>>> Antrag "Ausweitung des Mobilitätstickets" als pdf
- Es gilt das gesprochene Wort !
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste,
Mobilität ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens. Mobil sein ist in der heutigen Zeit ein Grundbedürfnis unabhängig vom Alter oder individueller Lebenssituation und unabdingbar für die soziale Integration.
Die Sicherstellung von Mobilität als Bestandteil der Daseinsvorsorge ist eine staatliche Aufgabe. Aber die Bereitstellung von flächendeckender Mobilität ist eben leider auch voller Schranken und Hürden, gerade in einem dünn besiedelten Land wie Brandenburg.
Natürlich ist die Bereitstellung von Infrastruktur unerlässlich. Auch die Organisation von öffentlichen Verkehrsdienstleistungen bildet einen bedeutenden Bestandteil. Jedoch erschöpft sich die Sicherstellung der Mobilität nicht allein mit dem Bau von Straßen oder der Bestellung von Nahverkehrsdienstleistungen. Die soziale Teilhabe ist bei den Mobilitätsangeboten nicht aus dem Auge zu verlieren. Deshalb müssen die anfallenden Mobilitätskosten mitbedacht werden. Mobilität muss auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar sein.
Und genau hier ist der Übergang zur Sozialpolitik.
Seit dem 1. September 2008 fördert nun das Land Brandenburg die Mobilität von Leistungsempfängerinnen und -empfängern nach dem SGB 2 und SGB 12, dem Asylbewerberleistungsgesetz und Mitgliedern von Bedarfsgemeinschaften. Mit dem Mobilitätsticket für Bus und Bahn soll die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für diese Personengruppe erleichtert werden. Diese Unterstützung ist für die Sicherstellung der sozialen Teilhabe unentbehrlich.
Schließlich wird heutzutage ja auch die Bereitschaft zur Mobilität von Schülerinnen und Schülern, Arbeitssuchenden oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als ganz selbstverständlich erwartet. Und so ist es gut und richtig, meine Damen und Herren, dass Brandenburg mit dem Mobilitätsticket die Mobilität von Einkomensschwachen fördert.
Doch leider krankt der an sich gute sozialpolitische Ansatz an einer halbherzigen Umsetzung und mangelnder politischer Unterstützung. Um es zu einer wirklich sinnvollen sozialpolitischen Maßnahme zu machen, muss dringend der zentrale Geburtsfehler behoben werden.
Das Angebot des Mobilitätsticket richtet sich insbesondere an diejenigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und aufgrund ihres geringen Verdienstes zusätzlich aufstockende Sozialleistungen erhalten. Es leistet hier einen wichtigen Beitrag, diese Menschen im Arbeitsmarkt zu halten. Allerdings ist der Geltungsbereich des Mobilitätsticket stark eingeschränkt.
Denn mitten drin in unserem schönen Bundesland liegt die größte kreisfreie Stadt Brandenburgs. Und in dieser laufen nun einmal fast alle zentrale Bahnstrecken zusammen. Viele Berliner Bahnhöfe besitzen bedeutende Verteilfunktionen für das Gesamtnetz des VBB. Dazu kommt die Tatsache, dass mehr als jeder sechste Brandenburger Arbeitnehmer nach Berlin hinein pendelt was somit auch für die sogenannten Aufstocker gilt. Der Verzicht auf einen Geltungsbereich inklusive Berlin bleibt vor diesem Hintergrund völlig unklar.
Damit das Mobilitätsticket seine Aufgabe vollständig erfüllen kann, muss dieser Geburtsfehler behoben werden und das Angebot auf die Tarifbereiche Berlin BC/ABC ausgeweitet werden. Ein Mobilitätsticket ohne die Möglichkeit Verkehrsdienstleistungen auf Berliner Gebiet in Anspruch zu nehmen, ist unausgegoren und halbfertig.
Den momentan führt die Beschränkung des Mobilitätstickets zu solch skurilen Situationen, dass man um von Potsdam nach Bernau zu kommen einmal um Berlin herumfahren muss oder beispielsweise ein Berlin-Pendler aus Hohenneuendorf doppelt so hohe Fahrtkosten hat wie sein Kollege aus dem wenige hundert Meter entfernten Frohnau. Das verwundert umso mehr, als dass die Ausweitung des Mobilitätstickets für Berufspendler ja eigentlich im Koalitionsvertrag vorgesehen war. Aber nun ist Halbzeit, uns steht ein Doppelthaushalt bevor - aber still ruht der See. Wir fordern sie mit unserem Antrag auf, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen. Und im Zuge dieser Neuausrichtung kann auch gleich der Geburtsfehler bei der Finanzierung des Tickets beseitigt werden.
Das Mobilitätsticket ist einst als fauler Kompromiss unter rot-schwarz eingeführt worden. Die SPD wollte es unbedingt, die CDU war dagegen und das Ergebnis ist ein Leertitel im Infrastrukturhaushalt. Bedient aus einbehaltenen Infrastrukturmitteln wegen Nichtleistungen beispielsweise aus dem S-Bahn-Chaos. Diese stiefmütterliche Behandlung spricht gegen jedes Prinzip von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit und sollte baldmöglichst ein Ende haben.
Es ist eindeutig eine sozialpolitische Maßnahme, und muss folgerichtig - auch im Sinne eines transparenten Haushaltes - in den Verantwortungsbereich des Sozial-Ministers überführt werden. Die bisherige Finanzierung aus Regionalisierungsmitteln ist definitiv eine zweckfremde Verwendung von Bundeszuweisung. Auch vor dem Hintergrund der anstehenden Evaluation der Regionalisierungsmittel auf Bundesebene – das Thema hatten wir ja heute schon - sollte diese unnötige Angriffsfläche unbedingt beseitigt werden.
Selbstverständlich muss dabei der zusätzliche finanzielle Mehraufwand für das Sozial-Ministerium in Höhe von ca. 3,5 Millionen Euro in der Aufstellung der Haushaltspläne 2013/2014 berücksichtigt werden. Diese Summe setzt sich aus den bisherigen Kosten des Mobilitätstickets in Höhe von jährlich 2,5 Millionen Euro sowie ca. einer Million Euro auf Grund der geforderten Angebotsausweitung zusammen.
Als Deckungsquelle schlagen wir die Zuführungen an den Landesbetrieb Straßenwesen zur Finanzierung der betrieblichen Aufwendungen vor. Im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung sollten mit der Gründung des Landesbetriebs privatwirtschaftliche Prinzipien wie Wirtschaftlichkeit und Effizienz eingeführt werden. Die Aufwendungen für die Aufrechterhaltung des Betriebs blieben seit der Gründung des Landesbetriebs im Januar 2005 jedoch von nennenswerten Kürzungen der Mittelzuweisungen verschont.
Auch im Bundesländervergleich ist der Finanzbedarf unseres Landesbetriebs Straßenwesens relativ hoch. Deshalb ist die Umsetzung des Gründungszweck, betriebliche Einsparungen zu erzielen, überfällig.
Ich bitte Sie daher unserem Antrag zu zustimmen und das Mobilitätsticket zu einer wirkungsvollen sozialpolitischen Maßnahme mit einer klaren und ausreichenden Finanzierung auszugestalten. Der öffentliche Nahverkehr gehört zur Daseinsvorsorge und deshalb ist es wichtig, die Mobilität Einkommenschwacher durch sinnvolle Maßnahmen zu fördern.
Besten Dank!