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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag der CDU-Fraktion "Demonstrationsrecht friedlich ausüben"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich gehöre ja noch zu der glücklichen Generation, die in einer Zeit aufgewachsen ist, als die Welt noch in Ordnung war und die Feindbilder klar. Damals wusste man noch, was konservativ war: die CDU. Die war damals noch dafür, Frauen hinter den Herd zu stellen, redete davon, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei und Homosexualität geheilt werden müsse. Jetzt ist alles anders: Selbst die CDU befürwortet Elternzeit für Väter, ruft Integrationsgipfel ein und legalisiert die Eingetragene Lebenspartnerschaft. Die Welt ist komplizierter, auch die CDU hat sich gewandelt.

Aber in der Vorweihnachtszeit, da überkommt einen leicht die Melancholie und die Sehnsucht nach althergebrachten Ritualen. Da freut man sich über so einen Antrag: Ja, das ist genau so, wie es früher immer war!

Man reibt sich ein bisschen die Augen, wenn da von Straftaten bei Demonstrationen, insbesondere bei Castortransporten, die Rede ist und gleich im anschließenden Satz gefordert wird, 'Störer' sollten die von ihnen verursachten Kosten selbst tragen. 'Störer'? Wer sind denn Störer? War da nicht ein Unterschied zwischen 'Straftaten begehen' und 'stören'?

In diesem Antrag wird alles in einen Topf geworfen.

Und warum bei Demonstrationen anlässlich von Castortransporten? Gut, denen wäre schnell der Wind aus den Segeln genommen, wenn die Laufzeiten der Atomkraftwerke nicht verlängert worden wären. Aber was machen wir bei Fußballspielen, bei Großveranstaltungen, beim Brandenburg-Tag? Auch da sind viele Menschen und viel Polizei. Wer stört wen und wer hat die Definitionshoheit? Soll die Regelung nur für Polizeieinsätze bei politischen Demonstrationen gelten? Zahlen bei den Fußball-Polizei-Einsätzen die Fußballvereine oder die Fangruppen? Per Vorkasse beim Einlass? Mit Kaution? Jahresstörberechtigungskarten?

Und war da nicht vor genau einem Monat ein Antrag der CDU, der forderte, der Schutz der Bevölkerung dürfe nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit einzelner abhängig sein und deshalb müsse die Inanspruchnahme der Polizei durch die Bürger auch in Zukunft kostenlos sein? Gilt das nur für den Schutz der Bürger, die sich nicht auf Demonstrationen aufhalten?

Bei näherem Hinsehen ist das doch ziemlich krude. Nein, für uns kommt es nicht in Frage, die gewaltfreie Teilnahme an Demonstrationen, auch wenn sie stören sollte, am Ende durch finanzielle Hürden in Frage zu stellen, egal, wie das umgesetzt würde.

Aber Weihnachten macht ja auch versöhnlich. Nicht alle Fragen müssen lösbar sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen frohe Weihnachten, gute Erholung und ein spannendes neues Jahr. Hoffentlich bleiben Sie ungestört!