- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Anrede!
Ich begrüße die Häutung der FDP, war sie doch im Wahlkampf mit der Radikalforderung nach Abschaffung der Schulämter angetreten, so will sie jetzt zumindest eine solide Basis und Zukunftsfähigkeit. So zumindest der Antrag. Welche Vorstellung von der künftigen Struktur sich hinter dieser wenig konkreten Forderung verbirgt, habe ich heute erfahren / nicht erfahren:
Warum die Reform der Struktur der Schulämter nötig ist, habe ich nie verstanden.
Es wurde vorgebracht, es gäbe Probleme bei Absprachen und Koordinierung, die Schulämter arbeiteten jedes für sich, mit unterschiedlichen Verfahren z.B. bei der Einstellung von Lehrkäften, bei Genehmigung und Begleitung von Schulen in freier Trägerschaft usw. Da gab es Kritik von verschiedenen Seiten. Diese Frage zu lösen, wäre originäre Leitungsaufgabe des MBJS gewesen, das offensichtlich dazu nicht in der Lage war. Warum diese Aufgabe leichter zu bewältigen sein sollte, wenn zwischen Ministerium und den künftigen Regionalstellen noch eine zusätzliche Ebene, nämlich das zentrale Landesschulamt, eingezogen wird, erschließt sich mir bis heute nicht.
Wir diskutieren viel zu sehr Fragen der Struktur bzw. der organisatorischen Anbindung der Schulaufsicht. Dass sich Aufgaben der Personalbewirtschaftung vielleicht sinnvoll zentralisieren lassen, mag sein. Wie sich die weiteren Aufgaben der Schulaufsicht künftig ohne Qualitätsverlust erledigen lassen, sind ungelegte Eier.
Nehmen wir mal ein Beispiel: Die Zahl der Schulpsychologen ist in den letzten Jahren um etwa 10 % reduziert worden, der Schlüssel liegt bei 1:10.000. Schulpsychologen sind (oder besser gesagt: sollten) zuständig sein für Gewaltprävention, Krisenintervention und Notfallpsychologie. Für einen Termin bei einer Schulpsychologin gibt es monatelange Wartezeiten. Dass Lehrerinnen und Lehrer angesichts solcher Rahmenbedingungen keinerlei Hilfe bei alltäglichen Fragestellungen zur Verfügung steht, versteht sich von selbst.
Die Schulämter sind Ansprechpartner für Eltern, für Lehrerinnen und Lehrer und für Schulleitungen. Auch die Ergebnisse der Schulvisitationen werden durch die Schulaufsicht analysiert, sie führt die Gespräche mit den Schulen und berät beim weiteren Fortgang der Schulentwicklung. Die Visitation alleine verbessert die Schulqualität noch nicht. Entscheidend ist, was aus den Ergebnissen gemacht wird. Die Beratungskapazitäten der Schulämter sind jetzt schon nicht ausreichend, durch die Reduzierung der Standorte und entsprechend längere Fahrtzeiten kann sie sich kaum verbessern.
Ich möchte nicht ausschließen, dass es theoretisch möglich ist, trotz einer Reduktion der Zahl der regionalen Anlaufstellen von sechs auf vier die Beratungsqualität der Schulämter aufrecht zu erhalten. Wie das aber gelingen kann mit einer sinkenden Zahl von Schulräten, über deren Fortbildungsmöglichkeiten im Übrigen auch mal nachgedacht werden dürfte, und die künftig über größere Distanzen agieren müssen, hat mir noch niemand erklärt.
Was ich zudem teile, ist die Kritik am Verfahren: Wurde den Schulämtern und ihren Beschäftigten auf ihrer Tagung im September 2011 noch suggeriert, alles sei offen, wurden sie wenig später mit einer Entscheidung überrascht, in die sie nicht eingebunden waren. Da war das Referat 'Strategische Kommunikation' mal wieder untätig geblieben.
Zu kritisieren ist auch, dass – ähnlich wie bei der Polizeireform – den Strukturen immer wieder gegenüber einer vernünftigen Aufgabenkritik Vorrang eingeräumt wird.
Ob die großen bildungspolitischen Herausforderungen wie Inklusion und die absehbare erneute demografische Veränderung mit dieser reduzierten Struktur der Schulaufsicht gemeistert werden können, darf angezweifelt werden.
Wir befinden uns ja noch im laufenden Verfahren: Deshalb hoffe ich sehr, dass meine Fragen durch den Beitrag der Ministerin beantwortet werden.