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Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung und zur Änderung des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Was wir hier vor uns liegen haben, ist zwar kein Gesamtkunstwerk, aber zumindest die Rohmasse für ein Backwerk, das wahrscheinlich eines Tages ganz schön fortschrittlich sein wird.

Die einzelnen Zutaten unterliegen zum Glück nicht den EU-Vorschriften zur Mindesthaltbarkeit. Das ist auch gut so. Denn im Gegensatz zu so manch anderen Vorhaben der beiden beteiligten Ministerien MBJS und MWFK sind hier die Beteiligten mit der Vorlage des ersten Konzeptes im November 2011 frühzeitig eingebunden worden. Ein Bienchen für die beiden Ministerinnen!

Wir begrüßen die Grundausrichtung des Gesetzentwurfes: die Neuordnung der Lehrämter nach Schulstufen statt wie früher nach Schulformen, die Aufwertung des Lehramtes Primarstufe in Bezug auf die Ausbildungsdauer, die frühere Einbindung von Praxisphasen in die Ausbildung und den Fokus auf Weiterbildung.

Und doch fehlen in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes noch manche Zutaten und andere dürfen weiter geknetet und gewürzt werden:

  1. Das unbezahlte Praxissemester während des Masterstudiums, oft verbunden mit immensen Fahrtwegen zu den Schulen, ist für viele Studierende, die nebenher Geld verdienen müssen, Eltern sind oder Angehörige pflegen, schwer zumutbar. Dem Anspruch, ein Studium auch in Teilzeit absolvieren zu können, wird das nicht gerecht. Gleiches gilt, wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen, für die Referendariatszeit.

  2. Die Betreuung an den Ausbildungsschulen lässt Fragen offen: Verantwortlich sind SchulleiterIn zusammen mit den AusbildungskoordinatorInnen – befürchtet Fr. Prof. Lemmermöhle hier zu Recht eine „erhebliche Verantwortungsdiffusion“? Stehen diesen AusbildungskoordinatorInnen ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung? Und wer bereitet sie vor für diese anspruchsvolle Tätigkeit?

  3. haben wir ein echtes Problem, nämlich mit der Besoldung: Wir gleichen das Studium für das Lehramt Primarstufe in der Länge dem für Sek I/II an, haben also die gleiche Regelstudienzeit, den gleichen Abschluss und den gleichen Vorbereitungsdienst, stufen aber die Lehrkräfte für die Grundschule und Sek I als Einstiegsamt weiterhin in die Besoldungsstufe A 12 und die Sek II-Lehrkräfte in die A 13. - Wir werten die Ausbildung auf, weil wir wissen, dass wir den frühen Jahren in der Bildung eine ganz andere Relevanz zuweisen müssen. Aber die Antwort liegt doch nicht in solch abstrusen Zwittern! Wir haben jetzt schon das Problem, dass uns Lehrkräfte für die Primarstufe fehlen, das Lehramt machen wir doch nicht dadurch attraktiver, dass wir zwar das Studium verlängern, aber – Pech gehabt! - trotzdem weniger bezahlen! Ein Stufenplan zur Angleichung sollte das Mindeste sein, worüber wir hier verhandeln

  4. Um den personellen Mehrbedarf der Uni durch die Studienzeitverlängerung zu kompensieren, sieht der Gesetzentwurf vor, die Studienplätze für die lehramtsbezogenen Bachelor-Studiengänge von jetzt ca. 700 jährlich auf künftig 600 zu reduzieren. Das ist angesichts des absehbaren Lehrermangels mehr als fahrlässig!

    Kleiner Exkurs zum Thema Bedarfsplanung: Dass es den zuständigen Ministerien in Berlin und Brandenburg immer noch nicht gelingt, eine gemeinsame Lehrkräftebedarfsplanung zu erarbeiten, geschweige denn ihre Lehrerbildung abzustimmen, halte ich weiterhin für ein Armutszeugnis! Und

  5. ist es richtig gut, dass künftig eine Feststellung der individuellen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Lehrkraft erfolgt. Aber das reicht nicht: Wir müssen den künftigen Lehrerinnen und Lehrern auch genau sagen, was von ihnen erwartet wird. Und um die unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen in guten Einklang zu bringen, reicht es auch nicht, sie einmal zu erfassen, sondern die Menschen müssen auf dem Weg kontinuierlich unterstützt und begleitet werden. 'Potentialentfaltung' ist hier das Schlüsselwort, nicht 'Verhinderung'! Richtig gut ist auch,

  6. das werden Sie von uns nicht anders erwarten - die Eingliederung inklusionspädagogischer Inhalte in künftig jede Form der Lehramtsausbildung. Dass die inklusive Schwerpunktsetzung nur im Lehramt Primarstufe zugelassen wird, ist hoffentlich nur ein Geburtsfehler, den die KMK schleunigst wettmacht

  7. Wir werden also noch ein bisschen kneten und würzen, und das Ergebnis wird hoffentlich bekömmlich!