- Es gilt das gesprochene Wort! -
Anrede!
Die Regierung in Großbritannien sah in den Olympischen Spielen 2012 ein ideales Pilotprojekt für mehr Bürgerbeteiligung und schulte nicht nur Bürgerinnen und Bürger bei der Wahrnehmung der eigenen Rechte, sondern machte es sich zum Ziel, sie offensiv über Gesamtkalkulationen und Kostenschwankungen im Verfahren zu informieren. Das wirkte sich nicht nur auf Bauzeit und Kosteneffizienz positiv aus, sondern auch auf die Zustimmung: 89 % der Bevölkerung in den an die Veranstaltungsstätten grenzenden Ost-Londoner Stadtteilen identifizierte sich mit den Spielen, 2% mehr als im Landesdurchschnitt. - Man wage mal kurz einen Gedankensprung nach Schönefeld!
Öffentliche Verwaltungsdaten sind ein öffentliches Gut. Ihre Erhebung wird mit Steuergeldern finanziert. Dort, wo diese Daten im Interesse der Allgemeinheit sind und die Rechte Dritter gewahrt bleiben, müssen sie deshalb auch öffentlich zugänglich sein.
Dass Brandenburg bei diesem Thema Nachholbedarf hat, wurde schon bei der Debatte zur Novellierung des Akteneinsichts- und Informationsgesetzes deutlich. Dem rot-roten Regierungsentwurf wurde bei der Anhörung im Innenausschuss ein vernichtendes Urteil ausgestellt: Er 'ignoriere die Entwicklung', sei 'aus der Zeit gefallen', mache 'ratlos'. 'Transparenz sollte die Regel sein' und 'Ausnahmen die Ausnahme', so waren die Mahnungen der Fachleute. Um so mehr freute uns die gute Bewertung unseres bündnisgrünen Gesetzentwurfs zum Thema. Dieser geht nämlich im fünften Abschnitt auf die modernen Ansätze von „Open Data“ ein: Behörden sind gehalten, bestimmte Informationen vor allem aus dem Verbraucherschutz und Umweltbereich von sich aus - also ohne explizite Antragstellung! - zu veröffentlichen.
Open-Data meint aber noch mehr als die Veröffentlichung von 'fertigen' Daten, Berichten oder Konzepten. Open Data meint im Wesentlichen die Echtzeit-Offenlegung der eigentlichen Quelldaten, die im Rahmen der Verwaltung anfallen, also hauptsächlich Officedateien und Datenbankinhalte. Mit unserem Antrag zielen wir darauf ab, diese Daten in einem möglichst einheitlichen und dokumentierten Zugriffsformat an einer Stelle bereit zu stellen, um auch Weiterverwendung in Echtzeit zu ermöglichen. Sämtliche App-Entwicklungen für Smartphones gehen in diese Richtung. Das Ziel ist es, die auf Kosten der BürgerInnen erhobenen Daten diesen auch zur Verfügung zu stellen, damit sie mit ihrer Kreativität aus den Verwaltungsdaten Neues schaffen können.
Das geht aber nur, wenn eben gerade nicht nach jetzigem Muster irgend welche fertigen Berichte im PDF-Format auf den Seiten der Ministerien im Netz veröffentlicht werden.
Stellen Sie sich vor, Krankheitsausfälle von Lehrerinnen und Lehrern würden landesweit erfasst und online einsehbar. Natürlich ohne Nennung von Namen, nur die zu vertretenden Stunden, Schulort, Schulform, Lehrfach und Klassenstufe. Da gäbe es doch sicher kluge Köpfe, die eine mobile Vertretungslehrer-App programmieren würden: Wo ist die schnellste Vertretungshilfe? - Aber das funktioniert natürlich nicht mit den nachträglich erstellten Statistiken zum Unterrichtsausfall, sondern nur mit Echtzeitdaten.
Die Europäische Union sieht in solchen Portalen ein erhebliches Potential zur Steigerung der Wertschöpfung: Sie rechnet bis zu 40 Mrd. EUR pro Jahr bezogen auf die gesamte EU. Vielleicht könnte da auch für uns was abfallen. Köpfe haben wir, allein in Potsdam gibt es 6.000 Arbeitsplätze in der IT-Branche.
Die Landesregierung hat sich leider bislang als enorm zögerlich erwiesen, was Offene Daten und Open Government betrifft. Vor dem Start des Datenportals von Bund und Ländern (www.govdata.de) im März wurde darauf verwiesen, dass man auf einheitliche Standards warte. Danach wurde klar, dass bis 2015 zumindest für ein weiteres Engagement beim Thema Offene Daten überhaupt keine Mittel eingeplant sind. Man wolle „zu gegebener Zeit eine Entscheidung“ fällen, „strategische Überlegungen“ seien derzeit nicht angezeigt. Immerhin sei man in einer Arbeitsgruppe.
Vielleicht geht es ja jetzt ein bisschen schneller. Auch wenn dieser Antrag von der Opposition kommt, so gab es von der SPD (Ina Muhß) immerhin auch eine Kleine Anfrage. Und mit London muss man sich ja nicht gleich messen.