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Marie Luise von Halem spricht zu “Weiterentwicklung der Begabungsförderung"

- Es gilt das gesprochene Wort !

Um es gleich deutlich zu sagen: Wir halten das gegenwärtige System der 31 Leistungs- und Begabungsklassen (LuBK) nicht für die optimale Form der Begabungsförderung. Dafür gibt es mehrere Gründe:

1. Wir wissen nicht genau, nach welchen Kriterien Schülerinnen und Schülerin eine LuBK aufgenommen werden. Zwar gibt es vom Ministerium zugelassene prognostische Tests zum Aufnahmeverfahren, die zusammen mit Aufnahmegesprächen Grundlage für die Aufnahme in eine LuBK bilden. Über die Gewichtung der Tests gegenüber den Aufnahmegesprächen allerdings wissen wir nichts. Letztlich steht es jedem Schulleiter frei, aufgrund eines Gesprächseindruckes eine Schülerin als besonders begabt einzustufen.

2. Nimmt man den prozentualen Anteil der Schülerinnen und Schüler, die in den entsprechenden Jahrgangsstufen eine LuBK besuchen, sind die Begabungen im Land unterschiedlich verteilt: In Potsdam sind es 10,2%, in Elbe-Elster 3,3% und in Ostprignitz-Ruppin nur 3,2%. Es ist doch kaum anzunehmen, dass der Anteil der hochbegabten Kinder in Potsdam 3 x höher ist als in Elbe-Elster oder Ostprignitz-Ruppin! Viel eher muss man vermuten, dass in Potsdam der Anteil der ambitionierten Eltern entsprechend höher ist.

3. Die regionale Ausgewogenheit der LuBK mit einem besonderen fachlichen Profil lässt verwundern. Es mutet merkwürdig an, wenn es z.B. LuBK mit musisch-küstlerischem Profil nur in Potsdam und in Cottbus gibt, dort aber offensichtlich ausreichend begabte Kinder für eine ganze Klasse!

4. Ob und wie weit die SchülerInnen der LuBK tatsächlich von der besonderen Förderung profitieren, lässt sich nur vermuten. Hintergrund: Die LuBK sind von den Zentralen Vergleichsarbeiten in der 6. Klasse ausgenommen und unterliegen auf sonst in keiner Weise einer besonderen Prüfung.

Was wir aber wissen: Erstens: Für den Unterricht in den LuBK werden jährlich 99 Vollzeitstellen benötigt. Das sind zwar nur 5 Mio, im knappen Bildungshaushalt aber macht Kleinvieh auch Mist.

Zweitens sagt das MBJS: „Ein (hoch)begabtes Kind kann selbstverständlich auch in einer Regelklasse durch guten individualisierenden Unterricht gefördert werden." und „Die Landesregierung hat stets betont, dass die LuBK nur eine von verschiedenen Möglichkeiten darstellen, um (hoch)begabte Schülerinnen und Schüler zu fördern, und Begabtenförderung auch in anderen Formen erfolgen kann."

Ich möchte deutlich sagen, dass ich alle Eltern gut verstehe, die ihre Kinder in LuBK schicken. Unsere Kinder haben nur eine Bildungslaufbahn und natürlich wollen wir alle die besten Chancen für unsere Kinder. Aber wir Bündnisgrüne sehen die politische Verantwortung darin, Begabungsförderung gerechter zu verteilen und die sechsjährige Grundschule zu erhalten. Deshalb stellen wir diesen Antrag auf Weiterentwicklung der Begabungsförderung.

Wir wollen Lehrkräfte in Grund- und weiterführenden Schulen befähigen, den unterschiedlichen Begabungen der Kinder besser Rechnung zu tragen. Schule inklusiv zu gestalten, heißt nicht nur, diejenigen mitzunehmen, die ihr Leben mit Behinderungen meistern müssen, sondern es heißt auch, im Rahmen eines gemeinschaftlichen Unterrichtes diejenigen besser zu fördern, die hochbegabt sind. Eine Aufrechterhaltung von Spezialklassen, wie es sie z.B. in den Sportschulen oder Mathegymnasien gibt, schließen wir dabei ausdrücklich nicht aus.

Außerdem, das ist Ihnen hoffentlich aufgefallen, ändern wir hiermit die Taktik: Wir legen heute mal keine konkreten Forderungen vor, sondern nur die Aufforderung an die Landesregierung, ein Konzept vorzulegen. Wobei der Termin 31.12., ja, der ist wohl zu eng gesetzt, darüber könnten wir im Ausschuss reden.

Aber dass Sie jetzt unseren Antrag wieder ablehnen werden – und das ist ja mit der Vorlage des Entschließungsantrages klar – und dass Sie einen so windelweichen Entschließungsantrag vorlegen, das enttäuscht mich sehr. Dass Sie nur über Perspektiven der LuBK reden, ohne ein Wörtchen darüber zu verlieren, wie ungleich verteilt und damit wie ungerecht diese Form der Förderung ist, und dass Sie den Erhalt der sechsjährigen Grundschule in Ihrem Antrag nicht einmal als Ziel erwähnen, das bestätigt mich einmal mehr in meiner Interpretation, dass die SPD in der Bildungspolitik eben einfach kleinmütig fortschreibt, was sie in der Großen Koalition begonnen hat, und die Linke, in der einzelne Leute im Ausschuss auch mal vernünftige Reden schwingen, aber nur Sonntagsreden, und die Fraktion dann, wenn es um die Abstimmung geht, eben doch nur das vermutete bildungspolitische Mikrotierchen bleibt.

Redemanuskript als pdf