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Marie Schäffer spricht zum zwölften Bericht des Ministers des Innern und für Kommunales über bestimmte Maßnahmen der Datenerhebung auf Grund des Brandenburgischen Polizeigesetzes (Dezember 2019)

Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ein wichtiges Grundprinzip einer freien Gesellschaft ist, dass ich als Bürgerin abschätzen kann, wer was wann über mich weiß. Das gilt gegenüber Firmen, die aus wirtschaftlichen Interessen intimste Daten sammeln, aber das gilt umso mehr gegenüber staatlichen Stellen, da dort der Einzelne im Gegensatz zur freien Wirtschaft nicht entscheiden kann, ob er Daten abgeben möchte oder nicht.

Die im Bericht beschriebenen Maßnahmen greifen in die Rechte von Menschen ein. Überwachung des öffentlichen Raumes übt einen unmittelbaren Einfluss auf unser Verhalten aus und ist unter Umständen geeignet, Menschen an der freien Entfaltung zu hindern. Gerade deswegen ist es so wichtig, dass hier einmal im Jahr detailliert berichtet wird, welche Daten gesammelt werden.

Ich denke, insgesamt kann dem Bericht entnommen werden, dass die hier behandelten Befugnisse zur Datenerhebung nach dem Brandenburgischen Polizeigesetz maßvoll zugunsten der Gesellschaft eingesetzt werden. Das gilt auch für den präventiven Einsatz des Kennzeichenerfassungssystems KESY. Wir haben hier im Plenum schon einige Male über KESY gesprochen und werden das sicherlich noch häufiger tun. Im Gegensatz zur Nutzung im Aufzeichnungsmodus nach StPO, die ich weiterhin sehr kritisch sehe, werden bei der hier betrachteten präventiven Nutzung nur die konkreten gesuchten Kennzeichen gespeichert, und das auch nur in ganz bestimmten Fällen - bei vermissten Personen, Suizidgefahr, in seltenen Fällen zur Verhinderung von unmittelbar bevorstehenden Straftaten. Ich denke, die Zahlen
und Anlässe der hier aufgeführten Fälle deuten auf einen maßund sinnvollen Einsatz des Systems hin.

Bei der Videoüberwachung kommt es zu einem interessanten Phänomen. Wiederholt wurden sinkende Fallzahlen in videoüberwachten Bereichen eher pauschal als Beleg für die Notwendigkeit und Richtigkeit der Maßnahme bewertet, oft unbeschadet insgesamt sinkender Fallzahlen in Brandenburg und ohne dass
man sich groß mit den statistikverzerrenden Effekten wie einem geänderten Meldeverhalten in Bezug auf Straftaten, einer veränderten Bereitschaft, von Strafverfolgern gemeldete Straftaten zu erfassen, oder Änderungen im Strafrecht beschäftigt hätte.

Nun steigt leider die Zahl der Straftaten im videoüberwachten Bereich des Hauptbahnhofs Potsdam, während sie im restlichen Stadtgebiet sinkt. Einige haben in der Presse auch feixend festgestellt:
Videoüberwachung erzeuge Kriminalität. - Diese Kausalität ist natürlich Unsinn. Ich würde trotzdem nüchtern festhalten, dass sich ein nennenswerter Effekt der Videoüberwachung auf die Sicherheit nicht aus den vorliegenden Zahlen ableiten und beweisen lässt. Dieser Beweis steht also noch aus.

Hier möchte ich auch einmal auf die Herangehensweise bezüglich Daten und Fakten hinweisen, liebe AfD: Die Abwesenheit eines Beweises für einen Effekt ist nicht der Beweis für die Abwesenheit des Effektes. Das möchte ich hier unterscheiden. Was an Kriminalitätsschwerpunkten hingegen erwiesenermaßen
wirkt, sind die erhöhte Präsenz von Sicherheitskräften, bauliche Maßnahmen - zum Beispiel bessere Ausleuchtung - und gerade bei Jugendlichen auch das Vorhandensein von alternativen Aufenthaltsmöglichkeiten. Ich freue mich, dass das an vielen Stellen auch gefordert und praktiziert wird.

Ein letzter Satz: Diese Diskussion werden wir sicher noch häufiger führen, und darauf freue ich mich. Hier lasse ich es bei der Feststellung: Es ist gut, dass wir diese Datengrundlage haben
und fundiert darüber sprechen können. - Vielen Dank.

Sehen Sie hier die Rede: