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Rede im Landtag: Gesetz zur Weiterentwicklung des Brandenburgischen Hochschulsystems

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste,

ich freue mich sehr, dass wir heute nach mehreren Jahren Arbeit und auch mehreren Jahren Dialog über unser neues Hochschulgesetz abstimmen. Es ist ein modernes Gesetz und mit breit getragenen Kompromissen. Und ich freue mich, dass wir mit unseren Änderungsanträgen als Koalitionsfraktionen heute auch noch einmal nachlegen bei den Themen Klimaschutz, Tierschutz, „Gute Arbeit“ und Antidiskriminierung.

Bereits im Gesetzesentwurf haben wir das Recht auf tierversuchsfreies Studium vorgesehen. Mit der Unimedizin wird dieses Thema noch relevanter werden. Jetzt stellen wir klar, dass Studierende unkompliziert ohne Nachweis einer Gewissensnot die Tierversuchsfreiheit beantragen können, denn es stehen passende Alternativen zur Verfügung.

Den Klimaschutz haben wir bereits als Aufgabe der Hochschulen verankert und geben ihn nun auch den Studierendenwerken als Auftrag mit, denn sie sind zuständig für die Studierendenwohnheime und Mensen. Gerade dort liegen wichtige Stellschrauben im Baubereich, in der Energieeffizienz, aber natürlich auch bei der Essensversorgung.

Eng mit dem Klimaschutz verbunden ist auch das Thema Mobilität. Die Diskussionen um das Semesterticket und das Deutschlandticket haben die Studierendenschaften sehr beschäftigt, daher haben wir das bei den Aufgaben der Studierendenschaft aufgenommen. Bundesweit einmalig stärken wir die studentische Mitbestimmung durch studentische Vizepräsident*innen. Und ich hoffe auch, dass wir – wenn sich das Modell etabliert hat – auch bald dazu kommen können, dass die Studierenden ihre Kandidat*innen selbst vorschlagen dürfen.

Beim Diskriminierungsschutz nehmen wir die soziale Herkunft und die Inklusion auf, denn beides darf natürlich nicht ausschlaggebend für den Studienerfolg sein. Ein nächster Schritt bleibt noch zu gehen, nämlich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf alle Gruppen an Hochschulen anzuwenden, nicht nur auf Beschäftigte. Gleichwohl bin ich aber stolz, dass wir Antidiskriminierungsbeauftragte an den Hochschulen einführen und auch die Behinderten- und Gleichstellungsbeauftragten stärken. Wir erkennen bei einem Personenstandswechsel den Ergänzungsausweis für trans* und inter* Personen an, so wie dies bereits Praxis bei der Polizei und beim Bundesinnenministerium ist.

Ich will hier aber auch eine Debatte der letzten Monate noch einmal genauer nachzeichnen, die uns besonders bewegt hat. Eine Vergewaltigung im Umfeld der Uni Potsdam und auch der Übergriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin haben sicher viele nachdenklich gemacht. Bereits vor diesen furchtbaren Vorfällen haben wir im Gesetzesentwurf die Hochschulen zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet und die Gleichstellungsbeauftragen als Ansprechpersonen bei sexualisierter Gewalt benannt. Wir haben dafür gesorgt, dass nicht wie bisher nur Gewalt gegen Dinge, sondern – neu – vor allem gegen Menschen auch Gründe für Ordnungsmaßnahmen sind. Wir stellen jetzt klar, dass auch wenn eine Tat nicht unmittelbar auf dem Campus stattfindet, dies Konsequenzen haben kann. Eine Exmatrikulation bleibt immer die letzte Maßnahme bei schweren Verstößen. Es darf jedoch nicht bedeuten, dass bis zum Vorliegen eines Urteils, was Jahre dauern kann, nichts passiert.

Neben diesen sehr schwierigen Themen gibt es aber auch einige Neuerungen im Gesetz, die ich besonders feiern möchte! Als erstes: Der Dialogprozesses „Gute Arbeit“ findet sich mit vielen Einzelpunkten im Gesetz wieder. Wir schaffen hier einen Kompromiss auf Augenhöhe. Ohne Rücktritte von Präsident*innen, ohne Klageandrohungen – wie in Berlin geschehen. Als erstes Bundesland verabschieden wir uns vom abschätzigen Begriff wissenschaftlicher Nachwuchs, und bezeichnen gestandene Forscher*innen über 40 oder 50 nicht mehr als Nachwuchs, sondern als Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen.

