- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste,
ehrlich gesagt fand ich das Lied von der Oma, die im Hühnerstall Motorrad fährt, noch nie besonders witzig. Dabei hab ich es als Kind viel gesungen. Die Idee, dass die Oma nicht Kartoffeln schält oder Topflappen häkelt, so wie meine Omas, fand ich zwar ganz cool, aber die armen Hühner, die haben mir schon immer leidgetan!
Über Humor und Satire lässt sich trefflich streiten, das soll man auch gerne tun - solange man die Kunst- und Meinungsfreiheit nicht in Frage stellt. Ich hab auch überhaupt kein Problem damit, wenn man die Umdichtung dieses Liedes des wdr Kinderchors nicht besonders lustig oder gelungen findet.
Ich habe aber ein großes Problem damit, wenn Leute, die unsere unabhängige Presse als „Lügenpresse“ titulieren, solche Gelegenheiten zum Anlass nehmen, eine Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu starten, über die sozialen Medien Druck aufbauen, unsere freie Medienlandschaft angreifen und am Ende sogar den Rundfunkstaatsvertrag kündigen wollen.
Und ganz zufällig sind das dieselben Leute, die kritische Berichterstattung verhindern wollen und Journalist*innen als „Volksverräter“ in Verruf bringen, Bei Demonstrationen von „Zukunft Heimat“ in Cottbus im Januar 2018 z.B. wurden Journalist*innen von der Bühne herab zu Freiwild erklärt, namentlich in Reden genannt, bei der Demo angerempelt und geschubst. Das ist doch der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren von ganz, ganz rechts!
Deutschland hat mit seiner unabhängigen Presselandschaft und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine der freisten und kritischsten Berichterstattungen weltweit. Darüber können wir uns glücklich schätzen. Und die Freiheit der Kunst ist ein sehr, sehr hohes Gut, meine Damen und Herren! Das gilt es zu bewahren!
Radio und Fernsehen leisten viel: Sie informieren verlässlich über Fakten, recherchieren Hintergründe, greifen gesellschaftliche Debatten auf und stellen zu kontrovers diskutierten Themen verschiedene Meinungen dar. Damit sind sie unverzichtbar für den demokratischen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft!
Das ist nur möglich, weil der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk weder Staatsfernsehen noch rein privat finanziert ist, sondern weil wir mit den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten und dem Rundfunkstaatsvertrag ein Instrument geschaffen haben, das Unabhängigkeit garantiert, und zwar sowohl von direkter politischer Einflussnahme als auch von den Interessen der Wirtschaft.
Guten Journalismus gibt es nicht zum Nulltarif, auch wenn die Abschaffung der Rundfunkgebühren eine populäre Forderung ist. ARD und ZDF brauchen eine solide Finanzierung. Das Solidarmodell des Haushaltsbeitrags und die Rundfunkgebühren sind dafür eine gute Grundlage.
Das Internet hat die Möglichkeit medialer Beteiligung für alle erweitert. Die Veröffentlichung von Meinungen ist nicht mehr von dem Urteil einer Redaktion abhängig. Das bietet Chancen, aber auch große Risiken.
Internetkonzerne, Plattformen und sogenannte „Social Bots“, die den Informationsfluss algorithmisch steuern, gewinnen gravierenden Einfluss auf die Meinungsbildung. Falschmeldungen, „Fake News“, werden gezielt verbreitet, um Stimmung zu machen, z.B. gegen Geflüchtete, gegen Politikerinnen oder im Wahlkampf.
Deshalb braucht es klare Regeln, die Transparenz und Recht im Netz gewährleisten und ganz besonders braucht es eine Medienbildung in Kitas und Schulen, die den kritischen Umgang mit den Sozialen Medien von Anfang an zur Grundlage macht.
Um den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden, brauchen die Rundfunkanstalten mehr Spielraum, nicht weniger. Und wir brauchen natürlich auch den flächendeckenden Breitbandausbau im ganzen Land!
Gute Vorschläge dafür gibt es in unserem Koalitionsvertrag, z.B. die Entwicklung einer gemeinsamen digitalen Plattform der öffentlich-rechtlichen Sender. Wir Bündnisgrüne halten es übrigens auch für unsinnig, dass journalistische Beiträge nach einer gewissen Zeit im Netz gelöscht werden müssen. Diese Beschränkung wollen wir aufheben.
Was die Rundfunkanstalten leisten sollen in einer sich wandelnden und digitaler werdenden Welt, darüber sollten wir diskutieren. Nicht darüber, ob wir den Rundfunkstaatsvertrag kündigen und die Rundfunkgebühren abschaffen.
Wie können die Sender ihre Qualitätsanforderungen erfüllen? Welche Programme sollen ARD und ZDF machen und welche sind vielleicht verzichtbar? Schließlich ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk der ganzen Gesellschaft als Quelle von Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung verpflichtet. Und mit den vielfältig besetzten Rundfunkräten haben wir ein gutes Kontrollorgan dafür geschaffen.
Ohne solide Finanzierung ist kein qualitativ hochwertiges Programm möglich. Und genau damit der Rundfunk unabhängig bleiben kann, muss er beitragsfinanziert sein. Wir wissen, wohin es führt, wenn es nur noch eine staatlich verordnete und propagierte Meinung gibt – zum berüchtigten „Volksempfänger“ nämlich - und da möchte ich in diesem Land nie wieder hin, meine Damen und Herren!
Vielen Dank!