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Sahra Damus spricht zu: Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste

das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm ist – wie so vieles gerade – unter dem Eindruck der Pandemie entstanden. Dabei können wir die langfristigen Folgen von Corona auf die Gleichstellung noch gar nicht absehen. Daher ist es richtig, dass das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm sich nicht als für die nächsten 5 Jahre in Stein gemeißelt ansieht. Stattdessen wird es erstmals als Prozess gedacht, der immer wieder ergänzt und nachjustiert werden kann.

Eine Folge der Pandemie ist der Digitalisierungsschub. Wie wirkt sich dieser auf die Geschlechter aus? Klar, Homeoffice kann die Vereinbarkeit verbessern, es darf aber nicht zur Falle für Frauen werden. Homeoffice und Teilzeit sollten gleichermaßen unter den Geschlechtern verteilt sein, damit die Digitalisierung nicht alte Ungleichheiten verschärft. Vom Hass im Netz sind Frauen besonders betroffen, Antifeminismus hat gerade enormen Aufwind in den sozialen Medien. Dieses Thema wird das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm daher in den Fokus nehmen.

Leider bleibt es aber allzu oft nicht bei virtuellem Hass. Auch die Gewalt gegenüber Frauen und Kindern ist in der Pandemie gestiegen. Im Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, die Istanbul-Konvention schrittweise umzusetzen. In den nächsten Jahren werden daher mehr Frauenhausplätze in Brandenburg entstehen und die Barrierefreiheit wird verbessert. Dies finanzieren wir aus Bundes- und Landesmitteln.

Gewaltprävention muss früh anfangen – und zwar bei allen Geschlechtern.
Sahra Damus

Der Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen war bisher Teil des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms. Um die Aufmerksamkeit für das Thema konsequent zu erhöhen, wird er nun als eigenständiges Maßnahmenpaket ausgekoppelt und weiterentwickelt. Damit erhält das Thema mehr Priorität in der Landesregierung.

Gewaltprävention muss früh anfangen – und zwar bei allen Geschlechtern. Mädchenarbeit und Präventionsprojekte sind wichtig, damit Mädchen und Frauen von Beginn an starke Persönlichkeiten werden, die selbstbestimmt leben und notfalls Grenzen aufzeigen können. Und es ist wichtig, dass Jungen von Beginn an lernen, dass Gewalt an Frauen nie eine Option ist.

Angebote für und mit Männern sind daher zu Recht ein wichtiger Teil des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms. Dabei geht es aber nicht darum, dass Männer angeblich von Gleichstellungsmaßnahmen diskriminiert würden, wie die Kolleg*innen rechts das gerne behaupten, sondern es geht um folgendes: Wenn die Chancen von Frauen sich verbessern sollen, werden sich gleichzeitig auch gesellschaftliche Rollenerwartungen an Männer wandeln. Um Geschlechterstereotype aufzubrechen, brauchen wir mehr Männer in bisher frauentypischen Berufen – als Erzieher in der Kita, als Grundschullehrer, als Pflegekraft, als Verkäufer, als Sekretär, als Assistent der Geschäftsführerin.

Auch in der Politik sind Frauen noch immer unterrepräsentiert - im Landtag, in kommunalen Vertretungen, als Bürgermeisterinnen. Parität in der Politik bleibt für uns weiterhin ein klares Ziel, trotz des Rückschlags vor dem Landesverfassungsgericht. Das Gericht hat uns ja nur gesagt, wie es nicht geht. Wir werden aber weiterhin Wege suchen, wie es geht. Das Land wird dazu ein Gutachten für weitere Handlungsmöglichkeiten beauftragen, um Parität vor allem auf der kommunalen Ebene zu erreichen, wo viele Fragen des Alltags der Menschen unmittelbar entschieden werden. Und apropos Kommunen: Auch die kommunalen Haushalte sollen in den Blick genommen werden. Daher sieht das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm ein Pilotprojekt für Gender-Budgeting in Modellkommunen vor. So kann analysiert werden, welche Ausgaben, Investitionen, aber auch Kürzungen sich wie auf die Geschlechter auswirken. Das verbessert die Entscheidungsgrundlagen der Kommune.

Geschlechterunterschiede finden wir auch im Bereich der Mobilität. Frauen nutzen mehr den Umweltverbund. Wenn aber insbesondere im ländlichen Raum kein ÖPNV oder kein Radweg vorhanden ist, sind Frauen stärker in ihrer Mobilität eingeschränkt. Die Chancen von Frauen im ländlichen Raum und generell in der Peripherie, in kleineren Städten, bilden einen wichtigen Schwerpunkt des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms. Auch außerhalb des Speckgürtels, in der Uckermark, der Prignitz, im Osten und im Süden Brandenburgs braucht es gute Bedingungen damit junge Frauen nicht abwandern, weil sie für sich keine Zukunft sehen. Das gilt besonders für die Lausitz – wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie Geschlechterrollen sich wandeln, wenn Regionen sich stark verändern, wenn Arbeitsplätze in bisher männerdominierten Bereichen wie dem Bergbau wegfallen, die bisher von Frauen besetzen sozialen Berufe dabei aber kaum im Fokus stehen. Der Strukturwandel ist auch eine Chance, alte Muster zu hinterfragen und Arbeit geschlechtergerecht neu zu denken.

Und lassen Sie mich zum Abschluss festhalten, es ist gut, dass wir mit dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm und der Istanbul-Konvention gezielt die Chancen von Frauen verbessern. Man stellt jedoch immer wieder fest, dass viele unserer gesetzlichen Grundlagen noch immer rein binär orientiert sind - also nur von Frauen und Männern sprechen. In Zukunft müssen wir Gesetze so weiterentwickeln, dass sie alle Geschlechter einschließen. In Brandenburg haben wir den bewährten Aktionsplan Queeres Brandenburg, der viele Maßnahmen zur Vielfalt der Geschlechter enthält. Das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm und der Aktionsplan Queeres Brandenburg ergänzen sich also wunderbar.

Und zu guter letzt möchte ich aus aktuellem Anlass unterstreichen: Ich bin solidarisch mit den Frauen in Polen, denen eine selbstbestimmte Abtreibung verwehrt wird, und mit LGBTIQ*, die angefeindet werden. Sie brauchen unsere grenzüberschreitende Unterstützung.