- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Bevor auch ich über die konkrete Ausgestaltung des vorliegenden Gesetzentwurfes rede, möchte ich doch gerne etwas zu dem Warum sagen:
Die im Antrag enthaltene Problembeschreibung lautet folgendermaßen: „Das Landesjugendamt nimmt als Landesoberbehörde die Aufgaben des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe wahr. Im Rahmen der Modernisierung der Landesverwaltung sollen diese Aufgaben dem zuständigen Ministerium übertragen werden. – Daneben sind die fachspezifischen Aspekte der Kinder- und Jugendhilfe bei der Kommunalaufsicht stärker zu gewichten. Deshalb soll die Übertragung der Rechtsaufsicht über die örtlichen Träger der Jugendhilfe (Kommunalaufsicht für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe) vom Ministerium des Inneren auf das für Jugend zuständige Ministerium erfolgen."
Das bedeutet im Klartext: Es gibt gar kein Problem! Irgendwer hat den Zug auf's Gleis gesetzt, ohne Sinn und Zweck, und jetzt denken alle nur noch daran, die Weichen ein bisschen mehr nach links oder nach rechts zu stellen, und keiner fragt mehr danach, warum der Zug überhaupt fährt.
Denn was wir hier vor uns haben, ist – ähnlich wie das Schulbehördenreformgesetz, das wir morgen diskutieren – die gehorsame Umsetzung eines der sogenannten Modernisierungsvorhaben, die sich ein kleiner Kreis um den damaligen Innenminister Woidke im Herbst 2011 ausgedacht hat, offensichtlich ohne Einbindung der jeweiligen Fachminister, und – es verwundert nicht: auch hier ohne sachliche Begründung. Da steht nur, dass es passieren soll. Eine seltsam undemokratische Form von Regierungshandeln. Und man muss sich natürlich fragen, warum die Ministerin das so brav mitmacht, wenn sie es doch selbst nicht begründen kann, warum es nötig ist.
Der jetzt nachgeschobene Grund für das Schulbehördenreformgesetz, nämlich die Personaleinsparungen, wird hier nicht erwähnt. Auch die Anzuhörenden machten deutlich, dass sie keine sehen.
Wenn ich also das ganze Vorhaben grundsätzlich für ziemlich unnötig halte, jetzt doch noch ein paar Sätze zur konkreten Ausgestaltung:
Dreh- und Angelpunkt der Kritik sind die Beschlussrechte des jetzigen Landesjugendhilfeausschusses, deren Wegfall durch die erweiterten Befassungs- und Informationsrechte nicht aufgewogen werden kann. Das ist sowohl aus dem Fachgespräch beim SFBB im September als auch aus der Anhörung deutlich geworden. Wie beim Schulbehördenreformgesetz werden auch hier engagierte Akteure, die über viele Jahre verantwortlich gearbeitet haben, zum Spielball ministerieller Willkür. Denn dass sich die Beschlussrechte auch bei einer Eingliederung theoretisch aufrecht erhalten lassen würden, haben mehrere Fachleute bestätigt.
Zu kritisieren ist außerdem, dass durch den Wegfall der Beschlussrechte faktisch die Zweigliedrigkeit aufgehoben wird, da die Verwaltung nicht mehr an die Beschlüsse des Ausschusses gebunden ist. So zumindest die Position der Liga, gestützt durch die Aussagen des 14. Kinder- und Jugendberichtes der Bundesregierung.
Übrigens: Die Änderung der Regierungsfraktionen in Artikel 1, Absatz 2, im Satz 2 dem Ausschuss das Recht zuzugestehen, Beschlüsse fassen zu dürfen, ist ein ziemlich dümmlicher Versuch, die Beteiligten für blöd zu verkaufen: Was nützt ein solches Recht, wenn es keinerlei Bindungswirkung nach sich zieht?
Also: A gibt es gar keinen Handlungsbedarf, B verbessert das Gesetz gar nichts, sondern stiftet nur Unfrieden. Und es kommt noch ein Punkt C: Im Bericht der Expertenkommission zur Haasenburg sind so eklatante Defizite bei der Heimaufsicht deutlich geworden, dass es aus Sicht der Oppositionsfraktionen noch weniger Sinn macht, jetzt neue Strukturen festzulegen, bevor wir wissen, welche Konsequenzen wir aus dem Haasenburg-Skandal eigentlich für die Heimaufsicht ziehen sollten. Also wenn Sie den Zug schon auf den Schienen lassen, dann ziehen Sie jetzt wenigstens die Notbremse!