Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste,
wie man Fahrrad, Auto, Bus und Bahn besser miteinander verbinden kann, dazu gibt es inzwischen endlos viele Ideen, Konzepte und Apps. Aber was im Personenverkehr langsam beginnt zu funktionieren, klappt im Güterverkehr leider bislang überhaupt nicht.
Da haben wir als die drei wichtigsten Verkehrsträger: LKW, LKW, LKW und dann kommt ziemlich lange nichts. Wir haben zwar das große Ziel, den Güterverkehr eines Tages emissionslos zu bekommen, aber niemand kann heute sagen, was das ganz konkret heißt.
„Das Bild vom großen Ganzen ist nicht existent.“ So beschrieb es einer der Anzuhörenden in der Anhörung des Verkehrsausschusses im vergangenen Dezember. Neben dieser ernüchternden Bilanz des Güterverkehrs, haben die Anzuhörenden uns aber auch viele Maßnahmen aufgezeigt, wie er umweltfreundlicher und sicherer gestaltet werden kann. Und wie die Verlagerung auf die Schiene gelingen kann.
Denn genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linke, haben Sie sich ja eigentlich für diese Legislaturperiode vorgenommen. Passiert ist bislang reichlich wenig. Aber wenn wir da nicht gegensteuern, wird die prognostizierte Zunahme des Güterverkehrs allein auf der Straße stattfinden. In Brandenburg sind das immerhin um 30 Prozent bis 2030. Der Schienenanteil würde damit von 15 auf unter 10 Prozent sinken. Bislang gibt es leider keine transparente Gegenüberstellung der Rahmenbedingungen und der Finanzierung zwischen den Verkehrsträgern – auch dies eine Erkenntnis aus der Anhörung.
Sicher ist nur, dass die Schiene permanent politisch benachteiligt wurde: Mautpreise runter, Trassenpreise hoch. Steigende Strompreise im Bahnnetz, sinkende Kraftstoffpreise auf der Straße und so weiter und so fort. Und das muss endlich ein Ende haben. Auch die osteuropäischen LKW von Subunternehmern deutscher Speditionen haben oftmals unter Umgehung von Sozialstandards ihren Anteil daran, dass der LKW so konkurrenzlos günstig ist.
Eine weitere Zunahme des Straßengüterverkehrs bedeutet aber: noch vollere Straßen, noch mehr Unfälle. Und noch mehr gesundheits- und klimaschädliche Emissionen. Bislang ist es nicht ansatzweise gelungen, die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zu reduzieren. Im Gegenteil – sie steigen ungebremst. Ob wir den Klimawandel eindämmen, hängt aber zu einem großen Teil auch davon ab, ob die Verkehrswende gelingt.
Das Ziel der Europäischen Kommission für den Verkehrssektor lautet:
CO2-Reduktion bis 2050 um 60 Prozent gegenüber dem Stand von 1990. Und hieraus dann abgeleitet: 30 Prozent des Straßengüterverkehrs über 300 km sollen bis 2030 auf andere Verkehrsträger verlagert werden.
Aber was soll nun aus diesen Verlagerungszielen, was soll aus der Anhörung folgen? Zunächst einmal sollten wir uns nicht hinter die Verteidigungslinie zurückziehen, dass es auf Landesebene nichts zu tun gäbe. Ja, hauptsächlich ist der Bund in der Pflicht, aber auch das Land hat diverse Möglichkeiten.
Zum Beispiel ein Landesprogramm zur Förderung nicht bundeseigener Eisenbahnen. Die Anzuhörende hatten beschrieben, wie Niedersachsen es über ein solches Förderprogramm geschafft hat, etliche Bundesmittel für die Schiene ins Land zu bringen. Auch Hessen war da sehr erfolgreich. Mit der vergleichsweise geringen Summe von 1,2 Mio. Euro wurden acht Maßnahmen zur Erhaltung, Reaktivierung oder Neueinrichtung von Güterverladestellen gefördert. Zwischen 2003 und 2008 konnten so knapp 70.000 LKW-Fahrten vermieden werden. Das hätte ich in Brandenburg auch gerne.
Mit Geld allein ist es aber nicht getan: Niedersachsen bietet beispielsweise ein Coaching für Unternehmen an, die logistische Prozesse auf die Schiene verlagern möchten. Auch das könnte ein Vorbild sein für Brandenburg. Denn die Organisation von Bahntransporten ist nun mal aufwändiger als ein Transport per LKW. Daher zeigen Speditionen in der Regel nur begrenzte Eigeninitiative bei der Verlagerung auf die Schiene.
