, der sich direkt auf die Haasenburg-Heime bezieht.
Diese Entschädigungsmöglichkeit sollte auch mit dem neuen SGB XIV abgeglichen werden, das im Januar 2024 im Kraft tritt.
Mit unserem Entschließungsantrag bekräftigen wir auch den Landtagsbeschluss der letzten Legislaturperiode als Konsequenz aus der Haasenburg.
Und wir können heute sagen: Dieser Beschluss hat Wirkung gezeigt. Brandenburg ist inzwischen tatsächlich Vorreiter bei der Wahrung der Belange von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Erziehungshilfe. Die Einrichtungsaufsicht wurde gestärkt und reagiert unmittelbar auf Beschwerden.
Kinder und Jugendliche aus den Einrichtungen treffen sich einmal jährlich, diskutieren ihre Probleme und wählen aus ihrer Mitte den Kinder- und Jugendhilfe Landesrat. Dieser vertritt ihre Interessen gegenüber dem Land. Er wurde auch beteiligt bei der Erstellung des Kinder- und Jugendgesetzes. Unterstützt werden sie dabei vom Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung.
Das Kinder- und Jugendgesetz wird ja noch viele weitere Maßnahmen zum Schutz und zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen enthalten. Wir haben in Brandenburg inzwischen auch eine Kinder- und Jugendbeauftragte
Seit diesem Jahr gibt es eine unabhängige Ombudsstelle für Kinder- und Jugendliche aus HzE-Einrichtungen in Cottbus. Laut Vorgabe der SGB VIII Reform werden es noch mehr werden. Und das ist nach all diesen Erfahrungen genau richtig so.
Denn eine Lehre aus den schrecklichen Haasenburg-Vorkommnissen muss sein: Wir müssen alles tun, um Kinder und Jugendliche vor institutioneller Gewalt zu schützen.