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Marie Luise von Halem spricht zur Forschungslandschaft in Brandenburg

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede,

angesichts von viel Stoff und 5 min Redezeit picke ich mir hier nur zwei Aspekte heraus:

1. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE):

Eine Analyse von Ernst & Young vom Oktober 2012 führt das EU-Ziel für den Zeithorizont 2020 an, dass das öffentliche und private Investitionsvolumen im Bereich FuE 3 % des BIP erreicht. Deutschland teilt diese Zielsetzung, Brandenburg hat hier aber noch erheblichen Nachholbedarf: Die FuE-Ausgaben 2010 machen nur 1,4 % der Wirtschaftsleistung in Brandenburg aus. Darüber hinaus ist die Innovations- und Transferkapazität auch im Vergleich zum Bund und zur EU laut Ernst & Young unterdurchschnittlich.
Das deckt sich mit den Antwort auf die Große Anfrage: Brandenburg hat die geringsten Pro-Kopf-Ausgaben für Forschung und Entwicklung aller Bundesländer, liegt bei den staatlichen Ausgaben gemessen am BIP unter dem Durchschnitt und bei den Gesamtausgaben tief im unteren Drittel. Die Landesregierung meint, das läge am Aufholbedarf der Wirtschaft in Brandenburg (zu Frage 2, S. 8f.) und hofft auf Entwicklungsdynamik und Wirtschaftsförderpolitik. Da passt es, dass sie zu den Hochschulausgründungen nichts sagt, sondern lediglich die Außeruniversitären aufführt.
Im Vergleich zu den anderen Ostländern sieht man aber, dass Brandenburg nicht nur bei den Pro-Kopf-Ausgaben, sondern auch beim BIP-Anteil der Eigenausgaben Schlusslicht ist. Nur auf Umschichtung von Programmen in der Wirtschaftsförderung zu setzen, ist deutlich zu wenig. Sinnvolle Wissenschaftspolitik und starke Hochschulen wären eine deutlich bessere Maßnahme zur Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsquote. Es ist doch evident, dass gut ausgestattete Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute zusammen mit richtigen Anreizen für Ausgründungen und Vernetzung mit der Wirtschaft bessere Chancen schaffen, über den Eigenanteil hinaus Forschungs- und Entwicklungsmittel zu generieren!
Gleichzeitig böte die Nähe zum Wissenschafts- und Kreativstandort Berlin sowie die profilierte, zum größten Teil öffentlich geprägte Wissenschaftslandschaft in Brandenburg gute Rahmenbedingungen für die Stärkung der regionalen Innovationskraft. Eine engere Verzahnung der Strukturen Berlins und Brandenburgs kann dazu beitragen, dass der Standort erfolgreicher vermarktet und gegenläufige Entwicklungen zwischen Metropole und Umland vermieden werden. Aber das muss man natürlich wollen.
Auch Ernst & Young führen an, für die Sicherung der langfristigen internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Region sei eine Intensivierung der FuE-Aktivitäten und der Innovationstätigkeiten unabdingbar. Es sei denn, wir sähen auch bei dieser roten Laterne eine Sinnverwandschaft zum roten Brandenburg.

2. Thema Gleichstellung:

Brandenburg liegt beim Frauenanteil an Promotionen und Habilitationen im vorderen Bereich der Bundesländer (Promotionen 6. Platz mit 41,64%, Habilitationen 4. Platz mit 36,8%, Frage 19). Was bei den Zahlen der Promotions- und Habilitationsquoten von Frauen auffällt ist, dass die gläserne Decke offenbar nicht mehr zwischen Promotion und Habilitation hängt (41 zu 36 % Anteil), sondern beim Übergang zur Professur.
Nach einer Pressemitteilung des MWFK von 2009 hatte Brandenburg einen überdurchschnittlichen Professorinnenanteil mit 19,5 %. Das bedeutet immer noch eine glatte Halbierung des Frauenanteils zwischen Habilitation und Berufung und kann so nicht bleiben. Die Ministerin Münch sprach bei den Zahlen damals davon, dass kein Grund zur Selbstzufriedenheit bestehe (http://www.mwfk.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.233300.de).
2011 waren es immerhin schon 21% Professorinnen. Allerdings ist laut Statistischem Bundesamt der Frauenanteil bei den W3/C4- Professuren rückläufig. Also bei den prestigeträchtigen Vollprofessuren. 17% im Jahr 2009. Heute 15,7%. Die gläserne Decke verbleibt also weiter unangekratzt. Trotz aller Professorinnenprogramme, trotz Frauenförderung. Getan hat sich wenig in den letzten Jahren. Brandenburgs Vorsprung aus dem Jahr 2009 schmilzt dahin. Der Bundesdurchschnitt liegt nur noch 0,8 % hinter Brandenburg bei allen Professuren und bei den W3/C4 ist Brandenburg mit 15,7 % unter den Bundesdurchschnitt von 16,3 gefallen.
- Zwei Punkte, zwei Baustellen und drittens noch, weil ja aller guten Dinge immer drei sind: Herzlichen Dank an die FDP für diese große Anfrage!