Und zu den Punkten im Antrag, die sich an den Bund richten: Trotz des „Masterplans Schienengüterverkehr“ ist der politische Wille, dass die Schiene in Deutschland gestärkt werden soll, bislang überhaupt nicht erkennbar. Die Trassenpreissenkung ist ein richtiger, wichtiger Schritt. Wir müssen aber dafür sorgen, dass sie jetzt auch schleunigst kommt. Gleiches gilt für Investitionen in die Infrastruktur sowie die Ausweitung der LKW-Maut. Der Gütertransport ist flexibler als der von Personen, kann etwa auch nachts erfolgen. Trotzdem: Ohne neue Trassen wird es nicht gehen. Oder wie es der Vertreter des Bundesamts für Güterverkehr in der Anhörung sagte: „Die Angst, dass irgendwo eine Schiene verlegt wird, über die niemand drüberfährt, hätte ich, ehrlich gesagt, nicht.“
Das Thema Abbiegeassistenz- und Bremssysteme haben wir in den Antrag nicht mit aufgenommen. Das Thema haben Sie ja bereits mit in den Bundesrat getragen. Technische Lösungen sind wichtig, sie dürfen aber nicht den Blick darauf versperren, dass sie mitdenkendes Fahren nicht ersetzen können. Und, wir brauchen ausgeruhte LKW-Fahrerinnen und -Fahrer. Sie müssen in die Lage versetzt werden, ihre Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, was nicht klappt, wenn die Rastplätze bis auf den letzten Meter vollgeparkt sind. Diese Diskussion um Rastplätze eignet sich nebenbei gut, um aufzuzeigen, wie die Argumentationslogik funktioniert.
Bei der Schiene würde man niemals anfangen zu bauen, bevor nicht das komplette System durchgeplant ist, inklusive entsprechender Abstellmaßnahmen. Aber bei der Straße, da baut man erst mal eine Autobahn, und wenn die fertig ist, sagt man:
„Oh, da sind ja jetzt überall LKW. Wir brauchen dringend mehr Parkplätze.“ Was dann folgt, beschrieb ein Experte in der Anhörung wie folgt: „Dann wird mithilfe eines Notprogramms unter Zudrücken sämtlicher Augen wieder etwas Geld herbeigezaubert, um die dringend benötigten Parkplätze zu bauen. Da macht auch die Polizei eine Zeit lang keine Kontrollen, weil alle verstehen, dass es keine Chance gibt, die Lenkzeiten einzuhalten, weil die Parkplätze voll sind. Das ist eine Salamitaktik, die bei der Straße prima funktioniert.“ ZITATENDE
Der Druck auf die Fahrer, immer mehr Kilometer zu reißen, muss endlich aufhören, während gleichzeitig der Kontrolldruck massiv gesteigert werden muss. Die Fahrer und vor allem die schwarzen Schafe unter den Spediteuren müssen wissen: Wenn die Ladung nicht gesichert ist, wenn die Reifen abgefahren sind, wenn die Ruhezeiten nicht eingehalten werden, wenn ich beim AdBlue-Zusatz betrüge, wenn bis auf einige Meter an den Vordermann aufgefahren wird und so weiter und so fort …
Dann spare ich zukünftig nicht mehr, sondern ich zahle so viele Strafen, dass es sich unterm Strich einfach nicht mehr lohnt. Andere Länder wie Österreich oder Belgien machen uns das vor. Auch deshalb ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die Kontrollen in den letzten Jahren so derart zurückgegangen sind, wie es aus der Antwort auf meine kleine Anfrage jüngst hervorging. Nur noch halb so viele Kontrollen wie 2009. Da brauchen wir uns doch über die hohe Zahl von LKW-Unfällen nun wirklich nicht zu wundern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Als ich vor zwei Wochen bei einer LKW-Kontrolle teilnahm, war ich schockiert: 20 LKW in vier Stunden, davonvierzehn mit Beanstandungen, vieren wurde sogar vorübergehend die Weiterfahrt untersagt. Jeder fünfte LKW wäre bei dieser Quote eine tickende Zeitbombe. Das dürfen wir einfach nicht weiter zulassen.
Da nutzt auch kein scheuer Blick Richtung Bund. Das liebe SPD und LINKE ist definitiv eine Baustelle auf Landesebene. Für mehr Verkehrssicherheit, für den Gesundheitsschutz und aus Klimaschutzgründen – bitte ich Sie:
Stimmen Sie unserem Antrag zu und sorgen Sie für einen fairen Wettbewerb zwischen Schiene und Straße.
Vielen Dank!