Wir erhöhen die Mindestdauer von Erstverträgen in der Qualifikationszeit auf 3 Jahre und schaffen sachgrundlose Befristungen auf Professuren ab.

Und apropos Qualifikation: Ich feiere einen Meilenstein, für den viele Hochschulen jahre- und jahrzehntelang gekämpft haben: Wir werten die eigenständige Forschung unserer Fachhochschulen auf, indem wir ihnen endlich das Promotionsrecht übertragen.

Wir heben zudem Hürden für Lehrbeauftragte auf, die diese in besonders prekäre Situationen brachten. Gleichwohl: eine grundlegende Reform hin zu freiberuflichen Lehrkräften und natürlich auch zu mehr Dauerstellen bleibt weiter auf der ToDo-Liste.

Für studentische Beschäftigte gibt es nun erstmals eine Vertragslaufzeit von mindestens einem Jahr, um Kleinstverträge von wenigen Monaten auszuschließen. Wir machen das Teilzeitstudium verbindlich und führen eine Promovierendenvertretung ein.

Und zur Quote für Dauerstellen: Die Linke beklagt ja, die Quote stehe angeblich nicht mehr im Gesetz. Wie schon im Ausschuss gesagt, bitte keine Falschbehauptungen aufstellen! Die neuen Dauerstellenkonzepte müssen verbindliche Zielvorgaben für unbefristete Stellen enthalten. Die Quote wird nun also an den Hochschulen festgelegt und nicht mehr zwischen Präsident*in und Ministerin. Ganz ehrlich: Ich finde das viel besser als vorher. Denn nun entsteht die Quote nicht im stillen Kämmerlein bei den Hochschulvertragsverhandlungen, sondern in den demokratischen Gremien mit Beteiligung der Personalräte. Die wären vorher nämlich draußen gewesen.

Weil wir aber nicht alles im Gesetz regeln können, legen wir Ihnen noch eine ergänzende Beschlussempfehlung vor. Wir wollen eine Überarbeitung der Lehrverpflichtungsverordnung direkt im Anschluss an die Novelle. Denn wir sind momentan das einzige Bundesland, was aus der KMK-Vereinbarung ausschert. Wir brauchen aber wieder den Schutz von Qualifikationsstellen und den Schutz gegen Hochdeputatsstellen, die forschungsbasierte Lehre unmöglich machen. Zudem werden wir den Ausschluss habilitierter Personen auf Juniorprofessuren kritisch beobachten. Im Ausschuss wurden verschiedene Rechtsauffassungen deutlich, ich schließe mich bekanntermaßen der kritischen Seite an.

Aber ganz besonders feiere ich das Artikelgesetz zur BTU! Wir schaffen das Fusionsgesetz weitestgehend ab und folgen damit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Und das im Rekordtempo, denn sie lagen erst im Januar vor! Die BTU kann sich nun zur reinen Universität weiterentwickeln. Die ungleichen Rahmenbedingungen für ehemalige FH- und Universitätsmitglieder werden angeglichen und damit endlich ein langer Konflikt befriedet. Anwendungsbezogene Studiengänge bleiben selbstverständlich erhalten, diese finden sich ohnehin mehr und mehr auch an Universitäten. Selbstredend sind wir daher gegen den Änderungsantrag der AfD, der das genaue Gegenteil fordert und eine komplette Chaotisierung bedeuten würde. Ich weiß nicht, mit wem Sie da an der BTU gesprochen haben?

Noch kurz zu den anderen Änderungsanträgen: Liebe AfD, wer Studiengebühren für Ausländer*innen will, sollte im Umkehrschluss auch Studiengebühren für Deutsche im Ausland fordern. Die Hochschulen habend eindringlich deutlich gemacht, wie kontraproduktiv dieser Antrag bei sinkenden Studierendenzahlen und Fachkräftemangel wäre. Zur Abschaffung der Rückmelde- und Verwaltungsgebühren, die die Fraktion BVB-Freie Wähler beantragt: Wie hinlänglich bekannt, teilen wir das Anliegen vollumfänglich zu, lehnen den Antrag aber ab. Das sollte Thema sollte Teil der nächsten Koalitionsverhandlungen werden.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Gesetzentwurf "Gesetz zur Weiterentwicklung des Brandenburgischen Hochschulsystems" (TOP 3 der 103. Plenarsitzung)