- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Unter der Überschrift 'Brandenburgisches Hochschulgesetz' reden wir über einen ganzen Sack voller Themen. Dass wir im Mai letzten Jahres schon einen ersten Blick in den Sack werfen durften, als der Referentenentwurf in die erste vorparlamentarische Debattenrunde ging, ist ein Pluspunkt im Verfahren. Dass die Kritikpunkte in dem jetzt vorliegenden Entwurf nur ansatzweise aufgenommen wurden, enttäuscht. Andere SPD-Länder sind da weiter. Vielleicht war hier nichts anderes zu erwarten, denn es gab nie Anzeichen, dass die Landesregierung an der miserablen Grundausstattung der Hochschulen etwas ändern würde.
Von den vielen strittigen Punkten im großen Sack Hochschulgesetznovelle greife ich vier Themen auf:
Erstens: Arbeitsbedingungen und -perspektiven des wissenschaftlichen Mittelbaus. Die Kritik der Beteiligten hat sich immerhin niedergeschlagen in dem Satz „Die Hochschulen tragen dem berechtigten Interesse ihres Personals auf angemessene Beschäftigungsbedingungen Rechnung" (§ 3, Abs. 6). Das ist als Appell zwar grundsätzlich zu begrüßen, ohne konkrete gesetzliche Regelungen jedoch mitnichten ausreichend. Wir wollen die Mindestvertragslaufzeit für akademische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf zwei Jahre festschreiben – so wie es der Senat der Uni Potsdam bereits tut. Befristungen wären weiter möglich, aber eben nur mit triftigem Grund. Die Hamburger Landesregierung macht gerade vor, wie das zu regeln wäre.
Zudem fordern wir gemeinsam mit der GEW und der Brandenburger Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich Beschäftigten, die Kategorie der wissenschaftlichen Hilfskräfte im Hochschulgesetz zu streichen. Es kann doch nicht sein, dass im rot-roten Bundesland, wo die alte Arbeitnehmer-Kümmertante SPD zusammen mit der Linken regiert, die im Bundestagswahlkampf plakatiert „10 € Mindestlohn – jetzt!“, im eigenen Haus aber sang- und klanglos hingenommen wird, dass Beschäftigte mit Hochschulabschluss mit Dumpinglöhnen von teilweise nur 8 € entlohnt werden!
Bei den Lehrbeauftragten begrüßen wir zwar die vorgenommene Konkretisierung, wann ein Lehrauftrag ergänzendes Angebot ist. Wir kritisieren allerdings, dass die weiteren Änderungen allein zu Lasten der Beschäftigten gehen.
Zweitens Mitbestimmung: Laut Gesetzentwurf sollen immer noch die Professorinnen und Professoren die Mehrheit in den entscheidenden Hochschulgremien stellen, so wie es das Bundesverfassungsgericht vor mehr als 40 Jahren einmal vorsah. Für uns ist es jedoch längst an der Zeit, die Senate und Fachbereichsräte viertelparitätisch zu besetzen – also zu je 25 Prozent mit Professorinnen oder Professoren, Studierenden, wissenschaftlichem Mittelbau sowie Beschäftigten in Technik und Verwaltung.
Drittens Gleichstellung: Je höher der Status, je geringer der Frauenanteil: Bei den DozentInnen und AssistentInnen liegt der Frauenanteil bei ca. 35%, bei den ProfessorInnen nur noch bei 20 %. Auch hier hätten wir uns mutigere Schritte gewünscht.
Viertens Hochschulverträge: In Berlin werden sie vom Parlament beschlossen! Hier wird hinter geschlossenen Türen verhandelt, wir dürfen zwar erfahren, um welche Inhalte es geht, wie aber die konkreten Vereinbarungen lauten, welche Ziele, gemessen an welchen Überprüfbarkeitskriterien, verhandelt werden und wie genau die Gelder verteilt, das kriegen wir erst gesagt, wenn alles unterschrieben ist.
Und noch ein Letztes: Rückmeldegebühren und Zwangsexmatrikulationen lehnen wir - wie auch die Linke laut Peer Jürgens! – ab.
Dieser ganze Sack voller Themen wird gebeutelt von dem Dauerbrenner Hochschulfinanzierung in Brandenburg. Was wir hier machen, mit den Arbeitsbedingungen im Mittelbau wie mit den Hochschulverträgen, ist Planungssicherheit, ja, dessen rühmt sich ja die Landesregierung. Aber es ist Planungssicherheit in der Hungerzone! (Und deshalb verweigert ja auch die Uni Potsdam ihre Unterschrift unter dem Hochschulvertrag!)
Wir tragen bundesweit die rot-rote Laterne als Dauerbeleuchtung im Hochschulbereich: Wir geben am wenigsten aus pro Kopf der Bevölkerung, am wenigsten gemessen am Gesamthaushalt. Wir geben weniger als die Hälfte von dem aus, was Flächenländer im Durchschnitt ausgeben, ein wenig mehr als die Hälfte dessen, was die anderen Neuen Bundesländer ausgeben und weniger als die Hälfte des Bundesdurchschnitts der Länder. So hat Bildung Priorität in Brandenburg.