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Michael Jungclaus spricht zu unserem gemeinsam mit der CDU gestellten Antrag „Zukunft des Schienenpersonennahverkehrs im Land Brandenburg sicherstellen“

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich war auch ziemlich fassungslos, als ich von der Zustimmung unseres Ministerpräsidenten zum Ergebnis der Verhandlungen über die Regionalisierungsmittel erfahren habe. Ehrlich gesagt ist mir völlig unbegreiflich, wie Sie ein derart wichtiges Thema einfach in einem kleinen Absatz mitverhandeln und sich von den westdeutschen Regierungschefs derartig über den Tisch ziehen lassen konnten.

Zur meiner Vorrednerin: Liebe Kollegin Tack, wenn das ein Kompromiss ist, empfehle ich den Besuch eines Verhandlungsseminars, Grundkurs 1. Das öffnet vielleicht ein wenig die Augen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Sie haben jedenfalls dem Verhandlungsergebnis zugestimmt, dass Brandenburg bis zum Jahr 2030 bei einer jährlichen Preissteigerung von angenommen 1,8 % über 20 % weniger Kaufkraft zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs haben wird. Für dieses Vorgehen kann es eigentlich nur zwei Beweggründe geben: Entweder Sie hatten keine Ahnung, über was Sie da eigentlich abstimmen, oder Sie haben im Wissen um die negativen Folgen für Brandenburg abgestimmt. Wie auch immer, das Ergebnis ist fatal und wird - falls es dabei bleiben sollte – unserem Land nachhaltig schaden.

Wenn der Kieler Verteilungsschlüssel tatsächlich eingeführt wird, wird Brandenburg bis zum Jahr 2030 vom Bund fast 700 Millionen Euro weniger für den ÖPNV erhalten, und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was das bedeutet. Schon heute reicht das Geld hinten und vorn nicht, und schon heute ist der öffentliche Personennahverkehr in Brandenburg dieser Landesregierung keinen einzigen eigenen Euro aus dem Landesetat wert. Wenn jetzt auch noch die Bundesmittel massiv sinken, wird dies ein Kahlschlag im Angebot von Bahn und Bussen zur Folge haben. Damit verliert der ÖPNV nicht nur deutlich an Attraktivität, sondern gerade unsere ländlichen Räume werden damit auch noch stärker als bisher abgehängt. Von A wie Alt Rosenthal bis Z wie Zellendorf: Bei inzwischen über 50 Besuchen auf meiner Bahnhofstour in diesem Jahr auf den sogenannten nachfrageschwachen Bahnhöfen berichten mir die Menschen vor Ort immer wieder mit großem Nachdruck, welche negativen Auswirkungen für ihre Region damit verbunden wären.

Ich kann daher nur an uns alle appellieren: Nutzen wir alle uns gegebenen Möglichkeiten, das miserable Verhandlungsergebnis von Ministerpräsident Woidke zu revidieren und bei der Verteilung der Bundesmittel zumindest keine Schlechterstellung Brandenburgs zu erwirken. Sorgen wir außerdem dafür, dass endlich Landesmittel für die umweltverträglichen Verkehrsträger Bahn und Bus in die Hand genommen werden.

Ich werbe daher um Zustimmung für unseren gemeinsamen Antrag mit der CDU-Fraktion.

Wir brauchen Planungssicherheit und ausreichende Mittel für die Finanzierung unserer Verkehrsleistungen. Wir fordern, dass die Landesregierung für ihre schlechten Verhandlungen geradesteht und entstehende Lücken mit Landesmitteln schließt. Wir fordern außerdem, dass die vom Bund zugeteilten Regionalisierungsmittel zukünftig auch dafür ausgegeben werden, wofür sie eigentlich einmal gedacht waren, nämlich für den Schienenpersonennahverkehr. Busverkehre müssen dann eben schrittweise aus landeseigenen Mitteln mitfinanziert werden.

In der Vergangenheit haben Sie sich bei der Finanzierung des ÖPNV einen schlanken Fuß gemacht, spätestens jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem Sie so nicht mehr weitermachen können.

Es darf nicht sein, dass die Menschen in unserem Land - im wahrsten Sinne des Wortes – nicht mehr mitgenommen werden. Wir müssen verhindern, dass Bahnhalte im ländlichen Raum gestrichen werden und Busse bald nur im Schülertransport verkehren.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie selbst in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, dass alle Landesteile ausreichend versorgt und angebunden werden müssen. Sie haben ebenso vertraglich festgehalten, dass Sie sich bei den Verhandlungen mit Bund und Ländern zu den Regionalisierungsmitteln für den besonderen Mobilitätsbedarf dünner besiedelter Regionen einsetzen wollen. Bisher ist davon nichts zu merken, im Gegenteil. Deshalb noch einmal mein Appell an den Ministerpräsidenten: Machen Sie Druck auf die westdeutschen Bundesländer! Nehmen Sie das Zepter selbst in die Hand, anstatt Brandbriefe an die Bundeskanzlerin zu schreiben!

Sie haben später das Ergebnis maßgeblich mitzuverantworten, und daran werden Sie sich messen lassen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

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Der Antrag wurde abgelehnt.

Redebeitrag des Ministerpräsidenten:

Ministerpräsident Dr. Woidke:

Ich glaube, es ist notwendig, hier ein paar Worte zu sagen. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst einmal die Frage an die CDU-Fraktion, eine ganze simple Frage: Stellen Sie in Sachsen-Anhalt und in Sachsen den gleichen Antrag?

