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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag „Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen"

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Wir dürften uns weitgehend einig sein, was das neue Tarifsystem der GEMA betrifft. Es ist unausgewogen. Die GEMA darf ihre Monopolstellung nicht ausnutzen. Clubs, Diskotheken, Musikkneipen und öffentliche Feste müssen auch weiterhin wirtschaftlich auszurichten sein. Sonst gehen mit der Musik an vielen Orten auch die Lichter aus.

Die Gema geht in ihrer vorgeschlagenen Änderung der Tarifstruktur von ausgelasteten Veranstaltungen aus. Die Realität ist anders. Die Verwerter rechnen mit einem Gast pro Quadratmeter Veranstaltungsfläche. Bei Veranstaltungen in der ländlichen Region werden diese Besucherzahlen aber häufig unterschritten, dort kommt manchmal nur ein Besucher auf 4 bis 5 Quadratmeter. Der Anteil der GEMA an den Umsatzerlösen würde ansteigen. Diese Angebote in ihrer Existenz zu gefährden, hilft auch keinem Künstler.

Die GEMA wird sicher nicht die Kühe schlachten, die sie melken will, aber hier muss sie nochmal anpassen, denn die vorliegende Tarifreform ist eine ernsthafte Bedrohung für viele Nischenangebote und beschneidet die Auftrittsmöglichkeiten für junge Bands. Die Kommerzialisierung der Programme würde voranschreiten müssen, um die gestiegenen Kosten einzuspielen, die Eintrittspreise müssten steigen. Das bedroht viele Veranstaltungsangebote im ländlichen Raum, wie Diskotheken und Feste. Aber auch Nischenangebote in den Städten stünden vor dem Aus.

Die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt soll nun schlichten. Natürlich unter Abwägung der Interessen der Parteien. Das ist schließlich ihre Aufgabe. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, hier eine unabhängige Schiedsstelle von politischer Seite auf ihre Aufgaben aufmerksam machen wollen, dann klingt das, als wollten Sie deren Unabhängigkeit anzweifeln?

Politischer Druck auf unabhängige Schiedsstellen und Gerichte ist leider eine verbreitete Unsitte, die dem Prinzip der Gewaltenteilung entgegenläuft. Ihre Forderung unter Punkt 1 hätten Sie sich lieber sparen sollen.

Die weiteren Apelle an die GEMA kann man unterstützen, die sind zwar wenig aussagekräftig, aber immerhin ausgesprochen wohlmeinend. Ebenso unterstützen wir den etwas besserwisserisch anmutenden Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen.

Der aktuelle Verwertungsstreit zeigt aber einmal mehr den Reformbedarf des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes auf Bundesebene. Die mangelnde Transparenz und die Monopolstellung der GEMA wird seit Jahren kritisiert. Das System der gesetzlichen Aufsicht der Verwerter bedarf dringend einer Überprüfung. Die Entscheidungsstrukturen der GEMA sind undurchsichtig, nur ein Bruchteil der GEMA-Mitglieder kann sich beteiligen. Vertreter der Berliner Clubszene kritisierten zu Recht: "Wir fürchten, dass das Geld bei den Dieter Bohlens dieser Welt und nicht bei den kleinen Akteuren ankommt." Über den Verteilungsplan der Gelder entscheiden nur ca. 3.400 der insgesamt ca. 64.000 GEMA-Mitglieder, nämlich die umsatzstärksten bzw. großen Verlage. 65 Prozent der eingenommenen Gelder der GEMA fließen an fünf Prozent ihrer Mitglieder. Der kleine Künstler bleibt von vielen Entscheidungen über die Vergütung seiner Werke ausgeschlossen. Nicht nur das neue Tarifsystem der GEMA muss überdacht werden, sondern auch die innere Verfasstheit bedarf einer demokratischeren Ausrichtung.

Ansonsten kann man nur hoffen, dass sich Cafés und Veranstalter bei überbordenden Kosten mit GEMA-Lizenz-freier Musik versorgen. Lizenzen wie Creative Commons bieten ja bereits moderne Alternativen.

Die GEMA ist dann das alte System.