- Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede]
Schön, dass wir diesen Antrag zu viert einbringen, aber bei etwas vorausschauenderer Politik wäre er gar nicht nötig gewesen. Denn was wir in den letzten Wochen an Aufregung um die drohende Schließung von zwei Schulen erlebt haben, war ein absehbares Szenario, vor dem wir mehrfach gewarnt haben. Natürlich war es ein Versäumnis, dass die Demografiekommission für die weiterführenden Schulen nicht schon vor drei Jahren eingesetzt wurde. Eine der Erkenntnisse aus der Kommission zur Zukunft der Grundschulen in der letzten Legislaturperiode war ja, dass es zwingend sei, sich auch mit den weiterführenden Schulen zu befassen. (Und man fragt sich schon, warum das Ministerium einen tagelang in irgendwelchen Kommissionen sitzen lässt, wenn deren Ergebnisse dann niemanden interessieren!) Denn es war ja klar, dass sich der Rückgang der Schüler*innenzahl von der Grundschule an die weiterführenden Schulen fortsetzen würde. Unsere Forderung nach einer weiteren Demografiekommission wurde Anfang 2015 von der SPD hier im Plenum noch als „blanker Aktionismus“ abgetan. Sie wollten die Kreisgebietsreform abwarten. Naja, daraus wurde nix, und wir haben wertvolle Zeit verloren. Und jetzt brauchen wir diesen Antrag, im vollen Bewusstsein dessen, dass die eigentlich wichtigen Entscheidungen damit nur aufgeschoben sind.
Zudem stehen wir ja im Moment vor der Herausforderung, dass offensichtlich niemand in der Lage zu sein scheint, wirklich valide Prognosen zur zukünftigen Zahl der Schülerinnen und Schüler in Brandenburg geben zu können. Rückläufige Zahlen bei manchen weiterführenden Schulen stehen sprunghaft steigenden Geburtenzahlen in 2016 gegenüber, von denen wir noch nicht wissen, ob sie einen Trend ankündigen oder nur ein Zwischenhoch sind. Wie stark die Disparität zwischen ländlichen Räumen und dem Berlin-nahen Raum zunehmen wird, scheint ebenso wieder offen, wie die Antwort auf die Frage, ob das demografische Echo (hervorgerufen durch die geburtenschwachen Jahrgänge nach 1990) am Ende durch Zuzüge und steigende Geburtenzahlen ausgeglichen werden kann.
Um die absehbaren Schwankungen auszugleichen, brauchen wir ein atmendes System. Für Grundschulen liegt der Vorschlag für Filialbildungen für die Stufen 1 bis 4 ja nun schon seit fast fünf Jahren vor. Die Bilanz zur Umsetzung sieht da ja noch recht mager aus. Warum das so ist, sollten wir auch mal diskutieren.
Die im Landtag beschlossenen Schulzentren sind ein guter Schritt und dass ihre Zahl wächst, auch Dank der Investitionsmittel des kommunalen Infrastrukturprogramms, ist erfreulich. Aber es könnten deutlich mehr sein, die Anreize sind wohl zu gering oder die Beharrungskräfte zu stark. Da könnten wir politisch deutlich stärkere Akzente setzen.
Außerdem greift es natürlich viel zu kurz, in dem Konzept für die Schulzentren nur den Zusammenschluss von einer Grundschule mit einer weiterführenden Schule zu denken. Der Gedanke der Filialbildungen ist da völlig ausgeklammert. Zu einem Schulzentrum sollten selbstverständlich mehrere Grundschulstandorte gehören und genauso wäre es sinnvoll, die Gymnasien mit einzubeziehen! Und über Fusionen von Ober- und Gesamtschulen in ländlichen Regionen nachzudenken! Es liegt doch auf der Hand, dass wir die Standort- und Schulweg-Problematik erheblich mindern könnten, wenn es gelänge, zumindest für die Sekundarstufe I alle Bildungsgänge an allen Schulstandorten anzubieten. Und dann verbindliche Kooperationen mit den (selbstverständlich wenigeren) Sek-II-Standorten festzuschreiben, die – im Optimalfall – das Abitur wahlweise nach 12 oder nach 13 Jahren anbieten sollten.
Wenn wir heute ein Moratorium beschließen, bedeutet das nur eine kurze Atempause. Über zukunftsfähige Lösungen, bei denen es am Ende möglichst keine Verlierer gibt, müssen wir uns noch verständigen. All das hätte wesentlich strukturierter ablaufen können.