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Marie Luise von Halem spricht zur Aktuellen Stunde "Energieuniversität Lausitz: Die Chance für den Wissenschaftsstandort"

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'Panta rhei' – 'Alles ist in Bewegung', damit wurde der philosophische Ansatz Heraklits beschrieben. Guiseppe Tomasi di Lampedusa , 2500 Jahre später, geht noch einen Schritt weiter: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann müssen wir zulassen, dass alles sich verändert“ - weil er sieht, dass Veränderung stattfindet, ob wir wollen oder nicht. Wenn wir aber das Bewährte, Liebgewonnene, was wir geschaffen haben und worauf wir stolz sind, für die Zukunft erhalten wollen, müssen wir es verändern. Besser, es aktiv zu tun, selbst in die Hände zu nehmen, als es passiv dem von außen einwirkenden Lauf der Dinge zu überlassen. Denn 'der Lauf der Dinge' nimmt einem schnell das Ruder aus der Hand.

Sich das vielzitierte 'natürliche Gleichgewicht' als statischen Zustand vorzustellen, ist eine genauso blauäugige Illusion, wie zu glauben, die Universitätslandschaft in Brandenburg würde in den nächsten 20 oder mehr Jahren unverändert Bestand haben, wenn nur niemand an den Strukturen rührt. Vielleicht lag eine solche Einstellung zugrunde, wenn die Lausitz-Kommission feststellen musste, „dass die Empfehlungen des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2002 weitgehend verhallt sind. Sie konnte keinerlei Auseinandersetzung mit den Empfehlungen oder gar Schlussfolgerungen und Umsetzungsversuche erkennen.“ (S. 6 des Berichtes)

In dieser Situation jedenfalls wirkt der Vorschlag der Ministerin wie ein Paukenschlag, ein wohltuender. Sie geht damit den letzten Schritt der Bologna-Reform und setzt bundesweit Maßstäbe.

Zu sagen, der MWFK-Vorschlag unterscheide sich grundsätzlich von dem der Kommission, kann ich nicht verstehen. Die Struktur der Fakultäten ist dieselbe, nur das Dach ist eines statt zweier. Beide Ansätzen wollen die leistungsstarken Profilbereiche der beiden Hochschulen stärken und ausbauen. Der Vorschlag einer Neugründung sichert dem Ministerium und dem Landtag natürlich den Fuß in der Tür bei der Umbauphase. Das war ein geschickter Schachzug. Ob er geschickt genutzt wird, bleibt abzuwarten und liegt auch in unserer Hand.

Die Universität jetzt immer 'Energie-Universität' zu nennen, ist zumindest nicht besonders geschickt. Es mag dem Ansinnen einer Profilierung entgegen kommen – auch wir wollen natürlich Energie, am besten erneuerbare! - aber es schürt nur die unbegründeten Ängste, alles außer Energie werde abgeschmolzen.

Was uns gut gefällt, ist die Öffnung der neuen gemeinsamen Universität auch für Menschen ohne klassische allgemeine Hochschulreife. Das kommt sowohl der Verankerung in der Region als auch dem Ziel lebenslangen Lernens zugute.

Ob die flügelschlagende Unruhe von Seiten der BTU, die Angst vor dem Verlust der universitären Reputation, mit dieser erweiterten Zugangsberechtigung zu tun hat? Oder ob diese Angst durch das gemeinsame Dach alleine zu begründen ist? Oder durch das – aus meiner Sicht ziemlich schwache, und doch wiederholt vorgebrachte – Argument, eine solche Fusion sei noch nie gelungen?

Diese Angst jedenfalls irritiert, zumal die Details erst mit dem Hochschulentwicklungsplan im Sommer vorgelegt werden. Mag sein, dass sie unbegründet ist. Aber das ist egal, denn sie ist da und allein deshalb müssen wir sie Ernst nehmen.

Seit letzten Freitag liegt das Papier des MWFK vor, eine Woche nach der Veröffentlichung der Kommissionsergebnisse und damit auch eine Woche nachdem die Beteiligten in der Lausitz von Ihrem Vorschlag, Frau Ministerin Kunst, überrascht wurden. Eine Woche stochern im Nebel, eine Woche lang Briefe aus der Lausitz, manche erbost, manche nur verunsichert. Und jetzt ein dünnes Papier mit viel Prosa. Man kann das kritisieren, aber ich bleibe mal optimistisch:

Vielleicht ist dieses Papier absichtlich hinreichend unkonkret?

Denn was jetzt wirklich fehlt, ist eine Strategie der Einbindung der Beteiligten. Alle sind aufgerüttelt, keiner weiß nichts genaues, viele haben Angst. Sehr geehrte Frau Ministerin Kunst, ich hoffe mal, Ihr Papier ist deshalb so dünn, weil es genügend Freiheiten für Beteiligungsprozesse bieten soll? Ich halte mir die Hoffnung, wenn ich auch in Ihrem Papier solche Prozesse nicht erwähnt finde.

Sehr geehrte Frau Ministerin, genau vor einem Jahr haben Sie dieses Amt angetreten (herzlichen Glückwunsch übrigens!), und ich denke, Sie wissen sehr genau: Das ist jetzt Ihre erste Bewährungsprobe, die Feuertaufe! (Die zweite kommt mit der Kulturförderung.) Wiederholen Sie nicht den Fehler des Bildungsministeriums in der Inklusionsdebatte, ein konkretes Ziel vorzugeben, hier die Fusion zweier Hochschulen, dort die Jahreszahl für die Schließung der Förderschulen, und dann die vielen Menschen, die Sie brauchen, damit das Ganze ein Erfolg wird, am Wegrand stehen zu lassen, ohne mit ihnen zu erläutern, wie sie den Weg bewältigen. Damit verstören Sie die Menschen, und sie zerstören das Ziel!

Wenn man nämlich das Lampedusa-Zitat genau liest: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann müssen wir zulassen, dass alles sich verändert" - dann widerspricht es nicht dem Anspruch, sich mit dem Prozess der Veränderung sehr viel Mühe zu geben. Und da sehe ich noch großes Verbesserungspotential.

(Im Vorschlag der FDP liegt die Lösung übrigens nicht.)