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Marie Luise von Halem spricht zum Haushaltseinzelplan 6 - Wissenschaft, Forschung und Kultur

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Anrede,
Bei der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses wurde uns - wenn auch ohne vorherige Information - nochmal die ganze Palette außeruniversitärer Forschungseinrichtungen präsentiert: Fraunhofer, Helmholtz, Leibniz, Planck, als Dachgesellschaften mit jeweils einer beeindruckenden Vielzahl in Brandenburg angesiedelter Forschungsinstitute. Was wir da haben in unserem Bundesland, ist ein großer Schatz. Dass dieser Schatz für jeden investierten Euro eine mehrfache Rendite abwirft, wurde uns vorgetragen, genauso wie die Wunschliste dieser Forschungsinstitute: anständige Infrastruktur, Hilfe bei Ausgründungen, und eine verlässliche und ausfinanzierte Hochschullandschaft. Anderenfalls verschenken wir dieses großartige Potential und können es nicht zum Gewinn für Brandenburg nutzbar machen.

Die Hochschullandschaft allerdings schwimmt in riskanten Wassern, bedroht von kleinen Fischen wie auch großen. Die kleineren sind z.B.:

1. Die Vorgabe, frei werdende Professuren nicht neu besetzen zu dürfen, führt zu zunehmend untragbaren Studiensituationen.

2. Der von der Landesregierung kürzlich vorgelegte Bericht zur notwendigen Einführung akademischer Studienangebote für Pflege und Gesundheit errechnet hierfür einen Finanzbedarf in Höhe von jährlich mind. 3,2 Millionen. Bedarf ja, aber an die Umsetzung wird erstmal nicht gedacht.

3. Der Bedarf an Sonder- bzw. Inklusionspädagogen ist dringend, die Einführung entsprechender Studiengänge an der Uni Potsdam wurde nun vom Landtag ohne finanzielle Unterfütterung beschlossen. Die richtigen Konzepte für die Inhalte fehlen jedoch und wurden erstmal auf die lange Bank geschoben, ein im wahren Wortsinne 'zukunftsweisender' Zeitplan.

4. Thema Lehrerbildung: Da stehen wir vor der Herausforderung, mit weniger Geld mehr Lehrerinnen und Lehrer besser auszubilden.

5. Das Hochschulgesetz steht vor der Novellierung und

6. lähmen die beiden Hochschulstrukturkommissionen die Arbeit der Hochschulen, keiner kennt das Ziel der Reise, sicher ist nur die Ungewissheit.

So wird ein Hochschulsystem beeinträchtigt, das heute schon gekennzeichnet ist durch überfüllte Hörsäle, Seminare mit über 100 Studierenden, mangelhafte Betreuungsangebote für Studierende, Missstände bei den Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter, immer mehr Lehrbeauftragte in prekären Beschäftigungsverhältnissen und eine schlechte allgemeine finanzielle Ausstattung. Im Bundesvergleich ist Brandenburg nicht nur auf den schlechtesten Plätzen in Bezug auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Wissenschaft, sondern auch bei der Betreuungsrelation bei den Studierenden.

Und es droht noch schlimmer zu werden, jetzt kommen die dicken und gefährlichen Fische:

Die Zahl der Studierenden wird sich in den nächsten Jahren nicht reduzieren: Die vom HIS-Institut für Hochschulforschung erstellte Studie vom Juni diesen Jahres prognostiziert trotz des demografischen Wandels in etwa gleichbleibend hohe Studienanfängerzahlen bis 2025. Dessen ungeachtet kürzt die Landesregierung bei den Hochschulen, belegt sie mit einer globalen Minderausgabe in Höhe von 12 Mio und reicht die Hochschulpaktmittel nicht vollständig weiter. Vor dem Hintergrund, dass mehr als 85% der jetzigen Mittel für Personal ausgegeben werden, sind diese Kürzungen kaum verkraftbar.

Hochschulpakt

Aufgrund des erwartbaren Andrangs Studierender haben Bund und Länder den Hochschulpakt 2020 vereinbart. Brandenburg hat sich darin verpflichtet, die Studienanfängerzahlen aus dem Jahr 2005 konstant zu halten. Das ist passiert, sogar mit erheblichen Steigerungen, und alle waren stolz darauf. Diese Studierenden sind nun im System Hochschule und haben ein Recht auf gute Betreuungs- und Studienbedingungen.

