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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag von BVB / FREIE WÄHLER „Für eine faire Bezahlung der KITA-Erzieherinnen und Erzieher“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

In den letzten Wochen haben vielleicht einige unter Ihnen vor der Situation gestanden, dass die Kindertagesstätte Ihres Kindes oder Enkelkindes geschlossen war, in der es normalerweise gut betreut wird. Sie wurde bestreikt – und das aus unserer Sicht zu Recht.

Wir müssen endlich lernen, der Bildung und Erziehung kleiner Kinder einen anderen Stellenwert beizumessen. Auch wenn alle Bildungsexperten, Hirnforscher und Pädagogen uns längst gezeigt haben, dass wir damit auf dem Holzweg sind, wird bei uns immer noch der Universitätsprofessor gesellschaftlich und finanziell üppig honoriert, die Erzieherin hingegen gilt als zuständig für das Sortieren von Bauklötzen und wird entsprechend bezahlt. In Japan gleicht das Gehalt einer Erzieherin dem Einstiegsgehalt eines Professors. Da kann es doch bei uns auch mal ein bisschen Bewegung geben! Auch wenn wir eine Aufwertung des Erzieherberufes nicht hier auf Landesebene beschließen können, sondern sich darüber die Tarifparteien einigen müssen, können wir das Signal aussenden, dass wir schon längst keine Notwendigkeit mehr sehen, zwischen Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern zu differenzieren.

Schon allein die Belastung, die mit diesem wunderschönen Beruf einhergehen, würde eine Höhergruppierung rechtfertigen: 75% der ErzieherInnen sind häufig von Lärm betroffen, bei den anderen Berufen sind dies gerade einmal 23%; 59% der ErzieherInnen verüben ihre Arbeit in gebückter, hockender oder kniender Haltung, bei den anderen Berufen sind dies gerade einmal 16%. Auch bei der Belastung durch Viren oder Bakterien oder beim Heben und Tragen von schweren (Kinder-)Lasten sind die ErzieherInnen deutlich stärker belastet als andere Berufsgruppen. Somit also ein uneingeschränktes „ja“ zum ersten Beschlusspunkt des Antrages.

Beim zweiten Punkt muss ich Ihnen sagen, dass wir bereits einen Fachkräftebericht zum Thema Kita aus dem Jahr 2013 haben. Der ist jedoch nur quantitativ aufgebaut und enthält keine Aussagen über die wahre Fachkraft-Kind-Relation. Damit wird beschrieben wie viele Kinder tatsächlich auf eine Fachkraft kommen. Wie viel Zeit kann die Fachkraft unmittelbar am Kind ausüben. Die im 2. Punkt genannten Tätigkeiten sind nämlich nur mittelbar am Kind und sind im gesetzlichen Personalschlüssel neben den Ausfallzeiten enthalten. Der Betreuungsschlüssel wird also eingehalten, auch wenn kaum ErzieherInnen bei den Kindern sind, solange sie mit der richtigen Stundenzahl beschäftigt sind. Wir wollen, dass die Landesregierung darlegt, wie die Fachkraft-Kind-Relation in Brandenburg tatsächlich ist.

Der 3. Forderungspunkt ist absolut richtig. Der Personalschlüssel in Brandenburg muss dringend verbessert werden. Einen kleinen weiteren Schritt gehen wir morgen. Dennoch darf dies nicht der letzte sein. Mehr Personal wird zur Qualitätssteigerung beitragen, kann aber nicht die einzige Maßnahme bleiben. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Kita-Leitungen besser freistellen müssen, dass wir dringend ein verbindliches Qualitätsmonitoring (was wir bereits beantragt hatten) brauchen (Denken Sie daran: Weniger als 10 % der Kitas bundesweit leisten gute pädagogische Arbeit!) und wie absurd es ist, dass Kita-Erzieherinnen, die den wichtigsten Beitrag in der Bildungsbiografie eines Menschen leisten, von all den Pädagogen entlang des Lebensweges am schlechtesten entlohnt werden! Ja, auch das hat etwas mit Qualität zu tun!

Die Baustelle Kita bleibt uns in Brandenburg also weiterhin erhalten. Der Druck von außen bleibt bestehen und ist sogar noch einmal durch die 12.000 Unterschriften für eine beitragsfreie Kita gewachsen. Das Anliegen ist gut und berechtigt. Es kann auch hier im Saal niemand erklären, warum die Bildung ab der Schule bis zum Masterabschluss kostenfrei ist, aber für die Kita-Jahre, in denen die entscheidende Stellschraube für den sozialen Ausgleich im Hinblick auf die Bildungschancen liegt, bezahlt werden muss. Hier ist etwas schief im System. Uns ist aber auch klar: um dies zu ändern, braucht es einen langen Atem. Das Wichtigste ist erstmal die Qualität, aber gleichzeitig dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, das dicke Brett der Bezahlung anzubohren.