(Genilke [CDU]: Da bin ich nicht im Landtag, Herr Ministerpräsident!)

Es könnte heißen: dass durch das von Ministerpräsident Stanislaw Tillich maßgeblich mitverhandelte Ergebnis usw.,

(Bischoff [SPD]: Nein!)

durch das von Reiner Haseloff maßgeblich mitverhandelte Ergebnis usw. - und dann wird hinten jeweils Brandenburg durch Sachsen bzw. Sachsen-Anhalt ersetzt.

(Dr. Redmann [CDU]: Wollen Sie sich jetzt verstecken?)

Nein, ich will mich überhaupt nicht verstecken. Ich finde es nur etwas ...

(Zurufe von der CDU)

Nein. Ich würde mich freuen, wenn die Position, die Sie hier

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

gegenüber dem Ministerpräsidenten beziehen, auch die Position in anderen Ländern wäre,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

weil wir als Ostministerpräsidenten uns vollkommen einig sind.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

- Herr Redmann, ganz ruhig.

Wenn man hier noch ein bisschen weitergeht: Diese gespielte Empörung, die ärgert mich schon, weil Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - in Klammern: CDU - den Ländern Geld gibt, 700 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich. Sie sagen: Das ist viel zu wenig Geld.

(Genilke [CDU]: Habe ich nicht gesagt!)

Haben Sie mit dem Bundesfinanzminister, der Ihrer Partei angehört, einmal darüber geredet, ob das zu wenig oder zu viel Geld ist? Sie haben vorhin beklagt, dass es nicht 8,5 Milliarden Euro geworden sind,

(Genilke [CDU]: Das sagen Sie!)

was bedeutet hätte, dass Herr Schäuble noch eine halbe Milliarde hätte obendrauf legen müssen. Das hätte uns alle sehr gefreut, dass kann ich hier nur sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

Punkt 2: Ich glaube dessen ungeachtet, dass es ein gutes Ergebnis ist, weil es ein Kompromiss zwischen dem ist, was die Fachminister verhandelt haben - sie haben 8,5 Milliarden Euro gefordert -, und dem, was der Bund bereit war zu geben. Da ist 1 Milliarde dazwischen gewesen. 700 Millionen Euro herauszubekommen ist, glaube
ich, nicht schlecht.

Jetzt geht es aber um etwas anderes: Sie gehen davon aus, dass der Kieler Schlüssel unter völlig anderen Voraussetzungen gilt. Dem Kieler Schlüssel wurde von den ostdeutschen Ländern - übrigens ist das die Meinung von Reiner Haseloff genauso wie die von Stanislaw Tillich - unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der Bund 8,5 Milliarden Euro pro Jahr auf den Tisch legt. Ich habe jetzt den Brief geschrieben, weil der Bund das, was den Ostdeutschen nutzt, nämlich die Sperrklinke, herausnimmt, aber alles, was den Westdeutschen nutzt, bleibt in dieser Verteilung vorhanden.

(Domres [DIE LINKE]: Hört! Hört!)

Kommen wir noch einmal auf Sie zurück. Wissen Sie, wer diesen Streit zu entscheiden hat? Es wird niemand aus der SPD sein, es wird auch niemand von den Grünen sein, es wird schon gar niemand von den Linken sein,

(Zuruf der Abgeordneten Tack DIE LINKE)

es ist das Mitglied der CDU/CSU-Fraktion Herr Dobrindt. Ich bin sehr gespannt, welchen Vorschlag Herr Dobrindt unterbreiten wird. Er muss nämlich dazu eine Verordnung schreiben.

Ich glaube, es war richtig, diesen Brief, der mit allen Ministerpräsidenten der Ostländer abgestimmt war, zu schreiben, und es ist richtig, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass wir vom Bund eine auskömmliche Finanzierung bekommen. Dafür sollten auch Sie sich einsetzen.

Ich hätte gerne hin und wieder auch von Ihnen ein bisschen mehr Unterstützung auf dieser Ebene. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Präsidentin Stark:

Herr Ministerpräsident, während des Redebeitrags ist eine Frage angezeigt worden. Lassen Sie die zu?

Ministerpräsident Dr. Woidke:

Aber sehr gerne.

Präsidentin Stark:

Herr Jungclaus, Sie haben das Wort.

Redebeitrag: Michael Jungclaus

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, für Ihre Ausführungen, vor allen Dingen in Richtung,
was andere Verantwortlichkeiten angeht.

(Lachen bei der CDU)

Mich würde interessieren, da wir hier in Brandenburg sind und es in einem Teil des Antrags auch darum ging, eigene Landesmittel in die Hand zu nehmen, ob Sie sich vorstellen könnten, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen, die durchaus eigene Landesmittel für den ÖPNV in die Hand nehmen, beispielsweise Bayern mit über 80 Millionen Euro.

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE: Bayern!)

Vielleicht könnten Sie auch auf diesen Punkt des Antrags eingehen.

Ministerpräsident Dr. Woidke:

Lieber Herr Jungclaus, wir werden erst einmal dafür kämpfen, dass der Bund für eine möglichst auskömmliche Finanzierung der Regionalverkehre der Länder sorgt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das ist Punkt 1.

Zu Punkt 2 werden wir uns in den Haushaltsverhandlungen auseinandersetzen. Da erwarte ich entsprechend des heute von Ihnen gestellten Antrags Ihre Vorschläge zur Gegenfinanzierung. - Danke schön.

(Beifall SPD)