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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag "Wissenschaftsstandort Brandenburg wettbewerbsfähig gestalten und Synergien zu Berlin nutzen"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede,
Ich bin etwas verwundert über diesen Antrag. Auf der einen Seite wird darin gefordert, dass die Hochschulstrukturkommission unabhängig von politischen Vorgaben und streng wissenschaftsgeleitet arbeiten soll. Wissenschaftgeleitet: ja! Aber unabhängig von politischen Vorgaben: nein! Natürlich muss die Politik hier den Rahmen vorgeben!

Auf der anderen Seite stellt die FDP hier selbst politische Forderungen auf, die die Kommission bei ihrer Arbeit zu beachten habe. Das entbehrt der Logik. Ich weiß nicht so richtig, wozu wir diesen Antrag eigentlich brauchen.

Zu den Inhalten: Ja, auch wir wollen eine wettbewerbsfähige und gut ausfinanzierte Hochschullandschaft in diesem Land. Aber das ist doch genau der Knackpunkt: Wenn die Ausgaben des MWFK so zu reduzieren sind, wie die Landesregierung es beschlossen hat – um es deutlich zu sagen: wir tragen diese Kürzungen nicht mit, für uns haben Bildung und Wissenschaft Priorität und müssen vom Sparen ausgenommen werden – wenn das aber die Vorgabe ist, dann ist es natürlich die Aufgabe von Politik, die Struktur der Hochschullandschaft in Brandenburg so zu verändern, dass sie ausfinanziert und wettbewerbsfähig bleibt. Dass sich die Politik dabei einer wissenschaftlichen Kommission bedient, sehen wir, was das Vorgehen angeht, genauso positiv wie die Eingrenzung der Kommissionsarbeit durch politische Vorgaben. Das Ziel hingegen, die Einsparungen, sehen wir mit Sorge.

Die Strukturkommission: Laut Besetzungsliste sind die Mitglieder fast ausschließlich Wissenschaftler. Schon um ihrer eigenen Reputation willen werden sie sich natürlich von wissenschaftlichen Kriterien leiten lassen. Ihnen das explizit vorzuschreiben, ist eher peinlich.

Synergien mit Berlin: Wir müssen endlich aufhören, nur Brandenburg im Blick zu haben – zumal, wenn wir unseren Ruf im Wissenschaftsbereich nicht schmälern wollen. Dort sind Kooperationen deutschlandweit, europaweit, ja weltweit an der Tagesordnung. Wie sonst sollte Wissenschaft auf hohem Niveau stattfinden? Dies ist einer der wenigen Punkte im Antrag der FDP, den wir aus vollem Herzen unterstützen können. Wir brauchen endlich eine bessere Absprache mit den Berliner Hochschulen. Die Wissenschaftler selber haben dies meist schon erkannt. Viele Anträge in der Exzellenzinitiative sind gemeinsam von Brandenburger und Berliner WissenschaftlerInnen gestellt worden.

Aber wir haben viel zu viele Doppelangebote und Parallelstrukturen. Die Universitäten Berlin und Potsdam z.B. liegen nicht weiter auseinander als die einzelnen Gebäude anderer Großstadtuniversitäten. Doppelangebote innerhalb des Landes oder mit Berlin gilt es zu reduzieren, bzw. zusammenzulegen. Es war richtig, an der BTU Cottbus keine klassische Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät einzurichten und auf eine eigene Medizinische Fakultät in Brandenburg zu verzichten. Wir sind auch nicht der Meinung, dass SonderpädagogInnen und KunstlehrerInnen unbedingt an beiden Orten ausgebildet werden müssten. Nein, die Forderung muss lauten: Wir brauchen eine bessere Kooperation statt kleinmütiger regionaler Eitelkeiten! Das muss gleichzeitig aber auch bedeuten, dass ein und dieselbe Studierende je nach Fächerkombination auch in beiden Ländern gleichzeitig studieren kann.

Hier geht es nicht nur um ein Streichkonzert, sondern die Chance, Wissenschaft zu konzentrieren, um kräftig genug für Drittmittelforschung und Entwicklungen zu sein oder sich Nischen zu suchen, die ansonsten in der Wissenschaft nicht besetzt sind.

Wir müssen aber doch in Frage stellen, ob das Thema 'gemeinsamer Wissenschaftsraum Berlin-Brandenburg' in der jetzigen Strukturkommission richtig platziert ist. Die Strukturkommission muss in unseren Augen jedoch zügig zu einem Ergebnis kommen, um überhaupt die notwendigen Veränderungen in der Hochschullandschaft von Brandenburg angehen zu können. Hier werden dann nämlich keine Schalter umgelegt und Ergebnisse sofort umgesetzt, sondern die Umsetzung wird teilweise Jahre in Anspruch nehmen. Wir können nicht sofort Jurastudierende nach Frankfurt schicken oder Studierende der BWL aus Cottbus verjagen. Die Studierenden haben ein Recht darauf, Ihren Studiengang in einer angemessen Zeit dort zu Ende studieren zu können, wo sie auch angefangen haben.

Fazit: 1. Es ist aus unserer Sicht vollkommen in Ordnung, dass diejenigen, die die Kommission bestellen, auch die politischen Leitplanken dafür setzen. 2. Wir glauben nicht, dass die Arbeit der Strukturkommission durch diesen Antrag wahrnehmbar verbessert würde. Und 3., wollen wir eine bessere Abstimmung innerhalb der gesamten Wissenschaftsregion Berlin-Brandenburg. Vielleicht beauftragen wir ja damit im Herbst nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl mit gestärktem grünen Einfluss das dafür sehr viel zuständigere Gremium: nämlich den Wissenschaftsrat!