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Marie Schäffer spricht zum Tätigkeitsbericht Akteneinsicht für die Jahre 2018/2019 der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

das Recht auf Akteneinsicht ist ein hohes Gut und eine große historische Errungenschaft. Es waren nicht zuletzt die schmerzlichen Lehren aus der Zeit der Diktatur – aus der Erfahrung, was passiert, wenn der Staat fast alles über die Bürger*innen weiß, anders herum aber maximal undurchsichtig und abgeschottet ist – die dazu geführt haben, dass Brandenburg 1998 als erstes Bundesland Deutschlands ein Recht auf Akteneinsicht einführte.

Damit startete in Deutschland ein bemerkenswerter Wandel, der langsam aber stetig Einzug erhält: nämlich der Grundgedanke, dass der Staat gegenüber den Bürger*innen transparent zu sein hat, dass das Handeln von Behörden grundsätzlich von jedermann einsehbar und überprüfbar sein muss.

Inzwischen hat diese Idee in vielen Bundesländern zu Gesetzen geführt, die deutlich weiter gehen als das inzwischen etwas eingestaubte Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz.

Die Frage eines umfänglichen Transparenzgesetzes wurde in dieser Debatte ja nun schon einige Male angesprochen. Nicht umsonst findet dieses Thema in guter Tradition seit langer Zeit Eingang in jeden Jahresbericht der Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht.

Es ist kein Geheimnis, dass wir Bündnisgrünen uns immer mit viel Herzblut für ein Transparenzgesetz eingesetzt haben. Die Koalition konnte sich zu diesem ganz großen Sprung nach vorn leider nicht durchringen.

ABER: SPD, CDU und Grüne bekennen sich im Koalitionsvertrag sehr deutlich zu einer weitreichenden proaktiven Veröffentlichung von Verwaltungsdaten, die gesetzlich festgeschrieben werden soll. Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses bekräftigt dieses Bekenntnis noch einmal und gibt uns noch ein ambitioniertes Ziel dafür mit auf den Weg, nämlich die enge Verzahnung der Open-Data-Regelungen mit bestehenden Auskunftsansprüchen nach Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz oder anderen bereichsspezifischen Regelungen.

Bereits im Jahr 2013 stellte die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten von Bund und Ländern in einem gemeinsamen Positionspapier fest, dass Open Data und Akteneinsicht zusammengehören und sich sinnvoll ergänzen müssen.

Wie dies in Brandenburg gelingen kann, da werden wir nun intensiv gemeinsam arbeiten. Da wird es erstens darum gehen, möglichst viele Daten, die für Bürger*innen relevant sind, automatisch proaktiv zu veröffentlichen. Denn das Einfachste für Bürger*innen ist es, wenn gar nicht erst beantragt werden muss. Und auch für Behörden ist es einfacher, klare Abläufe und möglichst automatisierte Regeln zu haben, anstatt immer wieder im Einzelfall zu entscheiden. Zweitens geht es darum, die Beantragung für Bürger*innen so einfach wie möglich zu machen. Und drittens geht es darum, dass Informationen, die einmal angefragt und freigegeben wurden, dann auch als Open Data veröffentlicht werden können. Denn welche Informationen Bürger*innen anfragen ist natürlich der beste Wegweiser dafür, was für die Öffentlichkeit relevant sein könnte.

Wenn wir dieses Ziel eines ambitionierten Open-Data-Gesetzes erreichen, dann wird das ein ganz erheblicher Schritt hin zu einem moderneren und nutzer*innenfreundlicheren Informationszugang.

Meine Damen und Herren, ich möchte kurz auf einige vorgeschlagene Verbesserungen im Bereich der Akteneinsicht eingehen, die heute bereits erwähnt wurden:

• die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes auf juristische Personen des Privatrechts, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen,

• das Ende der pauschalen Ausnahme ganzer Verwaltungsbereiche vom Recht auf Akteneinsicht,

• eine differenziertere Regelung für noch nicht abgeschlossene Verfahren,

• und die Möglichkeit für die LDA, auch in Fragen des Umweltinformationsgesetzes beraten zu können.

Zu allen vier Punkten zeigen andere Bundesländer, dass es möglich wäre, ohne ein Chaos in unseren Behörden auszulösen. Und auch wenn wir in Brandenburg leider noch nicht ganz soweit sind, dass es einen Konsens für diese Öffnungen gibt, möchte ich Ihnen, Frau Hartge, für Ihre Hartnäckigkeit danken, diese Fragen immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Denn ich weiß, dass solche kleinteiligen Fragen für Bürger*innen den Unterschied machen können, zwischen einer positiven oder einer frustrierenden Erfahrung bezüglich der Offenheit unserer Behörden.

Sehr geehrte Frau Hartge, ich danke Ihnen und Ihren Mitarbeiter*innen herzlich für diesen Bericht! Und ich kann allen Kolleg*innen hier im Plenum nur empfehlen, einen Blick hineinzuwerfen. Denn die verschiedenen beispielhaften Fälle zeigen eindrücklich, worum es beim abstrakten Thema Akteneinsicht eigentlich geht: Oft sind es ganz konkrete Fragen, die im Alltag aufkommen: Da kann es um die Berechnung der Beiträge für die Kita gehen, um frühere Abituraufgaben, die, wenn sie verfügbar wären, eine hervorragende Vorbereitung für die eigene Prüfung bieten würden, oder auch um Informationen zur Veräußerung von städtischen Flächen.

Meine Damen und Herren, gerade in Zeiten, in denen starke politische Kräfte daran arbeiten, die Grenzen zwischen Wahrheit, Phantasie und Verschwörungstheorie verschwimmen zu lassen, sind Fakten und Transparenz eine der schärfsten Waffen des demokratischen Rechtsstaates. Auch deshalb sind Einsichtsrechte so wichtig. Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten, diese wo immer möglich zu verbessern und für die Menschen möglichst einfach zugänglich zu machen.

Und zu guter Letzt, da die besten Transparenzregeln nichts nutzen, wenn nicht von ihnen Gebrauch gemacht wird, an alle Zuschauerinnen und Zuschauer die herzliche Einladung: Nutzen Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht, denn das, was unsere Behörden leisten, ist ganz konkret relevant für unser Zusammenleben im Land.

Herzlichen Dank.