- Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Vizepräsident, liebe Abgeordnete, liebe Bildungsinteressierte,
der Antrag der Linken: „Längst überfällige Bildungsstrategien für Brandenburg jetzt erarbeiten“ liefert mal wieder eine Steilvorlage, um hier im Landtag die Bildungskrise zu diskutieren. Das ist auch zweifellos wichtig, sehr wichtig, dass wir das Thema hier immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Und ich kann Sie alle hier beruhigen, dass ich mich nie daran gewöhnen werde.
Bevor ich aber zu all den kritischen Punkten komme, möchte ich aber noch einmal explizit feststellen: Es gibt ganz viele Menschen hier im Land, die sich tagtäglich in den Schulen einsetzen für unsere Schüler*innen und für guten Unterricht. Viele Lehrkräfte und andere im Team Schule machen einen großartigen Job! Das dürfen wir nicht vergessen. Vielen Dank dafür!
Ein Beispiel dafür ist die Oberschule in Rathenow. Trotz bröckelndem Putz und stinkender Toiletten haben sie es in die Endauswahl für den Deutschen Schulpreis geschafft. Auch wenn es am Ende nicht ganz zum Preis gereicht hat, finde ich das eine beachtliche Leistung.
Aus vielen Gesprächen mit Lehrkräften und den Lehrerverbänden weiß ich, dass viele Schulen sich mit Herzblut für die Weiterentwicklung der Schulqualität engagieren.
Es soll übrigens auch viele Schüler*innen geben, die gern zur Schule gehen, die Spaß da haben und die da auch viel lernen! Dass wir motivierte, wissbegierige, redegewandte und kritische Schüler*innen haben, dass erleben wir doch auch hier bei den Schüler*innengruppen im Landtag oder bei den Veranstaltungen von Dialog P immer wieder.
Das darf natürlich nicht heißen, dass wir die Probleme im Bildungssystem schönreden. Ja, Brandenburger Schüler*innen schneiden bei Studien im Ländervergleich nicht gut ab.
Ja, der Lehrkräftemangel wird immer stärker spürbar.
Und ja, viele Schulen sind nicht gut ausgestattet, mit der Digitalisierung geht es nur schleppend voran.
Die Coronazeit und die multiplen Krisen haben zusätzlich ihre Spuren hinterlassen. Leidtragende sind alle Kinder und Jugendlichen, aber besonders die, aus weniger begüterten Elternhäusern.
Keine Frage: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Das sind wir unseren Kindern und Jugendlichen schuldig. Das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Die drei Krisentjahre der Pandemie haben uns aber leider auch wertvolle Zeit und finanzielle Mittel gekostet, um bei Ganztag, Inklusion und Multiprofessionalität weiter voranzukommen.
Und: Es gibt in dieser Situation keine einfachen - und - wahrscheinlich auch keine schnellen Lösungen. Denn wir müssen die Frage grundsätzlich anpacken und das System Schule ganz neu denken. Schulen, als Orte zum Lernen und Leben, mit guter räumlicher und digitaler Ausstattung, an denen sich alle Beteiligten wohl fühlen, und zwar den ganzen Tag lang. Längeres gemeinsames Lernen, Inklusion, mehr individuelle Förderung und mehr multiprofessionelle Teams.
Darüber, wie die Schule der Zukunft aussehen soll, sind wir Bündnisgrüne mit Fachleuten aus Praxis und Theorie im intensiven Austausch. Und wir werden neue Wege erproben: Mit der vorhin schon erwähnten Versuchsschule und der praxisorientierten Lehrkräfteausbildung in Senftenberg.
Die Linke fordert nun eine Vielzahl von Konzepten, die entweder zum 7. März 2024 oder zu Ende Mai 2024 vorgelegt werden sollen. Ich zähle mal auf, was alles verlangt wird: Konzept zur Kapitalisierung von Lehrer*innenstellen - das ja im übrigens jetzt vorliegt - , Konzept zur Definition und zur schrittweisen Ausstattung der Schulen mit multiprofessionellen Teams, Konzept für einen landesweit verbindlichen Qualitäts- und Rechtsrahmen zur zukünftigen Umsetzung der Ganztagsbetreuung sowie ein Rahmenkonzept zur Umsetzung der digitalen Bildung.
Außerdem fordert die Linke einen Bildungsrat, der mittel- und langfristige Maßnahmen für ein Bildungsreformen in Brandenburg erarbeiten soll.
Ich habe nichts gegen gute Konzepte und auch nichts gegen Arbeitskreise oder einen Bildungsrat oder einen Bildungsgipfel.
Ich denke, bei der Erarbeitung der Wahlprogramme werden alle Parteien ihre Konzepte für gute Bildung „Made in Brandenburg“ vorlegen. Das Bildungsministerium würde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit der Erarbeitung von Konzepten beschäftigen, sondern damit, seinen Job zu machen.