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Marie Luise von Halem spricht zur Großen Anfrage "Stand des Brandenburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes"

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Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede,
die Antwort auf die Große Anfrage ist zwar aufschlussreich, aber sie wirft auch einige Fragen auf, zu den Behandlungsmaßnahmen, zum Thema Gewalt im Jugendstrafvollzug, zur Besuchspraxis, dem Krankenstand und der Fortbildung der Bediensteten.

1. Es wurde nach den Evaluationsergebnissen zu den Behandlungsmaßnahmen gefragt. Leider hält sich die Landesregierung hier sehr bedeckt. Zur Maßnahme „Verantwortung übernehmen – Abschied von Hass und Gewalt" fällt der recht schwammige Satz „Die Evaluationsergebnisse lassen Effekte auf der Verhaltensebene und bei der Legalbewältigung erkennen." Dies finde ich ein bisschen mau – man fragt sich, welche Effekte denn nun genau festgestellt werden konnten. Ähnlich spärlich finde ich, dass das Training zur Konfliktbewältigung und Mediation durch den Maßnahmeträger selbst in Eigenevaluation ausgewertet wurde. Ähnlich bei der Frage nach der Evaluation von Entlassungsvorbereitungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen. Dort wird erklärt, das Projekt „WEGEBAU" sei in den Jahren 2009 bis 2011 durchgeführt und auch evaluiert worden. Zu den explizit erfragten Ergebnissen der Evaluation kein Wort! Hier frage ich mich natürlich, ob die Maßnahme aufgrund einer schlechten Bewertung 2011 beendet wurde?

2. Leider bleibt die Landesregierung auch eine Antwort auf die Frage, welche Konsequenzen sie aus den Ergebnissen der Studie des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen zieht, schuldig: „Der Erkenntniswert (...) kann aufgrund der noch andauernden Feinauswertung nicht abschließend beurteilt werden." Das Justizministerium arbeite schon bisher intensiv daran, einer Gewaltauswirkung unter Jugendstrafgefangenen entgegenzuwirken und ihr von vornherein „den Nährboden zu entziehen". Hier würde mich interessieren, durch welche konkreten Maßnahmen dies geschieht, gibt es Vorgaben für die Bediensteten? Konkret wird die Antwort nur bezüglich der Verfolgung von Vorfällen im Wege des Disziplinarrechts und durch Erstattung einer Strafanzeige, worüber auch dem Justizministerium detailliert zu berichten sei. Aber das ist mir zu wenig – wie wird denn Übergriffen vorgebeugt?

3. Sehr erhellend fand ich die Antwort auf die Fragen, wie die Besuchspraxis von der Landesregierung bewertet werde und wie Angehörigenbesuche gefördert werden. Mir scheint, hier steht nicht das Ziel der Resozialisierung im Mittelpunkt, sondern Anpassung an die Kapazitäten! Noch dazu ist die Aussage „Die Besuchspraxis entspricht den gesetzlichen Vorgaben; im Rahmen ihrer jeweiligen räumlichen und personellen Möglichkeiten bemühen die Anstalten sich darum, individuellen Besonderheiten und Bedürfnissen Rechnung zu tragen." keine Bewertung! Außerdem ist mir aufgefallen, dass in Wriezen Besuch nur samstags und 14tägig donnerstags empfangen werden kann, wohingegen in Cottbus Besuch an jedem Wochentag möglich ist. Sollte nicht gerade Jugendlichen ein größtmöglicher Kontakt zur Außenwelt ermöglicht werden?

4. Problematisch erscheint mir ebenfalls der Krankenstand, in den letzten Jahren lag dieser teilweise bei 15-30%! Und auch die Zahlen zum 2. Quartal 2012 verheißen nichts Gutes! Dieses Problem gibt es ebenso bei der Polizei. Hier ist eine Konzeption notwendig – wie will die Landesregierung diesen Missstand ändern?

5. Als letzten Punkt möchte ich auf die Fortbildung der Bediensteten eingehen. Die anstaltsinternen Fortbildungen haben 2012 signifikant abgenommen. Die Gründe hierfür würden mich interessieren. Schließlich war gut ausgebildetes Personal gerade Thema im Rechtsausschuss im Rahmen der Anhörung zum Justizvollzugsgesetz.

Aber nun will ich dem Minister das Wort überlassen. Vielleicht werden einige meiner Fragen dann gleich beantwortet.