Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Rede im Landtag: Gesetz zur Weiterentwicklung des Brandenburgischen Hochschulsystems

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleg*innen, Werte Gäste,

Welche Bedeutung ein Gesetzesentwurf hat, zeigt nicht zuletzt die Zahl von Menschen, die davon betroffen sind. Mehr als 50.000 Studierende gibt es in Brandenburg, davon über 45.000 an öffentlichen Hochschulen. Also etwa soviel wie ganz Oranienburg oder Eberswalde Einwohner*innen haben. Hochschulen sind aber nicht nur Orte von Lehre und Forschung, sondern auch bedeutende Arbeitgeberinnen: Gut 12.000 Beschäftigte sind an Brandenburger Hochschulen tätig. Knapp 1000 von ihnen als Studentische Beschäftigte.

Wenn wir heute mit der 1. Lesung für unser neues Hochschulgesetz den Auftakt setzen für bessere Studienbedingungen und bessere Arbeitsbedingungen, dann geben wir den Hochschulen einen modernen Auftrag mit auf den Weg, um in unserer und für unsere Gesellschaft zu wirken. Und wir erreichen indirekt noch sehr viel mehr Menschen: Die Wirtschaft sucht händeringend Absolvent*innen und wir alle profitieren von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, Entwicklungen und individuellen Bildungschancen.

Nach fast zehn Jahren gibt es nun also wieder eine umfassende Hochschulgesetznovelle. Sie ist das Ergebnis eines intensiven Dialogprozesses. Sie adressiert die Herausforderungen, die in den letzten Jahren hinzugekommen sind oder sich verstärkt haben. Wir kommen wirklich große Schritte voran bei den Themen gute Arbeit, Klimaschutz, Tierschutz. Bei den Themen soziale Durchlässigkeit, Mitbestimmung und Chancengleichheit. Und bei den Rahmenbedingungen für Forscher*innen.

Was heißt das nun konkret? Wie verhindern wir prekäre Arbeit in der Wissenschaft? Die Hochschulen werden in Zukunft gemeinsam mit den Personalräten Dauerstellenkonzepte erarbeiten und sich Zielvorgaben für unbefristete Stellen mit Akademischen Beschäftigten geben. Dies macht wissenschaftliche Karrieren planbarer und fördert die Familienfreundlichkeit in der Forschung. Ich bin froh, dass die Personalräte dabei direkt mit am Tisch sitzen. Und die Hochschulen können nun neue Personalkategorien nutzen, um Befristungen einzugrenzen auf echte Qualifizierungsstellen und zeitlich begrenzte Forschungsprojekte. Die Mindestvertragslaufzeiten bei Akademischen Beschäftigten werden von zwei auf drei Jahre erhöht. Gleichzeitig bekennen wir uns zur behindertenpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, um eine inklusive und barrierefreie Wissenschaftslandschaft zu schaffen.

Was verbessert sich für Studierende? Wir schaffen die Personalkategorie der studentischen Hilfskräfte zugunsten der neuen Kategorie „studentische Beschäftigte“ ab. Zusammen mit der neuen Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr schafft das Verlässlichkeit und verhindert den Einsatz von Studierenden als Dumping-Kategorie. Zudem machen wir das Teilzeitstudium verbindlich. Damit tragen wir zur sozialen Absicherung der Studierenden bei.

Wie verbessern wir die Mitbestimmung? Wir führen eine Promovierenden-Vertretung, eine Mitgliederinitiative und studentische Vizepräsident*innen ein. Letzteres leben die Fachhochschule Potsdam und die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde schon seit Jahren erfolgreich vor.

Wie stärken wir die Forschung? Wir übertragen Fachhochschulen nun das Promotionsrecht. Diese Aufwertung der eigenständigen Forschung an unseren Fachhochschulen ist eine wirklich große Errungenschaft. Professorinnen an Fachhochschulen erhalten zudem die Möglichkeit, sich auch nach ihrer Berufung zu bewähren. Damit senken wir Hürden für angewandt arbeitende Wissenschaftlerinnen und verbessern den Transfer.

Wie verankern wir den Klimaschutz an Hochschulen? Er wird – genauso wie ein schonender Umgang mit Ressourcen – als Aufgabe der Hochschule definiert. Unsere Hochschulen sind auch jetzt schon wichtige gesellschaftliche Akteure, wenn es darum geht, unsere Lebens- und Umweltbedingungen zu erhalten und zu verbessern – durch ihre Forschung und Studieninhalte, aber auch in ihrer Rolle als große öffentliche Einrichtungen und Arbeitgeber*innen. Sei es bei der Energieeffizienz von Gebäuden, bei der Mobilität ihrer Mitglieder oder vielen andere Themen.

Wie stärken wir den Tierschutz an Hochschulen? Wir setzen klare Signale für Ethik und Verantwortung, indem wir die Voraussetzungen für ein Studium ohne Tierversuche schaffen und die Reduktion des Tierverbrauchs als Ziel festhalten. Ein tierversuchsfreies Studium wird Studierenden auf Antrag garantiert.

Wie tragen wir Sorge für diskriminierungsfreie Hochschulen? Wir führen Antidiskriminierungsbeauftragte ein, stärken die Position der Gleichstellungs- und der Behindertenbeauftragten und intensivieren die Prävention vor Fällen von sexualisierter Belästigung und Gewalt. Diese Maßnahmen sind angesichts der Vorfälle an einigen Brandenburger auch Hochschulen dringend erforderlich.

Ich halte den Entwurf schon jetzt für sehr gelungen und bin überzeugt, dass er eine echte Weiterentwicklung unsere Hochschulen anstoßen wird. Und dennoch: Was gut ist, kann auch noch besser werden, daher bin ich gespannt auf die Anhörung im Fachausschuss.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Gesetzentwurf "Gesetz zur Weiterentwicklung des Brandenburgischen Hochschulsystems" (TOP 5 der 97. Plenarsitzung)