- Es gilt das gesprochene Wort! -
Anrede,
In der Weihnachtsbäckerei gibt es – von familiären Riten mal abgesehen - keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In der Regel ist lecker, was produziert wird. Manches kann aber auch deutlich fehlen oder deutlich misslingen.
So ähnlich verhält es sich mit dem Lehrerbildungsgesetz:
Da ist vieles enthalten, was auch uns Bündnisgrünen lecker schmeckt: Die Festschreibung der gestuften Studienstruktur mit Bachelor und Master für die Lehramtsstudiengänge, die zumindest mit Blick auf die Ausbildung erfolgte Gleichstellung des Primar- mit dem Sekundarstufenlehramt, die Aufwertung der didaktischen und pädagogischen Anteile in der Ausbildung und die wenn auch halbherzige Orientierung an Schulstufen statt an Schulformen. Wir begrüßen auch ganz ausdrücklich die Berufsberatungen zu Beginn des Studiums, die den Studienanfängern einen Einblick in ihre ganz persönliche Eignung geben sollen und die einher gehen müssen mit Angeboten zur persönlichen Weiterentwicklung. Zusammen mit den frühen Praxisphasen und der Berufseinstiegsphase können sie bei professioneller Ausgestaltung - die liegt dann leider auf der Ebene zukünftiger Verordnungen und entzieht sich damit heutiger Bewertung! - zu einer deutlich besseren Vorbereitung junger Menschen auf den gewählten Beruf führen. Ebenfalls ist lobend zu erwähnen, dass innerhalb des Referendariats selbstständig erteilter Unterricht nicht den Ausbildungsschulen angerechnet wird.
Last not least freuen auch wir uns über die Einführung des Lehramtes Inklusionspädagogik bzw. die verbindliche Einführung inklusionspädagogischer Anteile in alle Lehrämter. Vor allem deshalb, weil wir erwarten, dass damit ein neues pädagogisches Grundverständnis einhergeht: Die Abkehr von der Vorstellung, alle Menschen könnten mit dem selben Maß gemessen werden, hin zu einem positiven Umgang damit, dass auch Schülerinnen und Schüler höchst unterschiedliche Menschen sind. (Das ist wie mit den Weihnachtsplätzchen: Würden wir an alle den gleichen Maßstab anlegen, wie wären sie langweilig!)
Trotz all dieser positiven Punkte verbleibt das neue Lehrerbildungsgesetz ein halbherziges Stückwerk, das sich in vielen Teilen in Ankündigungsrhetorik genügt oder auf halbem Weg ins Backrohr stecken bleibt. So wurden unsere Änderungsanträge auf bessere Information des Ausschusses, auf mehr Datenschutz für die Lehramtskandidatinnen und – kandidaten, auf mehr Durchlässigkeit bei den Studiengängen, auf Festschreibung eines höheren Anteiles an Fachdidaktik und bessere Bedingungen während des Vorbereitungsdienstes und der Berufseinstiegsphase vom Ausschuss leider samt und sonders abgelehnt – wenn auch nicht immer mit allen rot-roten Stimmen.
Nicht zu vergessen unseren üblichen Punkt, den Blick über die Landesgrenze: Wieder gibt es weder Absprachen mit Berlin, das auch gerade seine Lehrerausbildung reformiert, noch eine gemeinsame Bedarfsplanung!
Aber das sind alles kleine Plätzchen gegenüber der entscheidenden Mogelpackung. Zu sagen, das sei wie Vanillekipfel ankündigen und dann den nackten Mürbeteig servieren, oder Zimtsterne versprechen und dann den Zuckerguss einsparen, wären nur Verniedlichungen:
Wir wissen alle, dass wir die Grundschulzeit aufwerten müssen. Dort (und in der Kita!) passieren die entscheidenden Weichenstellungen für die Bildungsbiografien von Kindern. Zudem wissen wir auch, dass wir in den nächsten Jahren vor allem Lehrkräfte für die Grundschule brauchen. OberstufenlehrerInnen sind nicht die Mangelware. Und welche kluge Maßnahme ergreift unsere Landesregierung? Sie stellt die zukünftigen Grundschullehrkräfte gleich doppelt schlechter: Zukünftig bekommen die Grundschullehrkräfte nicht nur weniger Geld, wie ihre KollegInnen in der Oberstufe, nein, nun müssen sie sogar dafür auch noch länger studieren. Es wird also nichts damit, dass eine gleichwertige Ausbildung auch eine gleichwertige Bezahlung nach sich zieht. 300 Leistungspunkte sind eben nicht gleich 300 Leistungspunkte! - Alles, was man eine kluge Strategie hätte nennen können, ist hier gänzlich verkohlt. Nichteinmal unserem Antrag, ab 2020, wenn die ersten AbsolventInnen nach dem neuen Gesetz fertig werden, die Besoldung anzugleichen, wollten die Regierungsfraktionen folgen.
Ach und übrigens: Um Studium für das Grundschullehramt verlängern zu können, wird im Gegenzug die Zahl der Studienplätze reduziert – welch geschickter Schachzug angesichts des absehbaren Lehrermangels!
Hier offenbart sich die ganze hasenfüßige Halbherzigkeit des rot-roten Politikansatzes: Klar kennen wir das Problem, aber wir verschließen vor der eigentlichen Herausforderung alle verfügbaren Sinnesorgane, mag es noch so qualmen aus dem Backrohr. Geld darf das nicht kosten, das haben wir nicht. Lieber bauen wir länger am Flughafen.