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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag „Brandenburg – Land des Sports“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Mit diesem Antrag haben Sie, werte Kollegen der Koalitionsfraktionen, uns eine Menge Prosa vorgelegt. In olympischen Zeiten macht es sich ja auch gut, über die Belange des Sports zu reden. Auch wenn diesmal – anders als in London – die eigene Olympiamannschaft leer ausgegangen ist. Obwohl – eine Silbermedaille kann sich Brandenburg dennoch anheften, der Geburtsort Neuruppin macht es möglich.

Brandenburg ist laut Ihrem Antrag ein Land des Sports. Ja, dies kann man so sehen und der Sport trägt aus unserer Sicht auch einen wichtigen Anteil zur sozialen Integration, zur Bildung und zur öffentlichen Gesundheit bei.

Aber um mal das berühmte Wasser in den Wein zu gießen: hat nicht gerade die Enquetekommission festgestellt, dass wir noch erheblichen Nachholbedarf beim Thema Sport haben. An dem Tag, an dem die ersten Zeilen des Antrages geschrieben wurden, war Google wohl ausgeschaltet. Sowohl die Zahlen des DOSB als auch die Forschungsergebnisse für die Enquete Aufarbeitung sprechen eine andere Sprache beim Breitensport. In den öffentlichen Gutachten der Enquete heißt es: „Im Bereich des Breitensports ist Ostdeutschland allerdings im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern deutlich schlechter aufgestellt. Die Sportbeteiligung liegt dort mit 28 bis 40 Prozent signifikant höher als in den ostdeutschen Ländern mit 12,7 bis 16,6 Prozent. Brandenburg bilde, so die Gutachterin Dr. Braun, gar das Schlusslicht aller Bundesländer.“ (Abschlussbericht Enquete 5/1, S. 246). Und auch gleichstellungspolitische Aspekte geben zu denken.

Nicht umsonst habe ich den Einstieg über die Medaillen gewählt. Denn wiederum hat die Enquete festgestellt, dass die überbordende Medaillenfokussierung ein Problem ist, welches Brandenburg auch als Hypothek aus der DDR mit übernommen hat. Der Spitzensportfokus in der DDR war nicht zu trennen vom Staatsdoping, und hier ist vieles noch nicht aufgearbeitet, vor allem werden Dopingopfer noch immer alleine gelassen. Erste Ansätze für eine bessere Betreuung von (DDR-)Dopingopfern drohen sich gerade wieder beim LSB zu verlaufen, obwohl es nach den einschlägigen Enqueteanhörungen noch viel Reue bei den Verbandsverantwortlichen gab. (siehe Abschlussbericht, S. 247ff). Über solche Seiten des Sports findet man rein gar nichts in Ihrem Antrag. Es ist völlig unverständlich, dass zum Missbrauch von Leistungssport hier kein Wort steht.

Leider bin ich mit meiner Kritik noch nicht zu Ende: In Ihrem Antrag wird eine weitere Erhöhung der Sportförderung gefordert. Wir haben uns schon gegen die letzte Erhöhung gestellt, da sie eine Reduktion der Lottomittel für andere Projekte bedeutet hat. Diese durch eine weitere Erhöhung noch weiter abzusenken, ist absolut inakzeptabel.

Was wir auf schärfste kritisieren ist, dass Sie in Ihrem Antrag den Freiwilligendienst im Sport mit 250 Tausend Euro ESF-Mitteln ausstatten wollen. Sie haben erst vor ein paar Monaten anderes beschlossen. Wir erwarten auf Grund Ihres Entschließungsantrages einen Bericht „über die beabsichtigte Ausgestaltung der künftigen Förderung der Freiwilligendienste“ im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Hier schon einmal vorweg dem Sport die Freiwilligendienste zuzuschustern, ist unredlich. Hier muss es doch ein Gesamtpaket geben, in dem sehr gerne der Sport mitbedacht wird. Ein Ausspielen der Freiwilligendienste untereinander darf es nicht geben!

Auch halten wir die Verankerung des Sports als Staatsziel im Grundgesetz für nicht notwendig.

So, genug der Kritik. Unterstützung erhalten Sie hingegen von uns für den Vorschlag, den „Goldenen Plan Brandenburg“ neu aufzusetzen und dafür 2 Millionen Euro EU-Mittel bereit zu stellen. Hiermit wird in den Breitensport und auch in die schulische Infrastruktur investiert, was wir begrüßen.

Für uns ist Sport wichtig. Er fördert nämlich nicht nur die Gesundheit, er trägt auch zu bürgerschaftlichem Engagement und zum Verständnis von Demokratie bei. Sport fördert die soziale wie kulturelle Integration. Programme wie „Integration durch Sport“ oder „Kick Brandenburg“ der Brandenburgischen Sportjugend erreichen zehntausende Kinder und Jugendliche. Sie sind wichtige Bestandteile präventiver Jugendsozialarbeit und der beste Beweis, dass jeder Cent hierfür gut angelegtes Geld ist. Für uns müssen die über den Landessportbund zugewiesenen Fördermittel gleichermaßen auch den vielen kleineren Vereinen zukommen, die bisher kaum von den Landesförderprogrammen profitieren. Wir wollen in der Sportförderung ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Breitensport und Spitzensport. Die besondere Struktur der Brandenburger Vereinslandschaft mit einer Vielzahl kleiner und mittlerer Vereine soll hierbei besonders berücksichtigt werden. Für uns ist Ihre Sportpolitik zu stark auf den Spitzensport in den olympischen Sportarten ausgerichtet. Bei der Förderung des Breitensports hält sie den Ball eher flach.

Aber der Breitensport gewinnt ja auch keine Medaillen und sei es nur wegen des Geburtsortes.