- Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede]
Ich habe noch gesucht gestern nach einem Jingle, einer Erkennungsmelodie, eines der freien Radioprojekte in Brandenburg, das ich Ihnen hätte vorspielen können. Leider habe ich keines gefunden. Freie Radioprojekte gibt es ja schon einige wenige, auch wenn ich nicht weiß, ob Sie die kennen: das grenzübergreifende Radio Slubfurt z.B., oder das Freie Radio Potsdam (frrapo).
Und richtig, es gibt freie Radios. Aber bislang keine UKW-Frequenzen für sie (wenn man mal absieht von dem Sendeverbund 88,4, der kleine Zeitfenster vergibt) und keine Finanzierung.
Radio- und Fernsehsender gibt’s doch schon wie Sand am Meer, wozu brauchen wir noch freie? – Die Antwort: Gerade in Zeiten sich reduzierenden Medienangebotes steigern die Freien den Medienpluralismus, fördern kulturelle und sprachliche und genauso wie die Meinungsvielfalt.
Schon 2008 hat das europäische Parlament darauf hingewiesen, dass Bürgermedien dazu beitragen können, die Identität spezifischer Interessengruppen zu stärken und gleichzeitig den Angehörigen einer Gruppe die Gelegenheit bieten, sich mit anderen Interessengruppen auseinander zu setzen und so Toleranz und Pluralismus in der Gesellschaft stärken. Das Europaparlament hat die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Bürgermedien als eigenständige Gruppe neben den kommerziellen und den öffentlichen Medien rechtlich anzuerkennen und bei der Bereitstellung von analogen und digitalen Radio- und Fernsehfrequenzen die Bürgermedien nach dem von ihnen erbrachten sozialen Zugewinn zu bewerten.
Um ein bisschen konkreter zu werden: Der Rundfunkstaatsvertrag aller Länder sieht ausdrücklich vor, dass die Medienanstalten der Länder Finanzierungsregelungen treffen können für nichtkommerzielle Rundfunkprogramme – also für Radio und Fernsehen. Dazu wird allerdings eine spezielle Rechtsgrundlage des Landesgesetzgebers gefordert, wie sie einige Bundesländer haben, Berlin und Brandenburg aber nicht.
Und ja, ich gebe zu, was ich hier vorstelle, ist alter Wein in alten Schläuchen, allerdings längst dem Diskontinuitätsprinzip anheimgefallen. Es hat diese Diskussion schon mal gegeben, Berlin hat das 2005 gewollt und Brandenburg hat es abgelehnt. Die Begründung war, die Mittel der MABB müssten entsprechend dem Rundfunkgebührenaufkommen der beiden Länder verteilt werden, es dürfe keine Schieflage zugunsten Berlins entstehen (wo die Begehrlichkeiten unvergleichlich größer sind!). Dieses Problem halte ich nicht für unauflösbar.
Nun hat das Berliner Abgeordnetenhaus im Januar diesen Jahres den Senat aufgefordert, mit der Brandenburger Landesregierung über eine Neufassung des gemeinsamen Medienstaatsvertrages in Verhandlung zu treten, mit dem Ziel, eine Rechtsgrundlage für die Unterstützung nicht-kommerziellen regionalen oder lokalen Rundfunks zu schaffen. Das würde der Landesmedienanstalt ermöglichen, den Nicht-Kommerziellen Frequenzen zur Verfügung zu stellen und sie aus dem Rundfunkbeitragsaufkommen zu finanzieren.
Abgesehen von der Frage der Verteilung der Mittel zwischen Berlin und Brandenburg stellen sich weitere Fragen:
1. Finanzierung: Die Grundkosten für ein freies Radio bewegen sich im Bereich von ca 90 - 150.000 €. Angesichts eines Gesamtvolumens der MABB von ca. 8 Mio. erscheint mir das verhandelbar.
2. Qualifizierung: Die kann sich sowohl auf die Frage beziehen, welche qualitativen Ansprüche wir an die Anbieter solcher Radiosender stellen, als auch, ob wir lokale Fernsehsender in die Regelungen mit aufnehmen wollen?
3. Radikalisierung: Der „Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien“ regelt u.a. auch die Programminhalte. Sollte der MABB zur Kenntnis kommen, dass Sender dagegen verstoßen, wäre eine sofortige Abschaltung möglich.
Da in Berlin jetzt wohl erstmal Wahlen und dann eine neue Regierungsbildung auf der Tagesordnung stehen, gibt es für uns genügend Zeit, die anstehenden Fragestellungen im Rahmen einer Anhörung im Hauptausschuss zu diskutieren und dann unsere Schlussfolgerungen zu ziehen.
Ich hoffe sehr, dass unsere Schlussfolgerung dann ist, dass alter Wein ganz hervorragend schmecken kann.
Unser Antrag wurde in den Hauptausschuss überwiesen.