>> Zum Antrag „Konsequenzen aus der Haasenburg: Kinderschutz gewährleisten“ als pdf-Datei
- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede
Wir machen uns heute für ein Thema aus der letzten Legislaturperiode stark, über das kein Gras wachsen darf.
Zur Erinnerung: Im Juni 2013 wurde öffentlich publik, dass in den Heimen der Haasenburg GmbH über Jahre hinaus Kinder und Jugendliche gedemütigt, drangsaliert, geschlagen und über viele Stunden an sogenannte Fixierliegen geschnallt wurden. Es waren nicht die Aufsichtsbehörden, die diese Missstände öffentlich machten. Nein, es waren zwei findige Journalisten der taz, die Dinge veröffentlichten, die dem Landesjugendamt und damit auch dem Bildungsministerium großteils längst hätten bekannt sein müssen, manche auch nachweisbar bekannt waren. Niemand hat es für nötig befunden, einzuschreiten.
Schon im Frühjahr 2012 hatten wir nach Medienberichten über Missstände aufgrund mangelhaft qualifizierten Personals und merkwürdige hohe Gewinne bei der Haasenburg GmbH eine erste Kleine Anfrage eingereicht. In der Antwort formulierte die Landesregierung, in der Vergangenheit gemeldete Mängel seien allesamt behoben, gegenwärtig sei nichts bekannt, was ein Eingreifen erfordere.
Das sollte sich in der Folge als falsch herausstellen. Immer neue Details zu den Erziehungsmethoden in der Haasenburg GmbH wurden publik, die sowohl ältere als auch aktuelle Vorkommnisse in den Heimen betrafen. Das Ministerium setzte im Juli 2013 eine Untersuchungkommission ein, die im November ihren Abschlussbericht veröffentlichte. Die Heime waren inzwischen geschlossen worden.
In dem Bericht heißt es, die Verfehlungen über Jahre hinweg legten „den Schluss auf Mängel nicht unerheblicher Art in der Ausübung der Aufsicht über die Haasenburg GmbH nahe“. Er stellt der behördlichen Aufsicht in Brandenburg ein vernichtendes Urteil aus: „Nicht glaubhaft ist, dass das Landesjugendamt von Fixierungen in Einrichtungen der Haasenburg GmbH nichts gewusst hat“ (S. 104). Weiter empfiehlt die Kommission den „Aufbau einer unabhängigen Kontrollagentur zur zur Überprüfung der Qualität der Arbeit sowie der dazugehörigen Verwaltungstätigkeit in Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung, in Jugendämtern sowie in den zuständigen Landesbehörden“, die „Einrichtung einer 'Ständigen bundesweiten Konferenz' zur Diskussion vor Ursachen, Folgen und Hilfebedarfsvarianten für Kinder und Jugendliche, die Systemgrenzen sprengen können“, sowie diverse weitere Maßnahmen (S. 123).
Im Zuge der Aufarbeitung wird auch publik, dass im Landesjugendamt die Aufsicht über 400 Jugendhilfeeinrichtungen in den Händen dreier Mitarbeiter lag und es nur ein einziges Mal eine unangemeldete Kontrolle gegeben hatte. Man fragt sich, wer glauben konnte, das seien effektive Strukturen.
Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden: Es war nicht alles schwarz in diesen Heimen mit dem niedlichen Namen. Es gab Vertrauen und Jugendliche, die von ihrer Zeit dort Positives berichten. So wie wir uns überhaupt fragen müssen, was denn mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen eigentlich geschehen ist. Mir wurde neulich erzählt, einer lebte jetzt in Thüringen auf der Straße.
Frau Münch als Jugendministerin versprach als Konsequenz aus dem Kommissionsbericht, erstens die Heimaufsicht neu aufzustellen und personell zu verstärken und zweitens eine bundesweite Initiative über die gesetzlichen Grundlagen entsprechender Unterbringung zu starten (PM MBJS 6.11.2013). Was aus all dem geworden ist, verschwindet auf Landesebene im Nebel der unsinnigen Eingliederung des Landesjugendamtes in das Ministerium. Die personelle Verstärkung der Heimaufsicht wird durch die Personalbedarfsplanung nicht abgebildet. Die versprochene bundesweite Initiative zur Neuregelung des § 45 im SGB VIII, der Definition des Kindeswohls, versickert im märkischen Sand. Nachfragen im Bildungsausschuss hinterlassen nur Ratlosigkeit.
Das können wir nicht weiter hinnehmen! Denn das bedeutet, dass genau dieselben Vorkommnisse, wie sie in der Haasenburg passiert sind, jederzeit wieder vorkommen können. Vielleicht in neuen oder anderen Einrichtungen in Brandenburg, vielleicht mit Brandenburger Jugendlichen in anderen Einrichtungen in anderen Bundesländern! Und dann kann NIEMAND sagen, wir hätten nichts gewusst.
Deshalb ergreifen wir diese Initiative, gemeinsam mit unseren Berliner Kolleginnen und fordern, endlich ein Konzept zur Weiterentwicklung der entsprechenden Hilfeangebote vorzulegen. Freiheitsentziehende Maßnahmen sollten möglichst vermieden werden, wir brauchen bessere Begleitung, Strukturen für die Heimaufsicht, ein effektives Beschwerdemanagement und fachliche Standards, die gemeinsam mit den Jugendämtern entwickelt werden müssen.
Ich hoffe sehr, dass wir im Ausschuss konkrete Schritte vereinbaren können. Gras darf über diese Frage nicht wachsen. Und die inhaltsleere Synergiefloskel im Zusammenhang mit der Eingliederung des Landesjugendamtes in das Ministerium ist noch keine Antwort!
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Unserem Antrag ist durch das Plenum einstimmig gefolgt worden.