Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Michael Jungclaus spricht zum Bericht der Landesregierung "Radverkehr und Radtourismus fördern"

>>> Redemanuskript als pdf

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste,

im vorliegenden Bericht zum Radverkehr wird es an verschiedenen Stellen erwähnt: Radfahren hat viele Vorteile.

  1. Radfahren ist umweltfreundlich und leistet somit direkt einen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt- und Lebensqualität sowie zum Klimaschutz.
  2. Radfahren ist preiswert. Die Mobilitätskosten für Radfahrer sind äußerst gering und günstiger als die Förderung jedes anderen Verkehrsmittels.
  3. Und Radfahren ist natürlich gesund, weil es für körperliche Bewegung sorgt.

Das Fahrrad ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor, insbesondere für das heimische Tourismusgewerbe. Denn Radtourismus ist in Deutschland in und sorgt für Milliardenumsätze an denen auch Brandenburg partizipiert.

Nicht zuletzt macht Radfahren Spaß und ist für viele Wege zudem das schnellste Verkehrsmittel.

Trotz all der genannten Vorteile ist das Potenzial des Radverkehrs in Brandenburg mit einem Anteil von 13% bei Weitem nicht ausgeschöpft. Das zeigt die Fahrradnutzung in Ländern wie Niederlande oder Dänemark. Aber es gibt auch Vorreiter in Deutschland. An Erlangen, Freiburg oder Münster kommen Brandenburger Städte bei weitem nicht heran.

Dabei gibt es für die Nichtnutzung des Potenzials verschiedene Gründe. Der Wichtigste: Das Fahrrad wird in Politik und Verwaltung unterschätzt. Im Bericht steht es schwarz auf weiß: Der Anteil des Fahrrads am Gesamtaufkommen übertrifft den Anteil des ÖPNVs.

Jedoch wird der Radverkehr nicht angemessen gefördert und unterstützt. Andere Verkehrsträger genießen bei politischen Entscheidungen nach wie vor Vorrang.

Laut erstem Fahrradbericht der Landesregierung wurden in 15 Jahren für straßenbegleitende Radwege an Bundes- und Landesstraßen inklusive aller Fördermittel 167 Millionen Euro ausgegeben. Also ca. 11 Millionen Euro pro Jahr. Im Vergleich zu den Straßeninvestitionen eine lächerlich geringe Größe.

Nach wie vor muss die große Mehrheit den Fahrradverkehr als gleichberechtigten Verkehrssträger erst einmal entdecken. Transparenz und Aufklärung sind dabei gute Helfer. Erste Schritte sind mit dem ersten sowie dem jetzigen Bericht als Folge unserer parlamentarischer Initiative vor über anderthalb Jahren erfolgt.

Aber auch für den Radverkehr gilt: Ohne Moos nichts los. Die Finanzierung ist und bleibt das zentrale Thema: Dies ist auch der Schwerpunkt des vorliegenden Berichts. So sehen wir die Aussage, für Instandhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen stehen nur noch eine Million Euro zur Verfügung, äußerst kritisch. Verdeutlicht diese Größenordnung doch die Nischenposition des Radverkehrs. Fördergesetze sind weitgehendst auf das Auto und den ÖPNV ausgerichtet.

Und auch Kommunen begründen das langsame Tempo des Ausbaus der Radverkehrsinfrastruktur mit Verweis auf ihre desolate Haushaltslage. Diese Position im Abseits muss überwunden werden.

Dabei können bereits Kleinigkeiten den Radverkehr stark unterstützen: Vernünftige, wettergeschützte und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten sind eher die Ausnahme als die Regel. Selbst an neu gebauten Bahnhöfen mangelt es daran. Flächen für Radverkehrsanlagen werden häufig nicht zur Verfügung gestellt, wenn es beispielsweise Konflikte mit dem Autoverkehr gibt. Und auch der Winterdienst für den Radverkehr spielt oftmals eine nachrangige Rolle.

Das vorhandene Fahrrad wird daher von vielen Menschen gerade im Alltagsverkehr kaum genutzt. Mitnahmeregelungen im ÖPNV sind oft mangelhaft und auch die Tarif- und Beförderungsbedingungen der Verkehrsunternehmen müssen fahrradfreundlicher werden. Vorreiter sind hier unsere Nachbarländer Thüringen und Sachsen-Anhalt. In diesen Ländern konnten damit viele neue Kunden für den ÖPNV gewonnen werden und davon profitiert dann auch die Freizeit- und Tourismusbranche.

Thüringen gibt dafür übrigens jährlich nur ca. 180.000 € aus. Das sollte also durchaus auch in Brandenburg möglich sein!

Alles in allem kann man sagen: Wir müssen den Radverkehr endlich aus seiner Rolle des Stiefkindes der Verkehrsplanung befreien. Der vorliegende Bericht ist dazu ein nützlicher Schritt – Es darf aber nicht der letzte sein. Vielen Dank!