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Rede im Landtag: Hinsehen, Handeln und Helfen - Kinderschutz in Brandenburg stärken

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste,

wie gravierend die Folgen von Gewalt für Kinder und Jugendliche sind, wurde von meinen Vorredner*innen bereits sehr eindringlich geschildert. Dass wir alles dafür tun müssen, Kinder und Jugendliche vor Gewalt zu schützen, ganz gleich in welcher Form sie ausgeübt wird, das steht hier wohl außer Frage.

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche kann überall vorkommen. Aber meist findet sie nicht irgendwo weit weg statt, durch Fremde im Gebüsch, sondern im unmittelbaren Umfeld der Betroffenen und durch Menschen, die die Kinder und Jugendlichen gut kennen: in der Familie, im Verwandten- oder Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft oder bei Freizeitaktivitäten.

Betroffen sind Kinder jeden Alters, aller Geschlechter, mit und ohne Behinderung und in allen sozialen Schichten.

Der Landtag hat in dieser Wahlperiode bereits sehr viel getan, um den Kinder- und Jugendschutz zu stärken. Es gab Fachgespräche im Bildungsausschuss und einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen. Eine Kinder- und Jugendbeauftragte wurde eingesetzt, der Kinderschutz im Schulgesetz geschärft und im letzten Plenum haben wir die Einrichtung eines „Childhood Hauses“ debattiert. Das sind wichtige Schritte für mehr Prävention und Hilfe gegen Gewalt!

Insofern reiht sich auch die Aktuelle Stunde heute sowie die Diskussion über das Gesetz zum Schutz und der Förderung junger Menschen in erster Lesung sehr gut in eine Reihe von Maßnahmen der Koalition zum Kinderschutz ein.

Am Dienstag verkündete die CDU in ihrer Pressekonferenz ein Zehn-Punkte-Sofort-Programm gegen physische, psychische und sexuelle Gewalt und Missbrauch.

Darin sind auch Maßnahmen enthalten sind, die bereits umgesetzt werden, wie die verpflichtenden Schutzkonzepte in Schulen, oder die im Kinder- und Jugendgesetz enthalten sind. Die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe mit wichtigen Akteuren im Kinderschutz soll ausgebaut und verbessert werden. Alle Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, auch jenseits der erlaubnispflichtigen Einrichtungen, z. B. auch Indoorspielplätze oder Kindercafés, müssen nach dem Kinder- und Jugendgesetz Schutzkonzepte erstellen. Auch der Kinder- und Jugendmedienschutz wird gestärkt und verfassungsfeindliche Propaganda in Jugendhilfeeinrichtungen verboten.

Außerdem fordert die CDU aber auch die Nutzung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Onlinedurchsuchung und Vorratsdatenspeicherung.

Hier, liebe Frau Augustin, müssen wir Bündnisgrüne Ihnen aber eine klare Absage erteilen.

Wir haben eine Verschärfung des Polizeigesetzes im Koaltionsvertrag explizit ausgeschlossen. Denn Quellen-Telekommunikationsüberwachung ist nichts anderes als staatliches Hacking mithilfe von Trojanern, die sich in beliebige Geräte einbauen können. Selbst wenn man in der Grundrechtsabwägung zu dem Schluss käme, dass dieser erhebliche Eingriff zur Abwehr bestimmter besonders schwerer Verbrechen angemessen ist, brächte das eine viel größere Gefahr für uns alle mit sich:

Wenn der Staat Hackertools vorhält, mit denen er sich in beliebige Geräte einklinken kann, dann landen diese Tools zwangsweise irgendwann auch in den Händen von Verbrechern und Unrechtsstaaten auf der ganzen Welt. Das darf nicht passieren.

Selbst wenn wir hundertprozentiges Vertrauen hätten, dass die Fähigkeit zum Hacking durch den deutschen Staat niemals missbräuchlich eingesetzt würde, schaffen wir uns damit also ein massives Sicherheitsproblem - für die Brandenburger Firmen, für Behörden und die kritische Infrastruktur und für jeden einzelnen Menschen, der einen Computer oder ein Smartphone nutzt.

Und natürlich ist auch jeder einzelne Mensch, der einen Computer oder ein Smartphone nutzt betroffen, egal ob er sich etwas hat zuschulden kommen lassen oder nicht. Und wie Joachim Türk vom Kinderschutzbund in einer Bundestagsanhörung zur sogenannten Chatkontrolle richtig anmerkte, darf es keinen Wettstreit geben zwischen Kinderschutz und Datenschutz. Sowohl das Recht auf körperliche Unversehrtheit als auch das Recht auf vertrauliche Kommunikation sind Kinder- und Jugendrechte.

Lassen Sie mich zum Abschluss meiner Rede noch kurz etwas zum Antrag der Linken auf Einrichtung einer Stelle für eine*n Opferschutzbeauftragte*n sagen. Wir halten eine solche Stelle durchaus für sinnvoll. Es ist aber auch klar: ein solches Vorhaben ist bis zum Abschluss dieser Wahlperiode nicht mehr zu stemmen. Wir Bündnisgrüne haben deshalb dieses Projekt in unser Wahlprogramm aufgenommen und es könnte ein Vorhaben in der nächsten Legislaturperiode werden.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Aktuelle Stunde "Hinsehen, Handeln und Helfen - Kinderschutz in Brandenburg stärken" (TOP 1 der 104. Plenarsitzung)