Jetzt hat der Bund 25 Millionen Euro im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 für Brandenburg angekündigt. Davon werden im Etat des Wissenschaftsministeriums lediglich 15 Millionen als Einnahmen verbucht – wenn auch mit dem Hinweis, Mehreinnahmen 'dürften' - nicht 'müssten' - 'dürften' weiter gegeben werden! Und von diesen 15 Mio wurden zuerst nur 10 Mio an die Hochschulen weitergereicht. Das ist dann allerdings doch aufgefallen, es werden jetzt 15 Mio weiter gegeben (wozu das Land im Übrigen verpflichtet ist!), wenn auch die 5 zusätzlichen Mio den Rücklagen für den Hochschulbau entnommen werden. Insgesamt also ein eher fauler Taschenspielertrick.

Und wo bleiben die 10 Mio Differenz zwischen den vom Bund angekündigten 25 Mio gegenüber den eingestellten 15 Mio? Was macht die Landesregierung mit dem Geld, das für zusätzliche Stellen an den Hochschulen und für ein qualitativ hochwertiges Studium zweckgebunden ausgegeben werden muss? Es fehlen 10 Millionen zweckgebundener Mittel, die nach der entsprechenden Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern zwingend weiter gereicht werden müssen! Was passiert damit? Verschwinden sie in Markovs hungrigem Säckel? - Wir haben hier keinen Änderungsantrag gestellt, weil diese Gelder einerseits überhaupt nicht im Haushalt auftauchen und andererseits zwingend weiter gereicht werden müssen. Aber Sie können sicher gehen, wir werden genau hinsehen!

Was wir allerdings ändern wollen, ist die Globale Minderausgabe, im Paket wollen wir diese 12 Mio als globale Minderausgabe in den Landesbetrieb Straßenwesen verschieben, dort ist nach unserer Einschätzung durchaus noch Beton locker zu machen, der besser in Bildung investiert wäre. Im Finanzausschuss fiel ein interessantes Argument gegen diesen Deckungsvorschlag: Das ginge nicht, man müsste ja Leute kündigen, das sei so kurzfristig gar nicht machbar. Klar – an den Hochschulen ist das wegen der Vielzahl prekärer und befristeter Beschäftigungsverhältnisse leichter – und das scheint auch in Ordnung so zu sein. Auch so kann Prioritätensetzung aussehen.

Den Hochschulen wird durch die Globale Minderausgabe der Freiraum genommen, eigene Prioritäten zu setzen. Sie kürzen dort nämlich gerade die Hälfte der Mittel, die nicht durch Personalausgaben gebunden sind. Wie hier noch Freiräume sein sollen, um Forschungsanträge, Anträge zum Exzellenzwettbewerb, zusätzliche Tutorien, Maßnahmen zur Frauenförderung oder für Anreizmechanismen für eine bessere Profilierung, sehen wir nicht. Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich die Drittmitteleinwerbung entwickelt. Bleiben wir stehen, wird der Anstieg verlangsamt oder geraten wir gar unter das Niveau von diesem Jahr?

Angesichts der Kürzungen treibt uns noch eine weitere Frage um: Es sieht so aus, als ob mit diesen Sparbeschlüssen den Hochschulstrukturkommissionen das Leben schwer gemacht werden soll. Welchen Empfehlungsspielraum haben sie überhaupt noch? Oder geht es darum, Fakten zu schaffen?

Wird hier einfach gekürzt ohne Strategie, ohne Ziel und ohne Plan? Ohne dass wir uns geeinigt hätten, wie viele Studierende in welchen Fächern wir denn haben wollen? Ohne zu überlegen, wie wir die akademischen Studienangebote für die Pflege umsetzen, wie wir mit der Inklusionspädagogik umgehen?

All diese Unsicherheiten und unklaren Zukunftsperspektiven sind Gift für das Wissenschaftssystem. Planbarkeit und Verlässlichkeit wären der Humus, auf dem starke Hochschulen gedeihen und gute Köpfe für die Brandenburgische Hochschullandschaft gewonnen werden. Wir wollen keine Kürzungen im Hochschul- und auch nicht im Bildungsbereich! Wir wollen ruhiges Fahrwasser mit zuverlässiger Brise statt gefährlicher Fische! Da mag man auf Podien, in der Zeitung oder auch hier im Parlament noch so sehr die Priorität für Wissenschaft und Bildung herbeireden – allein davon wird es nicht besser. Hier sind Entscheidungen gefragt und keine warmen Worte.