- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Anrede!
Wir reden heute nur über eine Zwischenetappe auf dem Weg hin zu einem novellierten Musikschulgesetz und das ist gut so. Bevor wir den Gipfel erklimmen, müssen noch einige Ausrüstungsfragen geklärt werden.
Bei dieser Zwischenetappe gibt es viel Begrüßenswertes: Musik ist Teil der kulturellen Bildung und die Debatte darüber vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen per se wünschenswert. Auch der vorgelegte Bericht ist insgesamt ein Gewinn, wirft er doch viele Fragen auf.
Wir begrüßen im Großen und Ganzen den Vorschlag, die bisher getrennten Verfahren zur Bestimmung der Förderfähigkeit von Musikschulen und zur Berechtigung zum Führen der Bezeichnung 'Anerkannte Musikschule im Land Brandenburg' zusammen zu legen. Man fragt sich, welche Gründe eigentlich bislang dagegen gesprochen haben?
Erfreulich sind auch die Bestrebungen, einheitliche Qualitätskriterien zu formulieren und das geplante Zertifizierungsverfahren in externe Hände zu legen.
Auch die Änderung des Finanzierungsschlüssels von erteilten Stunden hin zu unterrichteten Menschen ist auch aus unserer Sicht grundsätzlich sinnvoll. Unterichtete Stunden zu bezuschussen, bevorzugt den Einzelunterricht und geht zu Lasten der Breitenwirkung.
Aber es bleiben noch viele Fragen offen:
1. Was bedeutet die Mittelzuweisung nach unterrichteten Menschen für die peripheren Räume? Dass Kurse nur bei einer Mindesteilnehmerzahl zustande kommen können und damit das kulturelle Angebot am Ende weiter ausgedünnt wird?
2. Wie regeln wir einen sinnvollen Ausgleich zwischen Spitzen-, bzw. Begabtenförderung und Breitenwirkung, wenn der Zuschuss nur nach der SchülerInnenzahl bemessen wird? Bleiben die Hochbegabten zwangsläufig auf der Strecke?
3. Auch wenn die meisten Musikschulen sozial Bedürftigen eine Ermäßigung einräumen, dann gibt es doch zu denken, wenn – wie aus dem Bericht zu entnehmen, nur 3,9 % der Gesamtschülerschaft (2008) von einer Ermäßigung profitieren. Das kann viele Gründe haben, die ändern aber nichts an der Tatsache, dass die soziale Ausgewogenheit offensichtlich mangelhaft ist.
Bei durchschnittlichen Jahresunterrichtsgebühren von 400-600 EUR ist das von der Bundesregierung gepriesene Bildungspaket natürlich nur ein Lächerlichkeitspäckchen. - Und ja, es auch ist richtig, dass der Anteil der Landesförderung an der Gesamtfinanzierung nur 10 % ausmacht. Aber dass deshalb und mit dem Verweis auf komplizierte Datenerfassung auf gezielte Förderung sozial Benachteiligter verzichtet wird, ist doch ein Armutszeugnis.
Noch schwieriger ist es 4. für die Menschen mit Behinderungen: Deren Anteil an der Gesamtschülerschaft der Musikschulen beträgt lediglich 0,94 %. Mit Inklusion hat das nichts zu tun.
Man mag vielleicht ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, dass die Landesregierung aufgrund des geringen Anteils der Landesförderung kaum soziale Lenkungswirkung erwartet und sich deshalb vor dem erwartbar hohen Verwaltungsaufwand scheut. Sich wegzuducken und diese Fragen ohne jegliche Hilfestellung allein den Kommunen bzw den einzelnen Musikschulen überzuhelfen, ist nicht der richtige Weg.
Wir appellieren deshalb an die Landesregierung, bis zur Einbringung des neuen Musikschulgesetzes genau zu prüfen, ob nicht z.B. soziale Aspekte genau wie ein vernünftiger Ausgleich zwischen Breitenwirkung und Begabtenförderung in den Katalog der Qualitätskriterien Eingang finden können.
Darüber hinaus stellt sich 5. die Frage, wie Musikschulen mit der 'normalen' Schule verzahnt werden können. Welche Rolle könnten Musikschulen bei der Ausgestaltung von Ganztag spielen? Vor allem, wenn im Grundschulbereich immer wieder davon geredet wird, Kunst- und Musikunterricht könnten zusammen gelegt werden?
Und noch eine letzte, 6. Frage: Woher kommt der qualifizierte Nachwuchs bei den Musiklehrerinnen und -lehrern und auf welcher Basis wird und will er arbeiten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die heutige Debatte hat viele Anregungen gegeben, lassen Sie uns am Rüstzeug arbeiten und gespannt sein auf die nächste Etappe.